Eine Mehrheit der EU-Länder hat sich für ein Ende russischer Gaslieferungen bis Ende 2027 ausgesprochen. Das soll schrittweise geschehen. Die Slowakei und Ungarn, die noch viel Gas aus Russland beziehen, wurden überstimmt.
Die meisten EU-Staaten wollen den Import von russischem Gas schrittweise bis Ende 2027 vollständig verbieten. Spätestens dann sollen auch Langzeitlieferverträge beendet werden. Darauf haben sich sich die Energieminister in Luxemburg geeinigt. Die EU-Staaten müssen nun mit dem Europaparlament über den Gesetzentwurf beraten.
Das Verbot soll sowohl für Pipeline-Gas als auch für Flüssigerdgas (LNG) gelten und ist ein zentraler Bestandteil des sogenannte REPowerEU-Plans, mit dem die EU ihre Abhängigkeit von russischer Energie beenden will.
Hintergrund ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Versuch Moskaus, Gaslieferungen als Druckmittel einzusetzen.
Russisches Gas: 19 Prozent der EU-Importe
Russisches Pipeline-Gas und Flüssiggas (LNG) machten im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Gasimporte der 27 EU-Staaten aus. Rund ein Drittel davon bezogen europäische Abnehmer demnach aus kurzfristigen Verträgen, die einfacher kündbar sind. Diese Lieferungen sollen dem Gesetzentwurf zufolge spätestens zum 17. Juni 2026 enden. Für bestehende langfristige Verträge gilt eine längere Übergangsfrist bis Ende 2027.
Das gleiche gilt für kurzfristige Lieferungen über Pipelines, die ihrerseits an langfristige Verträge geknüpft sind und an Länder gehen, die keinen Zugang zu Wasser und Häfen haben. Für diese Staaten ist es schwieriger, russisches Pipeline-Gas durch per Schiff geliefertes LNG zu ersetzen.
Insbesondere Ungarn und die Slowakei könnten damit in den kommenden zwei Jahren weiter große Mengen Gas aus Russland importieren. Das Gesetz sieht eine Notfallklausel vor. Sollte „plötzlich“ die „Energieversorgung eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet“ sein, kann die EU-Kommission das Importverbot kurzfristig aussetzen.
Neben dem Gas-Stopp sollen Mitgliedstaaten, die noch russisches Öl importieren, Pläne vorlegen, wie sie diese Einfuhren ebenfalls bis 2028 einstellen wollen. Um den Importstopp zu überwachen, soll ein Genehmigungsverfahren eingeführt werden.
Ungarn und Slowakei in einem Dilemma
Ungarn und der Slowakei geht diese Klausel aber nicht weit genug. Die Entscheidung sei für die Slowakei „wirtschaftlich hochsensibel“, sagte die slowakische Wirtschaftsministerin Denisa Sakova. „Wir werden zu den am stärksten negativ betroffenen Mitgliedstaaten gehören.“ Sie forderte „finanzielle Unterstützung durch EU-Instrumente“.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto erklärte, die Energieversorgung habe „nichts mit Politik zu tun“. Er warf Kroatien erneut vor, für Gaslieferungen über die sogenannte Adria-Pipeline – Ungarns größte Alternative zur Pipeline aus Russland – zu hohe Preise zu verlangen. Sein kroatischer Amtskollege wies die Anschuldigungen umgehend zurück.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Amtskollegen aus weiteren Staaten räumten ein, dass der Ausstieg für Länder ohne direkten Zugang zu LNG-Terminals am Wasser schwieriger sei.
„Krieg nicht weiter aus Energielieferungen finanzieren“
Reiche hatte vor den Beratungen in Luxemburg unterstrichen, dass Deutschland bereits kein russisches Öl oder Gas mehr beziehe. Allerdings sieht sich der verstaatlichte Energiekonzern Sefe durch Langzeitverträge gebunden, russisches Flüssigerdgas abzunehmen. Dies wird nach Angaben des Wirtschaftsministeriums aber weder in Deutschland angelandet noch verwendet.
„Wir wollen einen wichtigen Schnitt machen, damit Putin seinen Krieg nicht weiter aus Energielieferungen, Rohstofflieferungen finanzieren kann“, betonte Reiche.
„Energie als Waffe gegen uns“
„Wir stehen einem Land gegenüber, das Energie gegen uns als Waffe eingesetzt hat“, betonte EU-Energiekommissar Dan Jörgensen. In dieser Position solle sich die EU „nie wieder“ befinden müssen. „Ich hoffe, dass wir dieses Paket bis Neujahr beschließen können“, sagte der dänische Energieminister Lars Aagaard. Anders als die Sanktionen gegen Russland wäre der diskutierte Ausstieg juristisch ein EU-Gesetz und damit bis auf eine vorgesehene regelmäßige Überprüfung dauerhaft.
Zeitgleich beraten die 27 Länder über ein 19. Sanktionspaket, mit dem die EU-Kommission die Einfuhr von russischem Flüssiggas bereits ab Anfang 2027 blockieren will. In diesem Verfahren ist allerdings Einstimmigkeit unter den 27 EU-Staaten nötig, außerdem müssen Sanktionen regelmäßig erneuert werden.
