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An der Frankfurter Börse droht es, jetzt richtig ungemütlich werden. Der DAX rauscht im frühen Handel unter die Marke von 24.000 Punkten. Die immer wieder befürchtete Trendwende nach unten – sie ist jetzt da.
Macht der August seinem schlechten Ruf an der Börse schon am ersten Tag alle Ehre? Der DAX ist jedenfalls mit deutlichen Kursverlusten in den neuen Monat gestartet, im frühen Handel rauscht das deutsche Börsenbarometer um 1,1 Prozent auf 23.790 Punkte nach unten.
Der DAX durchbricht damit seine zentrale Unterstützungszone – bestehend aus der 50-Tage-Linie (aktuell bei 23.966 Punkten) sowie den jüngsten Verlaufstiefs bei 23.975/23.921 Punkten – nach unten.
Sollte der deutsche Leitindex es nun nicht schaffen, diese Zone per Tages- und damit Wochenschlusskurs zurückzuerobern, droht eine drastische Verschärfung der Abwärtsdynamik am deutschen Aktienmarkt. Die HSBC-Experten beziffern das daraus resultierende Abwärtspotenzial für den DAX auf 600 Punkte.
Sollte das Börsenbarometer die Marke von 23.900 Punkten nachhaltig unterschreiten, steige die Gefahr einer echten Verkaufswelle, warnt auch Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. „Diese könnte dann durch automatische Stop-Loss-Orders verstärkt werden.“
Im Blick der Anleger steht der US-Arbeitsmarktbericht (14.30 Uhr), der stark ausfallen und damit den Zinssenkungserwartungen an die US-Notenbank Fed einen weiteren Dämpfer verpassen könnte.
Dabei dürfte sich die Fed vor allem für die Lohnsteigerungen interessieren, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. „Ein starker Lohnzuwachs ist neben den Zöllen die zweite mögliche Quelle für ein erneutes Aufflammen der Inflation.“ Nur ein schwacher Arbeitsmarktbericht dürfte die Tür für eine Zinssenkung bereits im September öffnen.
Für Verunsicherung unter den Anlegern sorgen auch die neuen US-Zölle. US-Präsident Donald Trump hatte gestern (Ortszeit) nach Ablauf der Frist für Länder ohne Handelsabkommen mit den USA per Dekret neue Strafzölle verhängt – unter anderem gegen Kanada in Höhe von 35 Prozent und die Schweiz in Höhe von 39 Prozent.
Die neuen Zölle treten allerdings nicht heute, sondern erst am 7. August in Kraft. Laut einem US-Regierungsbeamten gilt dies auch für den Zollsatz von 15 Prozent auf Einfuhren aus der EU. Man wolle sich mehr Zeit dafür lassen, die neuen Regeln umzusetzen.
Negative Vorgaben kommen von der Wall Street: Der US-Standardwerteindex Dow Jones verabschiedete sich gestern mit einem Minus von 0,7 Prozent bei 44.130 Punkten aus dem Handel. Der breit gefasste S&P 500 verlor 0,4 Prozent auf 6.339 Zähler, und der technologielastige Nasdaq stagnierte bei 21.122 Stellen.
Gemischte Signale kamen nach US-Börsenschluss von der Berichtssaison: Während Amazon die Märkte mit seinen Quartalszahlen enttäuschte, übertraf Apple die Erwartungen der Analysten.
Auch an den asiatischen Aktienmärkten wollte am Morgen keine Kauflaune aufkommen. In Tokio gab der Nikkei-Index 0,5 Prozent auf 40.846 Punkte nach. Die Aktien des Chip-Anlagenbauers Tokyo Electron brachen nach einer Gewinnwarnung um 18 Prozent ein. Die chinesischen Börsen lagen ebenfalls im Minus. Die Börse in Shanghai verlor 0,4 Prozent, der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen gab 0,6 Prozent nach.
Im frühen Devisenhandel tendiert der Euro bei 1,1431 Dollar leicht aufwärts. Seit dem Fed-Entscheid in der Vorwoche hat die europäische Gemeinschaftswährung über drei Cent eingebüßt.
Der Dollar-Index, der den Kurs des Greenback zu wichtigen Währungen widerspiegelt, steuert derweil auf den größten Wochengewinn seit Ende 2022 zu. Rückenwind für den Dollar kommt von den schwindenden Aussichten auf eine baldige Zinssenkung in den USA.
Im weiteren Handelsverlauf könnten frische Konjunkturdaten die Kurse an den Devisen- wie auch an den Aktienmärkten bewegen. Um 11.00 Uhr stehen die europäischen Verbraucherpreise im Juli auf der Agenda, um 14.30 Uhr dann der monatliche Arbeitsmarktbericht der US-Regierung.
Am Rohstoffmarkt stagniert die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee bei 71,62 Dollar je Barrel (159 Liter). Das US-Öl WTI notiert kaum verändert bei 69,17 Dollar. Am Vortag hatten die Preise noch rund ein Prozent nachgegeben.
