marktbericht
Nach dem Rekordhoch zur Wochenmitte ist der ganz große Aufwärtselan am deutschen Aktienmarkt dahin. Kurzfristig mehren sich die Risiken, die beim DAX eine Wende nach unten einleiten könnten.
Kaum bewegte US-Börsen und die Stabilisierung bei US-Staatsanleihen sorgen zum Wochenschluss an den internationalen Börsen für etwas Erleichterung. Der DAX startet mit leichten Gewinnen in den letzten Handelstag der Woche. In den ersten Handelsminuten geht es um 0,3 Prozent auf 24.071 Punkte aufwärts.
Beim DAX sei am Vortag die jüngste Gewinnserie gerissen, wobei dies gerade mal der vierte Verlusttag seit Ostern gewesen sei, betonte Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. „Von daher sollte das als gesundes Durchatmen bezeichnet werden.“
Zur Vorsicht mahnt allerdings ein Blick auf den DAX-Chart. Denn das zur Wochenmitte erreichte Allzeithoch bei 24.152 Punkten wird von zwei tiefer liegenden Hochpunkten eingerahmt. Dadurch entstehe ein sogenanntes „swing high“, betonen die HSBC-Experten. „Dieses Phänomen markierte in der Vergangenheit oftmals kurzfristige Marktwendepunkte.“
Tatsächlich käme eine kurzfristige Gegenreaktion auf die jüngste Kursrally, welche den DAX binnen sechs Wochen um rund 30 Prozent in die Höhe katapultiert hatte, kaum überraschend.
Mittel- bis langfristig scheint für den deutschen Leitindex nach oben indes noch einiges möglich. Der Aufwärtstrend ist intakt, zudem gilt ein frisches Allzeithoch als eines der besten Kaufsignale, welche die Technische Analyse zu bieten hat.
Derweil hatten zuletzt die fundamentalen Risikofaktoren für die Börsen wieder zugenommen. So konnte die US-Regierung zwar einen Etappensieg für das umstrittene Steuerpaket erringen – das schürt an den Märkten aber weiter Sorgen wegen der hohen Verschuldung der Vereinigten Staaten.
Die Steuersenkungspläne von US-Präsident Donald Trump hatten gestern im Kongress eine wichtige Hürde genommen: Die Republikaner stimmten mit ihrer knappen Mehrheit im Repräsentantenhaus für das Vorhaben. Der Gesetzentwurf, der nun in den Senat kommt, dürfte die US-Staatsverschuldung in den kommenden zehn Jahren um rund 3,8 Billionen Dollar erhöhen.
Die Renditen von Staatsanleihen, insbesondere mit längeren Laufzeiten, waren im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzentwurfs aufgrund von Sorgen um die US-Finanzen angestiegen.
Verschärft wurde dies durch die Entscheidung der Ratingagentur Moody’s in der vergangenen Woche, die Kreditwürdigkeit der USA unter Hinweis auf die steigende Verschuldung herabzustufen.
Die anfangs richtungslosen US-Börsen konnten sich gestern stabilisieren. Anhaltende Sorgen der Anleger wegen des steigenden Staatsdefizits der Vereinigten Staaten, die zur Wochenmitte einen Kursrutsch ausgelöst hatten, schoben der Kaufbereitschaft allerdings einen Riegel vor.
Der US-Standardwerteindex Dow Jones und der breit gefasste S&P 500 verabschiedeten sich kaum verändert aus dem Handel, der technologielastige Nasdaq zog um 0,3 Prozent an.
Nach den Vortagsverlusten haben sich viele asiatischen Börsen zum Wochenschluss wieder stabilisiert. An den chinesischen Aktienmärkten ging es allerdings überwiegend abwärts. Der chinesische CSI-300-Index bewegte sich zuletzt mit 0,6 Prozent im Minus, der Hongkonger Hang Seng sank um 0,1 Prozent.
Der japanische Leitindex Nikkei 225 schloss dagegen 0,5 Prozent höher bei 37.160 Punkten. Japanische Exportwerte profitierten davon, dass der Yen zum Dollar zuletzt wieder etwas an Wert verlor.
