Stand: 21. Mai 2025
Kommt es nach einer Lidstraffung zu sichtbaren Asymmetrien, anhaltenden Schmerzen oder Doppelbildern, ist oft ein Aufklärungsfehler oder Behandlungsfehler ursächlich. Wird die Operation ohne schriftliche Risikoaufklärung oder ohne dokumentierte Standardmaßnahmen durchgeführt, bestehen gute Chancen auf eine Schadensersatzzahlung im Rahmen eines Vergleichs.
Warum bei Schönheitsoperationen die Aufklärung besonders genau sein muss
Eine Lidstraffung – medizinisch Blepharoplastik – ist ein operativer Eingriff, bei dem überschüssige Haut, Fett oder Muskelgewebe im Lidbereich entfernt wird. Was nach „kleinem Eingriff“ klingt, kann weitreichende Folgen haben.
Die DGPRÄC-Empfehlung zur Blepharoplastik (Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie) verlangt eine umfassende Aufklärung über Risiken wie Narbenzug, Doppelbilder, unsymmetrische Ergebnisse und mögliche Revisionsoperationen.
Diese Aufklärung muss schriftlich und spätestens 24 Stunden vor dem Eingriff erfolgen – nicht erst im OP-Vorbereitungsraum.
Was einer unserer Mandanten erlebte
Ein 51-jähriger Patient aus München ließ sich in einer Privatklinik die Oberlider straffen. Die Einwilligung zur Operation unterschrieb er am Tag des Eingriffs. Über Risiken wie Muskelfehlfunktion, Narbenzug oder mögliche Nachoperationen wurde er nicht mündlich informiert.
Nach dem Eingriff war das rechte Lid auffällig eingesunken, der Patient litt unter ständiger Trockenheit und Doppelbildern beim Blick nach oben. In der Akte fehlte sowohl eine präoperative Fotodokumentation als auch eine Dokumentation zur vermessenen Hautmenge.
Unsere Kanzlei prüfte Schmerzensgeldansprüche und weitere Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungsfehler und fehlerhafter Durchführung der Operation.
Medizinischer Standard laut DGPRÄC
Die DGPRÄC-Empfehlung schreibt eine vorab dokumentierte Risikoaufklärung, die Vermessung der Lidhaut, eine sterile Fotodokumentation und das präzise Einhalten eines Sicherheitsabstands beim Schneiden vor.
Zudem müssen Risiken wie Trockenheit, asymmetrisches Ergebnis und Notwendigkeit einer Korrekturoperation angesprochen werden.
In diesem Fall fehlten alle genannten Dokumente – die Klinik wich somit erheblich vom Facharztstandard ab.
Grober Behandlungsfehler und unzureichende Aufklärung – die rechtliche Folge
Ein sachverständiger Gutachter bewertete die unvollständige Aufklärung und mangelhafte Operationsdurchführung als groben Behandlungsfehler in Kombination mit einem Aufklärungsfehler. Das führte zu einer Beweislastumkehr (§ 630h BGB).
Die Haftpflichtversicherung der Klinik erkannte die Fehler an. Es kam zu einem Abgeltungsvergleich in Höhe von 48.000 Euro. Dieser Betrag umfasst das Schmerzensgeld sowie die erwartbaren Folgebehandlungen, eine Revisionsoperation und kosmetische Maßnahmen zur Korrektur des Ergebnisses.
Warum vollständige Akteneinsicht entscheidend ist
Im Schönheitsbereich fehlen oft standardisierte Prozesse. Gerade deshalb ist die Beweislast nur dann zu führen, wenn vollständige Dokumente vorliegen: Aufklärungsbögen, präoperative Fotos, Messdaten, OP-Bericht und Nachsorgeprotokolle.
Ein Fachanwalt für Medizinrecht sichert diese Unterlagen frühzeitig und prüft, ob alle medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt wurden. Nur bei belegbarem Versäumnis lässt sich die Klinik zur Zahlung einer Einmalabfindung verpflichten – ob außergerichtlich oder im gerichtlichen Prozess.
So sichern Sie Ihre Ansprüche
Lassen Sie sich die gesamte Patientenakte einschließlich Aufklärungsunterlagen, OP-Protokoll und Fotodokumentation vollständig und schriftlich herausgeben. Fertigen Sie ein Gedächtnisprotokoll an: Wann wurde das Aufklärungsgespräch geführt, was wurde gesagt, wie verlief der Eingriff? Bewahren Sie sämtliche Rechnungen auf – auch für Nachbehandlungen, Medikamente oder kosmetische Beratung.
Ein Fachanwalt für Medizinrecht prüft, ob Ihre Ansprüche begründet sind, lässt bei Bedarf ein Sachverständigengutachten einholen und überwacht die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB.
Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem Sie vom Behandlungsfehler Kenntnis erlangt haben.
Autor: Christoph Theodor Freihöfer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Master of Laws Medizinrecht, Inhaber der Kanzlei Freihöfer – Ihr Patientenanwalt