marktbericht
Trotz zu erwartender Belastungen für die Exportwirtschaft nach dem Zollabkommen mit den USA blickten die Anleger heute nach vorne. Der DAX machte Boden gut.
An der Börse stand heute das am Sonntag bekannt gewordene Zollabkommen der EU mit den USA weiter im besonderen Fokus der Anleger. Zwar herrscht bei den Experten weitgehend Einigkeit darüber, dass auf die exportorientierte deutsche Wirtschaft hohe Belastungen zukommen werden, demgegenüber besteht aber nach der langen Hängepartie im Zoll-Poker nunmehr Klarheit.
Mehr Klarheit und damit Planungssicherheit ist etwas, das an der Börse immer gern gesehen wird. Entsprechend holte der DAX seine Verluste vom Vortag zumindest teilweise wieder auf und eroberte die Marke von 24.000 Punkten zurück. Dies, nachdem er gestern bei einem Schlussstand von 23.970 Punkten unter der runden Marke gefallen war.
Der deutsche Leitindex schloss letztlich bei 24.217 Punkten um 1,03 Prozent höher. Der MDAX der mittelgroßen Werte gewannt 0,47 Prozent.
„Der DAX steht jetzt einmal mehr vor der Aufgabe, die 24.000er-Marke zu verteidigen, um die Chance auf die Fortsetzung der Konsolidierung zu bewahren“, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets.
Zwar werde die psychologische Barriere mit jedem erfolgreichen Test zu einer größeren Unterstützung, allerdings steige damit auch die Gefahr eines stärkeren Abrutschens, wenn diese Haltelinie dann doch gebrochen wird.
Unter den besten Werten im DAX gewannen MTU 3,4 Prozent. Basierend auf den neuen mittelfristigen Zielen, die der Triebwerkbauer Mitte Juni bekanntgegeben hatte, erhöhte Analyst David Perry von der US-Bank JPMorgan seine Gewinnprognosen für die Jahre 2025 bis 2030. Kurzfristige Probleme des Unternehmens könnten die Aktien in den kommenden Monaten zwar belasten, langfristige Investoren sollten aber jede Kursschwäche als Kaufgelegenheit nutzen. Gefragt waren im DAX auch wieder Rheinmetall, die mit einem Plus von rund 3,5 Prozent Tagessieger waren.
BASF und die Papiere von Sportwagenbauer Porsche standen wie schon am Vortag unter Druck. Sie gelten als Verlierer des Zollabkommens mit den USA. Am DAX-Ende standen Deutsche Post, nachdem DHL-Konkurrent UPS in New York enttäuschte.
Die US-Börsen setzten im frühen Geschäft zunächst ihre gestrige leichte Aufwärtsbewegung fort, konnten die Gewinne im Gefolge aber nicht halten. Mittlerweile sind alle großen Aktienindizes ins Minus gedreht. S&P 500 und Nasdaq markierten dabei zur Eröffnung den siebten Handelstag in Folge auf Rekordkurs. Der Leitindex Dow Jones, der bisher knapp unter seinem Hoch aus dem Dezember geblieben war, verliert am Mittag Ortszeit rund 0,4 Prozent.
Insgesamt belastet die Street heute eine ganze Reihe schwach aufgenommener Bilanzen. Zudem erhielten Zinshoffnungen nach neuen Daten zum Verbrauchervertrauen einen Dämpfer.
Nun warten die Anleger auf die Quartalszahlen wichtiger US-Technologiekonzerne im weiteren Wochenverlauf. Im Fokus steht auch der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed am Mittwoch. „Sollten Meta, Microsoft, Amazon und Apple mit ihren Zahlen überzeugen und Fed-Chef Powell zumindest mal die Tür für eine Zinssenkung im September offenlassen, dürfte die Rally in New York weitergehen“, prognostizierte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets.
