Kryptowährungen im Visier der Strafverfolgung
Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Ripple oder Cardano werden zunehmend Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Bei Verdacht auf Geldwäsche oder Drogendelikte werden sie häufig beschlagnahmt – sei es auf Ledger-Sticks, Exchanges oder Wallets.
Ein aktueller Beschluss des Landgerichts Hanau vom 15.04.2025 (Az. 1 Qs 10/25) zeigt, wie schnell es ernst wird: Die Ermittlungsbehörden dürfen Kryptowerte notveräußern, wenn ein drohender Wertverlust besteht – und zwar auch dann, wenn der Eigentümer widerspricht.
Sachverhalt: Beschlagnahme und Streit um Kryptowerte
Ein Mann wurde im November 2024 wegen umfangreichen Handels mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die Strafverfolgungsbehörden hatten bereits zuvor auch seine Mutter (die Beschuldigte im Folgefall) in den Fokus genommen. Sie soll Gelder aus dem Drogenhandel kurzzeitig aufbewahrt und weitergeleitet haben – u. a. auch Kryptowährungen, gespeichert auf drei Ledger-Sticks, die bei einer Durchsuchung sichergestellt wurden.
Die auf den Sticks befindlichen Kryptowerte (Ripple/XRP und Cardano/ADA) wurden durch das Amtsgericht Hanau im Dezember 2024 beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin eine Notveräußerung der Kryptowerte nach § 111p StPO, um drohende Wertverluste zu verhindern. Dagegen legte der Verurteilte Beschwerde ein – mit der Begründung, die Coins seien mit legalen Mitteln erworben worden und im Wert stark gestiegen.
Rechtliche Bewertung: Werterhalt vs. Eigentumsrechte
Das Landgericht Hanau hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Notveräußerung als zulässig bewertet.
Die Kammer stellte fest:
- Eine Notveräußerung gemäß § 111p StPO ist zulässig, wenn ein erheblicher Wertverlust (ab ca. 10 %) droht.
- Kryptowährungen unterliegen extremen Kursschwankungen und sind damit besonders gefährdet.
- Strafverfolgungsbehörden sind nicht verpflichtet, Spekulationen auf etwaige Kurssteigerungen einzugehen oder dauerhaft Marktbewegungen zu überwachen.
- Eine Beteiligung eines Sachverständigen sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da das Gericht selbst ausreichende Kenntnisse über die Volatilität solcher Werte habe.
- Die Maßnahme sei verhältnismäßig – auch unter Berücksichtigung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG.
Besonders bemerkenswert: Das Gericht betonte die organisatorischen Grenzen der Strafverfolgungsbehörden. Diese könnten weder mit vertretbarem Aufwand Märkte für neuartige Anlageformen beobachten noch täglich Verwertungsentscheidungen treffen. Der Entschluss zur Notveräußerung sei daher auch im Sinne effektiver Strafverfolgung und Verwaltungsökonomie gerechtfertigt.
Gerichtlicher Leitsatz
„Im Falle der Beschlagnahme von Kryptowerten beim Beschuldigten ist aufgrund der zu erwartenden Kursschwankungen eine Notveräußerung gem. § 111p StPO zum Zwecke des Werterhaltes zulässig.“
– LG Hanau, Beschluss vom 15.04.2025, Az. 1 Qs 10/25
Einordnung und Bedeutung für Betroffene
Diese Entscheidung bestätigt einen wichtigen Trend: Kryptowährungen werden in strafrechtlichen Ermittlungen zunehmend wie konventionelle Vermögenswerte behandelt – mit allen Konsequenzen, insbesondere hinsichtlich der Einziehung (§ 73 StGB) und der Eilmaßnahmen zur Sicherung des Werterhalts (§§ 111b–111p StPO).
Betroffene, deren Coins beschlagnahmt werden, können sich nicht mehr auf das Argument verlassen, der Wert könne in Zukunft steigen. Die Gerichte erwarten keine „spekulative Zurückhaltung“ der Ermittlungsbehörden. Ein Wertverlust von 10 % genügt – und dieser ist bei digitalen Währungen jederzeit möglich. Wer seine Eigentumsrechte geltend machen will, muss frühzeitig handeln und überzeugend darlegen können, dass es sich um legal erworbene Werte handelt.
Sie sind betroffen, weil Ihre Kryptowährungen beschlagnahmt wurden? Oder es droht eine Einziehung oder Notveräußerung? Dann sollten Sie sich sofort rechtlich beraten lassen.
Ich unterstütze Sie dabei:
-
wenn Ledger-Sticks oder Wallets sichergestellt wurden,
-
wenn die Staatsanwaltschaft eine Notveräußerung beantragt,
-
wenn Sie als Dritter betroffen sind (z. B. Familienangehörige),
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wenn Sie beweisen möchten, dass Ihre Kryptowerte legal erworben wurden.
Als Strafverteidiger mit Schwerpunkt u.a. auf Kryptowährungen und Vermögensabschöpfung kenne ich die Schnittstelle zwischen Strafrecht und digitalen Finanzanlagen genau. Ich vertrete bundesweit Mandanten, deren digitale Assets gefährdet sind.
von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)
Herr Figatowski ist Rechtsanwalt und Partner bei GTK Rechtsanwälte Klein Figatowski Todtenhöfer PartmbB.
Zu den Tätigkeitschwerpunkten gehört neben dem Strafrecht und Steuerstrafrecht auch das Cyberstrafrecht sowie die Unterstützung im Bereich Blockchain Forensik. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Recht der Künstliche Intelligenz.
Unsere Kanzleiwebseite finden Sie unter www.gtkr.de. Sie erreichen Herrn RA Figatowski unter bonn@gtkr.de . Die Texte und Bilder sind mit Hilfe von GPT-o3 und GPT 4.5 erstellt.