Die Gründer Torsten und Thomas Sauer sagten von vornherein, dass sie große Hoffnungen auf den “Wow-Effekt” ihres Produktes setzten, bevor sie vor die Löwen traten.
Und den hatte Ihr Produkt, die Korbsauna auch tatsächlich. Denn aus ihrem Strandkorb lässt sich mit nur wenigen Handgriffen eine echte finnische Sauna machen, in der zwei Personen Platz finden. So wollen sie Strand- und Skigebieten ein Ganzjahresprodukt bieten, denn in den kühleren Monaten haben sich die passionierten Surfer oft eine Sauna am Strand gewünscht, wenn sie frierend aus dem Wasser kamen.
Die Löwen waren begeistert, und ließen sich sehr lange Zeit, um die Erfindung der beiden Brüder ausgiebig auszuprobieren. Sie fragten nach vielen Details zu Betrieb und Funktionsweise, und der berufliche Hintergrund der beiden als Architekt und technischer Gebäudeingenieur ließ die Behauptung, dass potenzielle Nachahmer alleine durch die technische Komplexität eine gewissen Hürde zu überwinden hätten, durchaus sehr glaubhaft erscheinen.
Doch trotzdem gab es am Ende keinen Deal für das Duo, weil die Löwen die vertrieblerische und betriebswirtschaftliche Kompetenz im Team vermissten.
Leider geht es vielen Startup-Teams auch außerhalb von “Die Höhle der Löwen” so: das Produkt ist toll, bekommt viel Lob und vielleicht sogar recht gut Kunden, doch investieren will niemand, da man dem Team einfach nicht zutraut, daraus ein “richtiges” Business zu machen.
Oft bekommen Einzelgründer sogar pauschal geraten, sich noch Co-Gründer zu suchen, um ihre Chancen bei Investoren zu erhöhen. Doch ein fast schon zwanghaft erweitertes Team ist oft instabiler, denn häufig kennt man sich nicht gut genug und Erwartungshaltungen können abweichen. So setzt man seinem Startup einem der höchsten Risiken überhaupt aus: denn wenn das Team auseinander fällt, folgt in der Mehrzahl der Fälle alles andere nur kurze Zeit später.
Im Falle der Korbsauna thematisierte Carsten Maschmeyer jedoch sehr deutlich, dass ein rein von Tüftlern gegründetes Unternehmen für ihn die große Gefahr birgt, eine Liebhaberei zu bleiben und stieg aus, weil ihm die wirtschaftliche Kompetenz im Team fehlte.
Doch was ist falsch an “Liebhaberei”, schließlich sollen Gründer:innen doch für ihr Produkt brennen, oder? Doch für Investoren bedeutet Liebhaberei, dass die oft sehr technisch begabten Erfinder und Entwickler eines Produktes so in ihr Werk verliebt sind, dass sie sich viel zu viel darauf konzentrieren – es zu perfektionieren, neue Features zu entwickeln usw. – als es tatsächlich zu verkaufen.
Doch die Korbsauna war in den vergangenen zwei Jahren bereits rund 80 mal verkauft worden und hatte Einnahmen von einer satten Million Euro generiert. Rein durch die vertrieblerischen Anstrengungen der Gründer hatte sie es schon an viele – auch einige sehr bekannte – deutsche Strände geschafft. Also so schlechte Vertriebler konnten sie eigentlich nicht sein, oder?
Doch als es ein wenig tiefer in die Zahlen ging, war schon bald der erste Löwe ausgestiegen, denn die Gründer mussten zugeben, dass sie trotz dieser beeindruckenden Umsatzzahl insgesamt Verlust gemacht hatten – ungefähr 120-130.000 € hatte das Startup verbrannt, da die Marge gerade am Anfang wohl noch sehr dünn war.
Tatsächlich mutet aber auch dies als Ausstiegsgrund ein wenig seltsam an, denn ist nicht genau dies der Anlass, aus dem die meisten Startups einen Investor brauchen? Denn wenn sie im ersten oder zweiten Jahr schon profitabel wären, würden viele von Ihnen bestimmt auch ohne fremdes Kapital auskommen?
Die Thematik scheint also ein wenig komplexer zu sein, als dass einfach nur Umsatz und Gewinn zu niedrig waren.
Die letzte Absage von Judith Williams gibt dann ein wenig mehr Informationen, denn sie empfiehlt den Gründern, mit z.B. einem Strandkorbhersteller einen Lizenzdeal einzugehen, so dass ihnen Back-Office und Vertrieb praktisch abgenommen werden, sie aber trotzdem noch an dem Verkauf “ihres” Produktes mitverdienen. Gibt ein Investor einen solchen Ratschlag, kann das zwar einerseits heißen, dass er dem Gründerteam den Aufbau eines eigenen Vertriebs nicht so richtig zutraut, andererseits muss es aber nicht zwingend so negativ interpretiert werden. Denn eine solche Empfehlung kann auch ausgesprochen werden, wenn die Strukturen im Markt als eher schwierig eingeschätzt werden, und man glaubt, dass es wesentlich einfacher ist, auf einen Partner mit etablierten Vertriebsstrukturen und Marktwissen zurückzugreifen. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch oft, dass man den Markt nicht als übermäßig groß einschätzt, und ein Lizenzdeal für die GründerInnen zwar eine unkomplizierte Art der Monetarisierung darstellt, für einen Investor aber einfach nicht genug Verdienstpotenzial bietet.
Doch gibt es wirklich nur diese beiden Möglichkeiten für Tüftler – eine Teamergänzung oder eine praktische Auslagerung von Herstellung und Vertrieb?
Nein, denn mit ein wenig Disziplin kann man sich vom Fokus auf die Perfektion des Produktes lösen. Wenn man bereit ist, eine nicht ganz perfekte Version zu verkaufen, dafür aber eben funktionierende Vertriebsprozesse aufzubauen oder effiziente Marketing-Kanäle zu erschließen. Gerade Gründer:innen mit technischem Hintergrund enthüllen sich die betriebswirtschaftlichen Logiken und Mechanismen oft recht schnell, wenn sie sich einmal wirklich darauf einlassen. Viele von ihnen sind über diese Herausforderungen gewachsen und richtig gute Gründer:innen geworden.
Andere haben sich bewusst dazu entschieden, den Fokus auf ihr Produkt zu legen und sind zufrieden, wenn sie ihrer Liebhaberei regelmäßig nachgehen können oder diese sie sogar ernährt. Und auch daran ist schließlich nichts Falsches.
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