Ein Vertrag über ein Online-Coaching ist nichtig, weil die Anbieterin nicht über die erforderliche Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) verfügte. Die Klägerin hat daher Anspruch auf die bereits bezahlte Teilnehmergebühr in Höhe von 9.500 Euro. Das hat das Landgericht Tübingen mit Urteil vom 18. März 2025 entschieden (Az. 4 O 242/24).
„Bemerkenswert ist, dass das LG Tübingen deutlich gemacht hat, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auch auf Verträge zwischen Unternehmern anwendbar ist und nicht nur Verbraucher schützt“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Die Klägerin in dem zu Grunde liegenden Fall war bereits mehrfach im Bereich des E-Commerce selbstständig tätig gewesen, ehe sie ein Studium aufnahm. Im Februar 2024 schloss sie mit einer digitalen Unternehmensberatung einen Vertrag über ein Online-Coaching an. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nach eigenen Angaben Vollzeitstudierende. Die Gebühr in Höhe von insgesamt 9.500 Euro hat sie bereits bezahlt.
Das Coaching bot den Zugang zu vorproduzierten Lehrvideos sowie zu einer Messenger- und einer Facebook-Gruppe. Zudem hatten die Teilnehmer die Möglichkeit an regelmäßig stattfindenden Videokonferenzen teilzunehmen oder Calls mit dem Coach zu nutzen.
Da die Anbieterin nicht über die erforderliche Zulassung für Fernlehrgänge nach § 12 FernUSG verfügt habe, sei der geschlossene Vertrag über das Coaching gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig, so die Klägerin. Zudem sei der Vertrag auch gemäß § 138 BGB nichtig, da zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis bestanden habe. Die Klägerin forderte daher die Rückzahlung ihrer Teilnahmegebühr.
Das LG Tübingen folgte der Argumentation. Der Vertag sei gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Die Klägerin habe daher Anspruch auf die Rückzahlung der Gebühr in Höhe von 9.500 Euro.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auf den geschlossenen Coaching-Vertrag anwendbar ist. Die Teilnehmer konnten sich Wissen aus den Videos aneignen und in den Calls Fragen stellen. Damit sei die Voraussetzung, dass es sich bei dem Coaching um die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten gegen ein Entgelt handelt, erfüllt, so das Gericht.
Auch das Kriterium der räumlichen Trennung sei erfüllt, da das Coaching online stattfand, so dass Lehrende und Lernende physisch voneinander getrennt waren. Zudem sei auch die Überwachung des Lernerfolgs durch Feedback in den Calls und Messenger-Gruppen gegeben.
Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des FernUSG seien damit gegeben. Da die Anbieterin nicht über die erforderliche Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 FernUSG verfügte, sei der Vertrag gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig.
Weiter stellte das LG Tübingen fest, dass das FernUSG auch auf Verträge zwischen Unternehmen anwendbar ist. Das Gesetz diene zwar primär dem Verbraucherschutz, es enthalte aber keine ausdrückliche Einschränkung auf Verbraucher. Zudem spreche auch die Intention des Gesetzgebers für die Anwendbarkeit des FernUSG auf Verträge zwischen Unternehmen. Zudem sollten auch Unternehmen vor unseriösen Fernunterrichtsangeboten geschützt werden. Insbesondere müssten auch Lernende, die sich ggf. einen Nebenerwerb aufbauen wollen, geschützt werden wie Verbraucher. Dies gelte unabhängig davon, ob die Teilnehmer wegen der beabsichtigten Aufnahme einer Nebentätigkeit bereits als Unternehmer anzusehen seien oder nicht, machte das Gericht deutlich.
„Der Verstoß gegen das FernUSG reichte aus, damit der Coaching-Vertrag nichtig ist und die Klägerin ihr Geld zurückbekommt. Die Frage, ob der Vertrag auch sittenwidrig ist, musste daher nicht mehr geklärt werden“, so Rechtsanwalt Seifert.
So wie das LG Tübingen haben auch schon mehrere Gerichte entschieden, dass Verträge über ein Online-Coaching nichtig sind, wenn der Anbieter nicht über die erforderliche Zulassung nach dem FernUSG verfügt. „Es bestehen daher gute Aussichten, aus einem Coaching-Vertrag auszusteigen“, so Rechtsanwalt Seifert.
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