Die deutsche Berichtssaison hielt heute überwiegen negative Nachrichten für die Anleger parat. So muss Bayer für die schon milliardenteuren US-Rechtsstreitigkeiten rund um Glyphosat und PCB noch mehr Geld auf die Seite legen. Der DAX-Konzern kündigte zusätzliche Rückstellungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro an – rund 1,2 Milliarden für Glyphosat und 530 Millionen für PCB.
Angesichts der anhaltenden Marktunsicherheit in Nordamerika rechnet Daimler Truck nur noch mit einem bereinigten Betriebsergebnis (Ebit) von zwischen 3,6 und 4,1 Milliarden Euro. Zum Vorjahresergebnis von 4,7 Milliarden Euro wäre das ein Rückgang von bis zu 23 Prozent. In der im Mai gekappten Prognose hatte Daimler Truck noch ein Ebit von fünf Prozent über oder unter dem Vorjahr in Aussicht gestellt.
Der Brennstoffzellen-Hersteller SFC Energy hat seine Anleger mit einer Prognosesenkung vergrault. Die Aktien stürzen im frühen Handel um rund 20 Prozent ab. Im laufenden Jahr soll der Umsatz nun zwischen 146,5 Millionen und 161 Millionen Euro liegen – statt der bislang erwarteten 160,6 Millionen bis 180,9 Millionen Euro. Auch beim bereinigten Ebitda erwartet SFC nun deutlich weniger.
Pharma-Aktien geraten zum Wochenschluss unter Druck, fordert US-Präsident Trump doch von insgesamt 17 Pharmakonzernen umgehend niedrigere Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA. Betroffen sind Boehringer Ingelheim, das zum Darmstädter Konzern Merck gehörende EMD Serono, Novartis, Novo Nordisk, Eli Lilly, Pfizer, Sanofi, den US-Konzern Merck & Co, Johnson & Johnson, AstraZeneca, Regeneron, GSK, Genentech, Amgen, Gilead, Bristol Myers Squibb und Abbvie.
SAP will mit dem Kauf von SmartRecruiters sein Softwareangebot für Personalabteilungen erweitern. Die US-Firma bietet KI-gestützte Programme für die Personalbeschaffung an. „Die richtigen Talente einzustellen ist nicht nur für die Personalabteilung wichtig – es ist eine Top-Priorität für Unternehmen insgesamt“, sagte SAP-Vorstandsmitglied Muhammad Alam.
Der Spezialchemiekonzern Evonik hat im zweiten Quartal den Nachfragerückgang für chemische Produkte zu spüren bekommen. Der Konzern erwartet nun ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) nur am unteren Ende der Prognosespanne von 2,0 bis 2,3 Milliarden Euro. Die Umsatzerwartungen strich Evonik deutlich zusammen.
Bei Apple ist der Gewinn im vergangenen Quartal trotz einer hohen Belastung durch Donald Trumps Zölle deutlich gestiegen. Der iPhone-Konzern verdiente 23,43 Milliarden Dollar und damit rund 8,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Apple hatte für das Vierteljahr Mehrkosten von 900 Millionen Dollar durch die Importzölle des US-Präsidenten in Aussicht gestellt. Das iPhone-Geschäft wuchs um 13 Prozent auf knapp 44,6 Milliarden Dollar und damit deutlich stärker als erwartet.
Der weltgrößte Online-Händler Amazon hat dagegen die Börse mit dem Wachstum seiner Cloud-Sparte AWS und einem verhaltenen Gewinnausblick enttäuscht. Für das vergangene Quartal präsentierte Amazon dagegen Zahlen über den Prognosen der Analysten. Der Gewinn sprang um mehr als ein Drittel auf 18,2 Milliarden Dollar hoch.
Österreichs größte Bank Erste Group hat im zweiten Quartal unterm Strich ihren Gewinn auf 921 Millionen Euro gesteigert von 846 Millionen Euro im Vorjahr. Damit lag das auch in Osteuropa tätige Institut klar über den Erwartungen der Analysten. Diese hatten im Schnitt mit einem Nettogewinn von 815,9 Millionen Euro gerechnet.
Die Software-Firma Figma hat bei ihrem Börsendebüt in New York einen Kurssprung von 250 Prozent hingelegt. Nach einem Ausgabepreis von 33 Dollar beendete das Papier den ersten Handelstag mit einem Kurs von 115,50 Dollar. Figma macht Software für die Gestaltung von Apps und Websites. Dylan Field, der 33-jährige Mitgründer und Chef von Figma, wird mit dem Börsengang zum Multimilliardär.
Der wachsende Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bei Online-Werbung hat Reddit zu einem Umsatzsprung verholfen. Die Erlöse seien im zweiten Quartal um fast 80 Prozent auf 500 Millionen Dollar gestiegen, teilte das Internet-Diskussionsforum mit. Das operative Gewinn habe sich auf 167 Millionen Dollar vervierfacht.
Die Kryptobörse Coinbase hat im zweiten Quartal trotz rückläufiger Handelseinnahmen einen Gewinnsprung verzeichnet. Der Nettogewinn schnellte in den drei Monaten bis Ende Juni auf 1,43 Milliarden Dollar, ein Jahr zuvor hatte ein Überschuss von 36,13 Millionen Dollar in den Büchern gestanden.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.