Die Steuereinnahmen brechen durch die schlecht laufende Konjunktur deutlich ein. Bis 2029 fehlen Union und SPD 33 Milliarden Euro mehr als bisher angenommen. Länder und Kommunen hinzugerechnet fehlen sogar 81 Milliarden Euro.
Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit 33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als noch vor wenigen Monaten angenommen. Für den gesamten Staat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, sagen die Steuerschätzer nach Angaben des Finanzministeriums im gleichen Zeitraum ein Minus von 81,2 Milliarden Euro voraus.
Für die schwierige Aufstellung der Bundeshaushalte für 2025 und 2026 bringt die Steuerschätzung keine Entlastung. Gegenüber der Herbst-Prognose verbucht der Bund für 2025 ein Minus von 600 Millionen Euro und für 2026 ein Minus von 10,2 Milliarden Euro.
Die Arbeit des neuen Finanzministers Lars Klingbeil dürfte das nicht gerade einfacher machen. „Die Wirtschaft ist weiter in schwierigem Fahrwasser“, sagte der SPD-Politiker. „Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken. Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an.“ Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde.
Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein Wachstum von 1,0 Prozent.
Klingbeil will Haushalt für 2025 Ende Juni vorlegen
Am 25. Juni will Klingbeil einen Haushaltsentwurf für 2025 durchs Kabinett bringen – wegen der Neuwahl deutlich verspätet. Es ist zu erwarten, das vom Entwurf seines Vorvorgängers Christian Lindner (FDP) kaum etwas übrig bleiben wird. Zu viel hat sich politisch seitdem getan, zu viele Weichen hat Schwarz-Rot neu gestellt.
Für 2025 fällt die Steuerschätzung noch vergleichsweise harmlos aus, die Schätzer erwarten nur 0,6 Milliarden weniger Einnahmen als im Herbst. Doch Klingbeil stimmte seine Kabinettskollegen am Mittwoch im Bundestag bereits darauf ein, dass trotz historischer Kreditmöglichkeiten kein unbegrenzter Spielraum herrsche. „Ja, wir werden auch Haushaltskonsolidierung vorantreiben müssen“, sagte der Vizekanzler.
Ob der neue Haushalt tatsächlich wie geplant Anfang September beschlossen werden kann, wird davon abhängen, wie sehr Klingbeils Kollegen dabei mitziehen. Die Opposition jedenfalls macht Druck: Noch länger mit vorläufiger Haushaltsführung, also ohne echten Etat, arbeiten zu müssen, sei schlecht für die Arbeit der Ministerien, schlecht für die Wirtschaft und schlecht für das gesamte Land, kritisierten die Grünen.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen.
dpa/Reuters/ll/sebe