Wochenlang gab es Gerüchte über Verstimmungen zwischen dem Vorstandschef des Stahlkonzerns Thyssenkrupp und dem Aufsichtsrat. Jetzt wird Miguel López eine Vertragsverlängerung erhalten. Von Arbeitnehmerseite gibt es Kritik an seinem Kurs.
Der Vertrag von Thyssenkrupp-Chef Miguel López soll vorzeitig verlängert werden. Das erfuhr WELT AM SONNTAG aus Unternehmenskreisen. Dem Vernehmen nach steht die Verlängerung des CEO-Mandats bei der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung am 20. Juni auf der Tagesordnung und soll dann formell vollzogen werden. Eigentlich war die Personalie erst für das nächste reguläre Treffen des Kontrollgremiums Mitte September vorgesehen.
López ist seit Juni 2023 im Amt. Der in Deutschland geborene Spanier hatte damals Martina Merz abgelöst, die erste Frau an der Spitze von Thyssenkrupp. Aktuell läuft sein Vertrag noch bis Ende Mai 2026. Mit nun knapp weniger als einem Jahr Vorlauf ist die vorzeitige Verlängerung gemäß dem Corporate Governance Kodex möglich. Aktuell macht der frühere Siemens-Manager Tempo beim Umbau von Thyssenkrupp und stößt dabei immer wieder auf Widerstand der Arbeitnehmerseite mit dem Konzernbetriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall. Fehlende Einigkeit über Strategie und Führungsstil, heißt es dazu in Konzernkreisen.
Dass López die eingeleitete Restrukturierung weiter fortführen will, hat er stets betont. Die zehn Arbeitgebervertreter im Aufsichtsrat stehen dabei hinter dem 60-Jährigen. Ob er auch die Stimmen der zehn Arbeitnehmervertreter bekommt, gilt indes als unwahrscheinlich. Entscheidend ist daher das Votum des Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Russwurm, der für den Fall eines Patts über ein gesetzlich festgeschriebenes Doppelstimmrecht verfügt. Und das hat der frühere Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in den vergangenen Monaten auch schon zweimal genutzt.
Zweites großes Thema und eigentlicher Grund für die außerordentliche Aufsichtsratssitzung in der kommenden Woche ist die Ausgliederung der Werften-Sparte Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Das Gremium soll seine Zustimmung für einen Börsengang des Geschäftsbereichs mit Standorten in Kiel, Wismar und Brasilien geben. Erfolgen soll dieser Schritt noch im laufenden Jahr. Nötig ist dafür nach der Zustimmung des Aufsichtsrates noch eine außerordentliche Hauptversammlung. Dem Vernehmen nach wird sie im Spätsommer stattfinden, die Rede ist von August.
Beim Börsengang von TKMS will Thyssenkrupp eine Mehrheit von 51 Prozent der Aktien behalten. Den Rest sollen die derzeitigen Thyssenkrupp-Aktionäre im Zuge der Abspaltung bekommen, hieß es kürzlich bei einem Firmenevent in Kiel. Danach werden die Anteile an der Frankfurter Börse zum Handel zugelassen.
Jan Dams ist Chefreporter der WELT AM SONNTAG.
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie Mittelstandsunternehmen.