Kompetenz oder Kaufzwang? Was der neue Beratungsansatz bei Mediamarkt wirklich bedeutet

Mediamarkt und Saturn weiten nach ersten regionalen Testläufen ihren „Personalized Service“ jetzt bundesweit in alle rund 400 Filialen aus. Damit sorge man, erklärt das Unternehmen, gerade in der Vorweihnachtszeit für ein entspannteres Einkaufserlebnis. Konkret will die Elektronikhandelskette eine individuelle Rundum-Betreuung beim Einkaufen gewährleisten, angefangen beim festen Beratungstermin, der vorab gebucht wird, bis hin zur persönlichen Unterstützung beim Einkauf und auch darüber hinaus, wenn noch Fragen zum Produkt sind.

Dieser Termin lässt sich über die jeweilige lokale Marktseite von Mediamarkt oder Saturn buchen, wobei man schon konkret angeben soll, für welche Produktkategorie man den Beratung wünscht. Im Markt selbst wird man dann direkt am Eingang in Empfang genommen und individuell zum Thema beraten. Ob das „maßgeschneiderte Verkaufsgespräch mit festen Ansprechpartnern“ wirklich eine kompetente, auf die Bedürfnisse zugeschnittene Beratung darstellt, dürfte dabei zum einen vom Einzelfall abhängen – zum anderen stellt sich die Frage, ob Kund:innen das nicht als Verpflichtung ansehen, dann auch etwas zu kaufen, auch wenn es nicht ganz den eigenen Vorstellungen entspricht.

Praktisch ist auf jeden Fall der angebotene Trageservice bei größeren Produkten vom LED-TV bis zum Wäschetrockner. Immerhin: Wenn nach dem Kauf etwas nicht so passt wie gedacht, steht der oder die Berater:in weiter zur Verfügung – auch das war ein Thema, das im Handel immer wieder zu Problemen führt, wenn Verkäufer:innen etwa ein Feature versprochen haben, das sich dann anders herausstellte.

Verbindlichkeit in beide Richtungen

Ein solcher Beratungsservice kann für manche Kund:innen ein Schritt in die richtige Richtung sein und dazu beitragen, dass die (oft kritisierte) Beratung im Einzelhandel vor Ort wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Das erfordert aber auch, dass das Unternehmen „liefert“, also kompetentes Fachpersonal beschäftigt, das auf die Fragen der Kund:innen plausible Antworten liefern kann. Die personalisierte Beratung ist ein Versprechen in beide Richtungen – denn die Kund:innen erhalten so wieder verbindlichere Unterstützung im Präsenzhandel, sie müssen aber auch ihrerseits Termine vorab planen und einhalten. Für den Handel wird zu prüfen sein, wie viele „No-Shows“ in den Tagen vor Weihnachten auftreten.

Allerdings muss all das erst „gelernt“ werden – auch und insbesondere von den Kund:innen, die ohne Termin wie ansonsten gewohnt, ein Beratungsgespräch erwarten, das über „Schauen Sie mal im Regal, wenn’s da nicht ist, haben wir’s nicht“ hinausgeht. Interessant wird auch die Frage sein, wie Kund:innen mehrere Themengebiete abdecken können, die sie bei ihrem Besuch in der Filiale klären wollen.

Immerhin verspricht das Unternehmen, an allen Tagen – einschließlich der vier Adventssamstage – den vollständigen Personalized Service anbieten zu wollen. Ledigilich die kompakten Smart-Stores sind ausgenommen, da sie auf Laufkundschaft ausgerichtet und auf Omnichannel-Services spezialisiert sind.

Betreutes Shoppen: Reicht das Personal aus?

Mediamarkt hat mit dem neuen Konzept seit März in rund 40 Märkten Erfahrungen gesammelt und die Ergebnisse auch mit dem üblichen Net Promoter Score (NPS) ausgewertet – ein Kennwert, der misst, wie wahrscheinlich Kund:innen ein Unternehmen weiterempfehlen würden. Diese liege bei 67 Punkten, was schon überdurchschnittlich positiv ist, aber nicht berauschend. Auf jeden Fall gelingt es Mediamarkt und Saturn damit, sich von den Online-only-Anbietern abzuheben.

Spannend wird auch sein, wie gut es Mediamarkt und Saturn gelingt, das neue Konzept in den unterschiedlichen Filialen auszurollen, da die Personaldecke ja ohnehin nicht üppig sein dürfte und die Nachfrage nach geplanter Beratung gerade dann hoch sein wird, wenn ohnehin viele Kund:innen im Laden sind. Dass, so wie es die Elektronikkette verspricht, „Einkaufen inklusive kompetenter Beratung jetzt planbar und verlässlich“ ist, wollen wir erst einmal glauben. Dass es allerdings „auch in Hoch-Zeiten tiefenentspannt“ vonstattengeht, dürfte dennoch eher unwahrscheinlich sein.

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