Die Konsumstimmung in den USA hat sich derweil im Juli aufgehellt. Das Barometer für die Verbraucherlaune stieg auf 97,2 Punkte, nach revidiert 95,2 Zählern (ursprünglich: 93,0) im Juni, wie das private Forschungsinstitut Conference Board heute zu seiner Umfrage mitteilte.
Befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 95,0 Zähler gerechnet. „Das Verbrauchervertrauen hat sich seit Mai stabilisiert und erholt sich vom Einbruch im April, bleibt aber unter dem hohen Niveau des Vorjahres“, sagte Ökonomin Stephanie Guichard vom Conference Board.
Bislang rechnen Marktbeobachter fest damit, dass die Federal Reserve (Fed) den Leitzins unverändert im Bereich von 4,25 bis 4,50 Prozent halten wird. Die neuen Daten stützen diese These. Fed-Chef Jerome Powell könnte damit erneut den Zorn des US-Präsidenten auf sich ziehen.
An der Wall Street geht es heute außerdem mit der Bilanzsaison weiter. Im Fokus der Anleger stehen unter anderem die Zahlen des Flugzeugbauers Boeing. Dank mehr ausgelieferter Jets geht es wieder ein gutes Stück aufwärts. Im zweiten Quartal erzielte der Konzern einen Umsatz von knapp 22,8 Milliarden US-Dollar (19,5 Mrd Euro) und damit 35 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie Boeing vor Börsenstart in Arlington mitteilte.
Der Verlust schrumpfte von 1,4 Milliarden auf 612 Millionen Dollar. Anfang 2024 hatte Boeing die Produktion seines meistgefragten Flugzeugtyps 737 Max nach einem Beinahe-Unglück und etlichen Qualitätsmängeln stark drosseln müssen.
Der US-Pharmariese Merck & Co. hat angesichts der anhaltend schwachen Nachfrage nach seinem HPV-Impfstoff Gardasil in China ein milliardenschweres Sparprogramm angekündigt. Das Unternehmen will bis Ende 2027 jährliche Einsparungen von drei Milliarden Dollar erzielen, wie es heute mitteilte.
Im zweiten Quartal sank der Umsatz von Merck & Co auf 15,8 Milliarden Dollar von 16,1 Milliarden vor Jahresfrist und verfehlte damit leicht die Analystenerwartungen. Der Gewinn fiel auf 5,4 Milliarden Dollar oder 2,13 Dollar je Aktie von 5,8 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Damit übertraf der Konzern allerdings die Analystenerwartungen. Grund waren geringere Kosten für Forschung und Entwicklung als erwartet. Für das Gesamtjahr grenzte Merck & Co. seine Umsatzprognose auf eine Spanne von 64,3 bis 65,3 Milliarden Dollar ein. Zuvor hatte der Konzern 64,1 bis 65,6 Milliarden in Aussicht gestellt. Die Aktie gibt deutlich nach.
Deutlich bergab geht es mit der Aktie des DHL-Konkurrenten UPS. Der Konzern gibt weiter keine Prognose für das laufende Jahr ab. Das Unternehmen begründete das heute bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal weiterhin mit anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten. UPS hatte Ende April den Ausblick im Zusammenhang mit der US-Zollpolitik zurückgezogen.
Im zweiten Quartal verzeichnete UPS eine durchwachsene Entwicklung. So sank der Umsatz von 21,8 auf 21,2 Milliarden US-Dollar (rund 18,2 Mrd Euro), wie das Unternehmen mitteilte. Während das Heimatgeschäft leicht sank, konnte UPS international zulegen. Unter dem Strich verdiente UPS mit knapp 1,3 Milliarden Dollar etwas weniger als im Vorjahr, als 1,4 Milliarden zu Buche gestanden hatten.
