Die Integration von Klima- und Umweltrisiken in die Kreditrisikomodelle von Banken ist ein zentrales Thema im Bankrecht und der Finanzregulierung im Jahr 2025. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und strengerer regulatorischer Vorgaben durch Institutionen wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stehen Banken vor der Herausforderung, ihre Risikomanagementprozesse grundlegend anzupassen. Rechtsanwalt Fabian Fritsch (Hamburg) beleuchtet die rechtlichen und praktischen Implikationen dieser Entwicklung, die auch die Kreditvergabe und vor allem die Kapitalanlageberatung betreffen.
Regulatorischer Druck und gesetzliche Rahmenbedingungen
Die EU hat mit der Taxonomie-Verordnung und der Offenlegungsverordnung (SFDR) klare Vorgaben geschaffen, um Nachhaltigkeitsaspekte in die Finanzmärkte zu integrieren. Banken sind nun verpflichtet, Klima- und Umweltrisiken (sogenannte ESG-Risiken: Environmental, Social, Governance) systematisch in ihre Risikobewertungen einzubeziehen. Die EZB hat in ihren Klimastresstests 2024 gezeigt, dass viele Banken noch erheblichen Nachholbedarf haben, um physische Risiken (z. B. durch Extremwetterereignisse) und Transitionsrisiken (z. B. durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft) angemessen zu berücksichtigen.
Rechtsanwalt Fabian Fritsch: „Die BaFin fordert in ihren aktuellen Leitlinien, dass Banken Klima-Risikofaktoren in ihre Kreditvergabeprozesse integrieren, etwa durch die Anpassung von Bonitätsprüfungen. Dies bedeutet, dass Kreditnehmer in Branchen mit hohem CO₂-Ausstoß, wie der fossilen Energiewirtschaft, strengeren Prüfungen unterliegen könnten. Gleichzeitig müssen Banken ihre Portfolios auf Klimarisiken hin analysieren und Offenlegungspflichten erfüllen, was neue rechtliche Anforderungen an die Dokumentation und Berichterstattung stellt.“ Für Kreditnehmer kann das bedeuten, dass Darlehen aufgrund vorliegender Risiken nicht gewährt werden.
Praktische Herausforderungen für Banken
Die Umsetzung dieser Vorgaben ist komplex. Eine zentrale Herausforderung ist die Quantifizierung von Klimarisiken. Anders als traditionelle Finanzrisiken, die auf historischen Daten basieren, sind Klimarisiken zukunftsorientiert und schwer prognostizierbar. Banken müssen Szenarioanalysen entwickeln, die mögliche Klimaverläufe und deren wirtschaftliche Auswirkungen modellieren. Beispielsweise könnten Immobilienkredite in Küstengebieten durch steigende Meeresspiegel an Wert verlieren, was die Kreditrisiken erhöht.
Ein weiteres Problem ist der Datenmangel. Viele Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, liefern noch keine ausreichenden Daten zu ihren CO₂-Emissionen oder ihrer Anpassung an den Klimawandel. Banken stehen daher vor der Aufgabe, eigene Datenerhebungsprozesse zu etablieren oder auf externe Datenanbieter zurückzugreifen, was wiederum rechtliche Fragen zum Datenschutz und zur Haftung aufwirft.
Chancen und Risiken für den Finanzsektor
Die Integration von Klimarisiken bietet Banken nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen. Institute, die frühzeitig nachhaltige Kreditprodukte entwickeln, etwa „grüne Hypotheken“ oder Finanzierungen für erneuerbare Energien, können sich im Markt positionieren. Gleichzeitig birgt die Nichtbeachtung von Klimarisiken erhebliche Gefahren: Banken, die ihre Portfolios nicht anpassen, könnten mit steigenden Ausfallquoten oder regulatorischen Sanktionen konfrontiert werden. Fritsch: „In diesem Bereich werden Bank-Produkte aufpoppen, die grundsätzlich kritisch geprüft werden sollten, wobei aus meiner Sicht eher die Finanzierung gewerblicher Projekte in den juristischen Fokus gelangen wird.“
Ausblick: Was bedeutet das für Bankrecht und Aufsicht?
Fritsch: „Das Bankrecht steht vor einer Phase der Anpassung. Neue regulatorische Anforderungen werden voraussichtlich die Eigenkapitalanforderungen, z. B. durch die CRR III, und die Risikogewichtung von Krediten beeinflussen. Gleichzeitig wird die Haftungsfrage relevanter: Können Banken für unzureichende Berücksichtigung von Klimarisiken rechtlich belangt werden, etwa durch Investoren oder Kreditnehmer? Erste Gerichtsverfahren in der EU deuten darauf hin, dass diese Frage in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird.“