Der US-amerikanische VC Accel hat gemeinsam mit Dealroom eine Studie erstellt: Aus welchen europäischen Unicorns gingen die meisten Startup-Gründer hervor?

Im Startup-Sprech heißt es immer „das Flywheel“. Ein Schwungrad, das sich, einmal angestoßen, immer schneller und schneller dreht: So entwickelt sich, idealerweise, ein Startup-Ökosystem. Ein paar wenige Mutige haben das Rad angestoßen, beschwerlich ihre Firmen gegründet und groß gemacht. Und jetzt, da das alles mal ins Laufen gekommen ist, entstehen mehr und mehr solche Firmen, weil Investoren Geld zurückbekommen und neu investieren, und auch, weil Menschen aus der Erfahrung als Startupmitarbeiter das Rüstzeug haben, es selbst zu wagen. Und so entstehen neue Firmen, die dem Rad wiederum mehr Schwung geben, das sich dann dreht und dabei mehr Firmen entstehen lässt, die Schwung geben und so weiter und so fort.
Diese bunte Theorie lässt sich in grauen Zahlen nachmessen und beweisen. Der US-amerikanische Investor Accel hat in Zusammenarbeit mit der Datenbank Dealroom eine Studie erstellt, wie viele solche Startup-Schmieden, also erfolgreiche Firmen, deren Ex-Mitarbeitende beschlossen haben, selbst zu gründen, es in Europa und Israel gibt. Dabei schaut der VC auf ein Vierteljahrhundert Startup-Szene in Europa zurück, auch weil Accel selbst im Jahr 2000 sein erstes Office in Europa eröffnet hat. Eine Zeit, der der es in diesen Breiten noch kaum nennenswerte „Startups“ und auf weiter Flur noch kein europäisches Unicorn gab.
Startup-Schmieden mit mehr als 2.000 Abkömmlingen
Seitdem sind nun laut der Dealroom-Daten über 2.027 Startups in Europa und Israel entstanden, die von Menschen gegründet wurden, die zuvor bei Unicorns gearbeitet haben. Als bekämen diese Ex-Unicorn-Employees in gewisser Weise Vorschusslorbeeren, sind ihre Firmen beim Fundraising oft auch sehr erfolgreich: Rund zwei Drittel dieser Startups haben schnell Millionenfinanzierungen bekommen.
Deutschland auf Platz 3
Deutschland spielt dabei eine herausragende Rolle. Dealroom zählt – das könnte man durchaus kritisch hinterfragen – derzeit 42 deutsche Unicorns (ohne genau aufzulisten, welche Firmen das sind). Diese 42 Unicorns haben, so das Ergebnis der Studie, insgesamt 366 neue deutsche Startups in die Welt gesetzt.
Berlin ist dabei, wenig überraschend, der absolute Hotspot: Aus 27 Berliner Unicorn-Gründerfabriken sind 283 Tech-Startups hervorgegangen. Aber auch andere Städte wie München (65 von Ex-Startup-Mitarbeitern gegründete Startups), Düsseldorf und Hamburg zeigen, dass Gründergeist nicht auf eine Stadt beschränkt ist. Die Studie zeigt einen interessanten Trend: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der neuen Startups werden in derselben Stadt gegründet, in der das Mutterunternehmen sitzt.
Die Nordics und Israel als Vorreiter
Die ultimativ produktivsten Gründerschmieden stammen übrigens aus Schweden. Klarna und Spotify haben herausragend viele Startups inspiriert – mit 66 beziehungsweise 61 Firmen, die von Ex-Klarna beziehungsweise Ex-Spotify-Mitarbeitern gegründet wurden. In Deutschland sind es vor allem drei Firmen, die als die führenden Startup-Schmieden gelten und die eine neue Generation von Unternehmern geprägt haben.:
- Zalando: Aus dem Samwer-Kosmos etwa gehen Firmen wie Choco, Outfittery, Gropyus, Holidu oder Project Eaden hervor
- Delivery Hero: Die Gründer von Flink, Gorillas, Nelly, Koks, Payrails, Ranch und andere Firmen haben hier angefangen zu arbeiten und zu lernen
- N26: Ehemalige N26-Mitarbeiter gründeten unter anderem Startups wie Amie, Vivy, Beams, Gloving
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Das „Flywheel“ ist auch ein Talent-Kreislauf
Nun kann man aus diesen Zahlen unterschiedliche Rückschlüsse ziehen. Offensichtlich gibt es im Startup-Ökosystem so etwas wie einen „Talent-Kreislauf“. Mitarbeiter, die bei erfolgreichen Unternehmen Erfahrungen sammeln, gründen später selbst. Offenbar kann man als Startup-Mitarbeiter viel allein durch mitmachen und beobachten viel lernen, wie man Firmen aufbaut und skaliert, Produkte entwickelt und unternehmerische Herausforderungen meistert. So viel, dass man den Mut fasst, es selbst zu wagen. Hat bei den eigenen Bossen ja auch geklappt, warum sollte man selbst das also nicht können?
Dazu haben Ex-Unicorn-Mitarbeiter, so sie denn eine gute Beziehung zu der Gründer- und Führungsriege haben, ein wertvolles Netzwerk und damit Zugang zu Kapital. Nicht selten investieren Gründer in die nächste Generation von Gründern, besonders gern, wenn sie die Personen über Jahre als eigene Mitarbeiter kennen- und schätzen gelernt haben. Und vielleicht machen Gründer auch Intros zu den eigenen Investoren, um der nächsten Generation beim Wachsen zu helfen.
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