Der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble erwartet hohe Kosten durch die US-Zollpolitik. So dürften sich die Belastungen im gerade angelaufenen Geschäftsjahr 2025/26 (per Ende Juni) auf etwa 800 Millionen US-Dollar nach Steuern belaufen, teilte das Unternehmen heute bei der Vorlage der Jahreszahlen mit. Gegenwind gebe es zudem durch höhere Rohstoffpreise sowie Zinskosten.
Papiere von Spotify brechen um rund elf Prozent ein. Der Musikstreamer ist zuletzt nicht mehr so stark gewachsen wie noch zum Jahresauftakt. Zudem rutschte der Konzern unter dem Strich in die roten Zahlen.
Im Devisenhandel weitete der Euro seine Verluste am Nachmittag aus. Die europäische Gemeinschaftswährung notierte zuletzt rund 0,4 Prozent schwächer bei 1,1544 Dollar. Der Euro war nach dem Zoll-Deal der EU mit den USA gestern bereits massiv unter Druck geraten und unter die Marken von 1,17 und 1,16 Dollar gerutscht.
Devisenexperten sehen die USA als Gewinner der Einigung. So schreiben etwa die Analysten der DekaBank: „Angesichts der Einseitigkeit des Handelsabkommens zwischen den USA und der EU kann die Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar kaum überraschen.“ Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1533 (Montag: 1,1654) Dollar fest.
Nach einer Analyse des Rückversicherers Munich Re haben Brände, Stürme, Erdbeben und andere Naturkatastrophen im ersten Halbjahr 2025 weltweit immense Schäden in Höhe von 131 Milliarden Dollar angerichtet. Allein die Feuer in Kalifornien richteten im Januar Schäden von rund 53 Milliarden Dollar an und waren damit die teuerste Brandkatastrophe aller Zeiten.
Derweil läuft hierzulande die Berichtssaison mit Unternehmen aus der zweiten Reihe weiter. So blickt der Halbleiterzulieferer Suss pessimistischer auf das laufende Jahr. Die operative Umsatzrendite vor Steuern und Zinsen (Ebit-Marge) werde nur zwischen 13 und 15 Prozent liegen. Bisher hatte Suss hier 15 bis 17 Prozent avisiert. Die Aktie geriet im SDAX deutlich unter Druck.
Der Düngemittel- und Salzhersteller K+S hat im zweiten Quartal einen unerwartet deutlichen Ergebnisrückgang verbucht, hält aber an seiner Prognose für das Gesamtjahr fest. Das operative Ergebnis (Ebitda) sank um gut 14 Prozent auf 110 Millionen Euro, teilte der MDAX-Konzern auf Basis vorläufiger Zahlen mit. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg auf 139 Millionen Euro gerechnet.
Als Grund nannte K+S einen einmaligen Effekt aus der Bewertung bergbaulicher Rückstellungen von zehn Millionen Euro. Trotz des schwächeren Quartals bestätigte K+S seine Jahresziele. Erst Mitte Juli hatte K+S eine Abschreibung in Höhe von rund zwei Milliarden Euro für das erste Halbjahr angekündigt.
Als Gründe dafür nannte das Unternehmen vor allem den schwächeren US-Dollar, aber auch gesunkene langfristige Annahmen für den Kalipreis. Die Wertberichtigung wird das Konzernergebnis in diesem Jahr voraussichtlich tief in die roten Zahlen drücken. Den Halbjahresbericht veröffentlicht K+S am 12. August. Die Daten kamen nicht gut an, die Aktie verlor deutlich über zehn Prozent und zierte das MDAX-Ende.
Der Autokonzern Stellantis geht auch für das zweite Halbjahr von deutlichen Belastungen durch die US-Zollpolitik aus. Nachdem bereits in den ersten sechs Monaten 0,3 Milliarden Euro an Sonderkosten anfielen, dürften es in der zweiten Jahreshälfte noch einmal 1,2 Milliarden Euro sein, teilte der Mutterkonzern von Marken wie Peugeot, Fiat, Chrysler und Opel mit.