Der Autobauer Mercedes-Benz verabschiedet sich wohl von der reinen Luxusstrategie und setzt künftig wieder auf alle Preisklassen – inklusive A-Klasse-Nachfolger.
Grund für den Kurswechsel seien rückläufige Verkaufszahlen, vor allem im Luxussegment und in Märkten wie China, schreibt das „Handelsblatt“.
Mit einer breit angelegten Neuwagenoffensive und mehr Vertrieb über Autovermieter wie Sixt will der Konzern bis 2027 mindestens 2,2 Millionen Pkw verkaufen.
Beim Stuttgarter Autoriesen Mercedes-Benz vollzieht sich wohl still und leise ein Strategiewechsel: Der 2022 eingeschlagene Weg hin zur reinen Luxusmarke sei aufgegeben worden, schreibt das „Handelsblatt“.
Konzernchef Ola Källenius hatte damals unter dem Motto „Marge vor Menge“ auf hochpreisige Modelle wie die S-Klasse, Maybach oder den G-Klasse-SUV gesetzt, um Mercedes als Luxusanbieter zu positionieren. Doch diese Ausrichtung habe sich angesichts der aktuellen Marktrealitäten nicht bewährt – nun folge die Kehrtwende.
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„Mercedes hat die Potenziale im Luxussegment damals falsch eingeschätzt“
Statt einer exklusiven Luxusmarke wolle Mercedes künftig wieder Premiumfahrzeuge in allen Preisklassen anbiete, heißt es im „Handelsblatt“ mit Verweis auf Konzernkreise. Auf der Website findet sich das Wort „Luxus“ nicht mehr – ersetzt wurde es durch das neue Markenversprechen „Welcome Home“. Der Konzern wolle künftig überall dort Begehrlichkeiten wecken, wo die Marke in Erscheinung trete, so Källenius – unabhängig von Preisschild oder Ausstattung.
Diese Neuausrichtung sei eine Reaktion auf rückläufige Verkaufszahlen, insbesondere im Luxussegment und in wichtigen Märkten wie China. „Mercedes hat die Potenziale im Luxussegment damals falsch eingeschätzt“, so Autoanalyst Horst Schneider von der Bank of America.
Der Anteil der Topmodelle am Absatz liege nur etwa halb so hoch wie erwartet, auch die Elektromobilitätsstrategie („Electric only“) von 2021 habe revidiert werden müssen. Statt der ursprünglich geplanten 50 Prozent für das laufende Jahr beträgt der Anteil von Elektroautos und Plug-in-Hybriden aktuell nur rund 21 Prozent. Das neue Ziel: 30 Prozent bis 2027.
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Besonders deutlich zeigt sich die Wende an der Entscheidung, die A-Klasse nicht wie geplant auslaufen zu lassen, sondern bis Ende 2027 weiterzuproduzieren – künftig solle dies sogar mit einem Nachfolgemodell auf neuer Plattform (MMA) geschehen. „Mercedes hat die Schraube zu sehr in Richtung Luxus gedreht und will mit der angepassten Strategie eine neue Balance finden, damit die Verkaufszahlen nicht zu stark sinken“, wird Autoexperte Patrick Hummel dazu im „Handelsblatt“ zitiert.
Mit dem Verbleib der A-Klasse wolle Källenius gezielt jüngere Kundengruppen ansprechen und den Einstieg in die Marke wieder erschwinglicher gestalten. Parallel dazu werde der Vertrieb an Autovermieter wie Sixt wieder ausgebaut, ein typischer Kniff, um die Stückzahlen zu stabilisieren – und ein Schritt, den der Konzern in der Hochpreisphase eigentlich vermeiden wollte.
Die aktuelle Flaute wolle der Autoproduzent mit einer beispiellosen Neuwagenoffensive bis 2027 überwinden. Ziel sei es, mit einer breiteren Produktpalette Marktanteile zurückzugewinnen und wieder mindestens zwei bis 2,2 Millionen Fahrzeuge jährlich zu verkaufen – bei einer angestrebten Marge von mindestens zehn Prozent im Pkw-Geschäft.
fp