Die Inflation in Japan hat im April deutlich angezogen, der Preis des wichtigen Lebensmittels Reis verdoppelte sich nahezu. Die Kerninflation, die in Japan den Anstieg der Verbraucherpreise im Jahresvergleich ohne frische Lebensmittel angibt, legte auf 3,5 Prozent zu.
Der Euro ist zum Wochenschluss gefragt und zieht um 0,4 Prozent auf 1,1323 Dollar an. Dabei stärken auch positive Nachrichten von der deutschen Konjunktur der europäischen Gemeinschaftswährung den Rücken.
Das Statistische Bundesamt hat seine erste Schätzung für die Wirtschaftsleistung Deutschlands im ersten Quartal nach oben korrigiert: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte um 0,4 Prozent statt der zunächst mitgeteilten 0,2 Prozent zu.
Zum Wochenschluss spricht zudem EZB-Chefvolkswirt Philip Lane auf einer Veranstaltung in Florenz über Inflation und Disinflation im Euroraum. An den Börsen erhoffen sich Anleger von dem Auftritt des obersten EZB-Ökonomen Hinweise darauf, wie es mit der Zinspolitik der Euro-Notenbank weitergeht.
Der Goldpreis steigt um 0,8 Prozent auf 3.327 Dollar je Feinunze. Das Edelmetall kann sich damit weiter über der Marke von 3.300 Dollar je Feinunze etablieren, über die es in den vergangenen Tagen wieder geklettert war. Auftrieb gaben in erster Linie die Sorgen hinsichtlich der US-Haushaltslage.
Die Ölpreise fallen den vierten Tag in Folge. Hintergrund ist die Aussicht auf weitere Produktionssteigerungen der OPEC+-Länder. Am Rohstoffmarkt verbilligt sich die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee am Morgen um 0,8 Prozent auf 63,92 Dollar je Barrel (159 Liter).
Der Bitcoin gibt am Morgen leicht nach auf 111.100 Dollar. Tags zuvor hatte die Kryptowährung erstmals die Marke von 112.000 Dollar erreicht. „Die Aussicht auf eine weitere Lockerung der regulatorischen Daumenschrauben auf US-amerikanischem Grund und Boden hält den Risikoappetit am Leben“, kommentierte Marktanalyst Timo Emden die anhaltende Rekordjagd.
Die Bayer-Aktie ist im frühen DAX-Handel gefragt. Dem Konzern winkt nun auch in der EU eine Zulassung für die langfristige Behandlung mit seinem Augenmedikament Eylea. Gestern gewann das Papier bereits 2,7 Prozent, nachdem der Konzern mitgeteilt hatte, Eylea in der hochdosierten Variante auch in China vermarkten zu dürfen.
Auch die Porsche-SE-Aktie könnte heute einen Blick wert sein. Der VW-Großaktionär hält seine virtuelle Hauptversammlung ab. Von den beiden Hauptbeteiligungen der von den Familien Porsche und Piech kontrollierten Holding – der VW AG und der Porsche AG – fließt derzeit weniger Gewinn in die Kasse des DAX-Konzerns.
Nach einer Kaufempfehlung der Deutschen Bank zeigen sich die Aktien von PVA Tepla am Morgen deutlich erholt. Der Deutsche-Bank-Experte Michael Kuhn hat sein Kursziel massiv angehoben auf 26 Euro. Das wäre das höchste Niveau seit mehr als zwei Jahren.
Die US-Wettbewerbsbehörde FTC hat ihre Klage gegen Microsofts 69 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Activision Blizzard aufgegeben. Sie erklärte gestern, ein weiteres Vorgehen liege nicht im öffentlichen Interesse. Microsoft-Präsident Brad Smith bezeichnete die Entscheidung als „Sieg für Gamer im ganzen Land und für den gesunden Menschenverstand in Washington“.
OpenAI, der Konzern hinter ChatGPT, hat in München sein erstes deutsches Büro eröffnet. Zunächst startet es mit rund einem Dutzend Mitarbeitern; die Zahl soll aber noch steigen, wie das Unternehmen mitteilt. Weltweit ist es der zwölfte Standort. Deutschland sei eines der Top-Fünf-Länder in Sachen Nutzung von ChatGPT, sagte OpenAI-Chefökonom Ronnie Chatterji.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.