Kommt es bei einem Neubauprojekt zu erheblichen Verzögerungen, geraten schnell beide Vertragsparteien unter Druck: Erwerber, die auf eine rechtzeitige Bezugsfertigkeit angewiesen sind – etwa, weil sie die Immobilie vermieten oder selbst beziehen möchten –, und Bauträger, denen bei nicht eingehaltenen Fristen Schadensersatz- und Vertragsstrafenforderungen drohen.
Mit Beschluss vom 19. März 2025 (VII ZR 231/23) hat sich der Bundesgerichtshof erneut damit auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen Erwerber bei Bauverzögerung Mietausfall als Schaden geltend machen können – und welche Anforderungen dabei an die Darlegung des Schadens gestellt werden.
Für Erwerber: Was tun bei verspäteter Bezugsfertigkeit?
Kommt es zu einer Verzögerung bei der vertraglich zugesagten Bezugsfertigkeit (§ 650k Abs. 3 BGB), können Erwerber Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen verlangen (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 252 BGB), wenn die Wohnung ursprünglich zur Vermietung vorgesehen war. Nach § 252 S. 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könnte. Voraussetzung ist, dass die Wohnung bei rechtzeitiger Übergabe mit Wahrscheinlichkeit vermietet worden wäre.
Wie weist man den entgangenen Gewinn nach?
Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss vom 19. März 2025 klar, dass an die Darlegung von Mietausfallschäden keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Zur Darlegung eines Schadens infolge der verspäteten Bezugsfertigkeit genügt:
- das Vorlegen einer konkreten Übersicht der jeweils in Aussicht genommenen Vermietungen,
- das Vorlegen einer konkreten Übersicht der jeweils tatsächlich geschlossenen Mietverträge,
- eine nachvollziehbare Aufstellung der jeweils entgangenen Miete.
Tipps für Erwerber
- Dokumentieren Sie Ihre Vermietungsabsicht frühzeitig (z. B. in E-Mails, Finanzierungsunterlagen, Exposés).
- Sichern Sie Informationen über Vergleichsmieten.
- Bewahren Sie etwaige Kontakte zu Mietinteressenten auf.
- Beachten Sie: Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann Ihnen auch dann zustehen, wenn die Wohnung zur Selbstnutzung vorgesehen war.
Für Bauträger: Welche rechtlichen Risiken bestehen?
Ist im Kaufvertrag ein konkreter Fertigstellungstermin vereinbart und wird dieser nicht eingehalten, kann der Erwerber neben der Vertragserfüllung auch Schadensersatz verlangen – insbesondere für Mietausfall oder Nutzungsausfall.
Tipps für Bauträger:
- Prüfen Sie Ihre vertraglichen Zusagen zu Fertigstellungsfristen und Übergabeterminen.
- Kommunizieren Sie frühzeitig bei absehbaren Verzögerungen.
- Dokumentieren Sie die Ursachen für Bauverzögerungen und deren Dauer (z. B. höhere Gewalt, Lieferengpässe, Witterung).
- Achten Sie auf klare und realistische Vertragsklauseln, insbesondere zur Bezugsfertigkeit und zum vollständigen Abschluss des Bauvorhabens.
- Rechtlich bedeutsam: Der Erwerber darf durch die verspätete Bezugsfertigkeit nicht bessergestellt werden als ohne Bauverzögerung. Schadensersatzansprüche müssen lediglich den tatsächlichen Nachteil ausgleichen – nicht mehr. Eine doppelte Geltendmachung (z.B. Mietausfall und Nutzungsausfall für denselben Zeitraum) ist unzulässig.
Fazit:
Egal ob auf Erwerber- oder Bauträgerseite: Verzögerungen bei der Herstellung der Bezugsfertigkeit führen regelmäßig zu wirtschaftlichen und rechtlichen Spannungen. Die aktuelle BGH-Rechtsprechung schafft hierbei mehr Klarheit, welche Anforderungen an die Darlegung von Mietausfallschäden bestehen.
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