marktbericht
Nach dem Angriff Israels auf den Iran flüchten die Anleger raus aus riskanten Anlagen wie Aktien – und rein in sichere Häfen wie Gold. Die Furcht vor Angebotsengpässen treibt die Ölpreise nach oben.
Der DAX ist mit deutlichen Kursverlusten in den letzten Handelstag der Woche gestartet. Im frühen Handel rutscht der deutsche Leitindex um 1,5 Prozent auf 23.411 Punkte ab. Damit zollen die Anleger den gestiegenen geopolitischen Risiken Tribut, nachdem in der Nacht die Lage im Nahen Osten eskaliert war.
Börsenexperten sprechen von einer umfassenden „Risk-off-Bewegung“ an den Finanzmärkten: Anleger fliehen raus aus riskanten Anlagen wie Aktien – und rein in sichere Häfen wie Gold, den Schweizer Franken oder den Dollar.
Das israelische Militär hatte in der Nacht einen „Präventivschlag“ gegen Nuklearanlagen und militärische Standorte im Iran ausgeführt. Der israelische Präsident betonte, dass die Angriffe weitergehen, bis „die Gefahr beseitigt ist“. Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei verurteilte die Angriffe und kündigte – wenig überraschend – Vergeltung an.
„Investoren müssen sich mit der Perspektive zweier Kriege und eines parallel dazu tobenden Handelskriegs auseinandersetzen und bewerten die Risiken neu“, kommentiert Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets das Marktgeschehen.
Zwar hatten auch schon an den Tagen zuvor die Kurse an den Aktienmärkten unter den zunehmenden geopolitischen Spannungen gelitten. Die heutige Eskalation der Lage im Nahen Osten hat dann aber doch viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt, wie die heftige Reaktion der Börsen zeigt.
Der DAX steuert nun auf den sechsten Verlusttag in Folge zu. Der Anstieg auf das Rekordhoch bei 24.479 Punkten in der Vorwoche hat sich als Fehlausbruch entpuppt, die Abwärtsspirale im DAX dreht sich immer schneller.
Auch die asiatischen Aktienmärkte gingen am Morgen auf Talfahrt. Der Nikkei-Index in Japan verlor ein Prozent auf 37.803 Zähler. In China notierten der Shanghai-Composite und der Index mit den wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen jeweils 0,7 Prozent schwächer.
Deutlich fällt auch die Reaktion bei den US-Futures aus: Der Future auf den Dow-Jones-Index notiert aktuell 1,4 Prozent im Minus, der Future auf den technologielastigen Nasdaq 100 büßt sogar 1,8 Prozent ein.
Nicht nur an den Aktienmärkten, auch an den Rohstoff- und Devisenmärkten reagieren die Anleger mit massiven Umschichtungen auf die Eskalation der Lage im Nahen Osten. Der Ölpreis steigt in der Spitze um 13 Prozent an, aktuell notiert der Preis für die Nordseesorte Brent bei 74,02 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit 6,7 Prozent höher.
Investoren am Ölmarkt preisen damit Angebotssorgen ein, dürfte nun doch der Ölexport des Iran für eine Weile ausfallen. Im Fokus der Anleger steht zudem die Straße von Hormus, die den Persischen Golf mit dem Arabischen Meer verbindet.
Der Iran hatte in der Vergangenheit mehrfach gedroht, die Straße zu blockieren – etwa als Reaktion auf Sanktionen oder Angriffe. Die Straße von Hormus spielt eine zentrale Rolle für die Ölpreise, denn täglich passieren etwa 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls diese Meerenge.
Unterdessen legen Währungen, die als sicherer Hafen gelten, wie der Schweizer Franken und der japanische Yen am Morgen deutlich zu. Auch der Dollar ist wieder gefragt. Parallel dazu fällt der Euro aktuell um 0,6 Prozent auf 1,1534 Dollar zurück.
Anleger steuern auch den sicheren Hafen Gold an. Der Goldpreis steigt um 0,5 Prozent auf 3.413 Dollar je Feinunze. Das gelbe Edelmetall nähert sich damit wieder seinem Rekordhoch bei 3.500 Dollar an, das es im April angesichts geopolitischer Spannungen, der von US-Präsident Donald Trump entfachten Handelsstreitigkeiten und anhaltenden Konjunktursorgen, markiert hatte.
Diese sicheren Anlagen dürften nun so lange gefragt bleiben, bis die Gefahr einer weiteren Eskalation gebannt ist. „Es lässt sich unmöglich sagen, wie sich die Situation in den kommenden Tagen entwickelt“, betont Michael Pfister, Devisen-Experte der Commerzbank. „Auf jeden Fall ist das eine große Eskalation, die uns deutlich näher an einen ausgewachsenen Krieg im Nahen Osten bringt.“