Das Gründerteam von Max Fitness beeindruckte am Montag in “Die Höhle der Löwen” mit Markenbotschafter Sven Hannawald, einem tollen Produkt und guten ersten Zahlen. Fast wäre es zu einem Löwen-Battle gekommen, aber dann erwähnten sie ein großes Darlehen, und mindestens ein Löwen sprang wieder ab. Doch warum genau scheint so etwas für Investoren ein Deal-Breaker zu sein?
Manchmal sind Investorenverhandlungen wie Krimis: es kann lange gut aussehen, doch kurz vor dem besiegelnden Handschlag kommt dann plötzlich ein Thema auf, das alles verändert. Im Falle des Startups “Max Fitness” war es ein Darlehen, das den Löwen so gar nicht zu schmecken schien.
Doch warum ist das so, schließlich müssen sich Startups doch nun mal irgendwie finanzieren? Und warum kann es so ein Deal-Breaker sein, wenn doch alles andere überzeugt?
Denn das Gründerteam von Max Fitness hatte eigentlich einen sehr guten Start erwischt: Skisprung-Legende Sven Hannawald eröffnete den Pitch, die Produkte zur einfacheren Handhabung der viel beschworenen Faszienrollen überzeugten ausnahmslos und auch der Deal von 240.000 € für 20% wurde recht schnell als wenig anstößig bewertet.
Denn auch, wenn die Verkaufszahlen nicht vom Start in 2022 weg beeindrucken können, im letzten Jahr erreichte das Startup einen Jahresumsatz von rund 260.000 €, wofür die vorgeschlagene Bewertung von 1,2 Millionen Euro als nicht exorbitant angesehen wurde.
Zwar erfahren die Zuschauer:innen nicht, woran genau die Löwen dies festmachen, aber man könnte hier z.B. annehmen, dass sie wie so oft einen Multiple auf den Umsatz ausrechnen, und er beträgt hier rund 4,6, was in diesem Bereich in einem normalen Rahmen liegt.
Doch der Multiple ist längst nicht die einzige Größe, die Einfluss auf die Bewertung hat, hier spielen sehr viele Faktoren mit rein, wenn auch je nach Branche und Phase des Startups mit sehr unterschiedlicher Gewichtung.
Bei den meisten kann das Gründerteam durchaus punkten: die Marge erscheint bei 25% Produktionskosten gut, und auch die Antworten im Bereich Umsatzplanung oder Vertriebsstrategie scheinen die Löwen zufrieden zu stellen.
Doch dann – so scheint es zumindest im fertigen Schnitt – spricht der Gründer etwas an, was bei den Löwen ganz andere Reaktionen hervorruft als gedacht: nämlich dass bisher rund 800.000 € Darlehen in das Unternehmen geflossen sind, zum Beispiel in Werkzeugkosten (gemeint sind hier meist die teuren Spritzgussformen, die man braucht, um die Produktion überhaupt erst starten zu können), aber auch in Vorbestellungen von Verpackung, die nun auf Lager liegt.
Wahrscheinlich wollte der Gründer damit vor allem ausdrücken, dass man schon Einiges an Grundstein gelegt hat und nun bereit für eine großangelegte Vermarktung ist.
Doch dieser Plan scheint überhaupt nicht aufzugehen: Löwe Nils Glagau steigt aus, obwohl er zugibt, eigentlich ein Dealangebot hatte machen zu wollen.
Doch nun ist ihm das Risiko als Investor zu hoch und er betont, dass dieses bestehende Darlehen den ganzen Deal verändert.
Ralf Dümmel wirft daraufhin ein, dass damit dann doch die Bewertung zu hoch ist, ist aber immer noch vom Produkt überzeugt, tut sich aber mit dem Darlehen sowie dem hohen Preis sichtlich schwer.
Doch warum ist ein solches Darlehen ein Totschlag-Argument? Warum verändert es den ganzen Deal, und hätte der Gründer es daher besser verschweigen sollen? Die Antwort auf die ersten Fragen ist relativ einfach: Weil dadurch Geld in nicht unerheblichem Maße wieder abfließt.
Denn ein Darlehen in einer solchen Höhe bedeutet – selbst bei Förderdarlehen, die Startups hier zu Beginn eine oft großzügige Ratenpause einräumen – oft Monatsraten in 4-stelliger Höhe. Das heißt, das Geld des Investors wird vermutlich auch dafür genutzt werden müssen.
Ein Investor möchte sein Geld aber viel lieber für reines Wachstum verwendet wissen oder für den Aufbau der nötigen Unternehmensinfrastruktur.
Ein einfaches Beispiel: Statt einer solchen Ratenzahlung könnte man, gäbe es das Darlehen nicht, zum Beispiel eine Stelle im Social Media Bereich schaffen, die für Reichweite und Online-Verkäufe sorgt. So wächst ein solches Startup natürlich wesentlich schneller als eines, das das Geld für Raten an eine Bank ausgeben muss.
Entsprechend muss ein Investor damit rechnen, dass das Wachstum langsamer von statten geht und daher die größeren Umsätze länger auf sich warten lassen, damit steht weniger Geld für Wachstum zur Verfügung usw.
Wären die 800.000 € also von einem früheren Investor gekommen, hätte das Gründerteam zwar hierfür Anteile abgeben müssen, die – wären es nicht zu viele gewesen – das Wachstum des Startups und damit mögliche Folgeinvestoren wie die Löwen wahrscheinlich weniger gestört hätten.
Doch wer jetzt denkt: “Hätten sie es bloß nicht gesagt!”, denkt vollkommen falsch. Denn dann wäre der Deal wohl spätestens während der Due Diligence-Phase gescheitert, denn hier kommen solche Dinge garantiert heraus. Und mit so einer Taktik gerät man dann schnell in Verdacht, nicht wirklich transparent zu sein, was meistens gleichbedeutend mit dem Tod jeder Investorenverhandlung ist.
Also machte Max Fitness mit dieser Enthüllung dann doch alles richtig, denn so konnten diejenigen aussteigen, für die ein Darlehen wirklich einen Deal-Breaker darstellt, und Ralf Dümmel hatte in einem kleinen Verhandlungskrimi die Chance, die Bewertung entsprechend zu korrigieren: Er bat das Gründerteam, mit den Anteilen an ihre Schmerzgrenze zu gehen und schrieb selbst fairerweise seine Mindest-Prozentzahl auf, zu der er den Deal machen wollte.
Am Ende stimmten die beiden Zahlen tatsächlich genau überein und Gründerteam sowie neuer Investor schlugen bei 240.000 € für 30% ein.
Ehrlichkeit währt am längsten? Bei Investorenverhandlungen gibt es wenig, was man pauschal sagen kann, aber wenn, gehört dies bestimmt dazu.
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