Künstliche Intelligenz wird unser Arbeitsleben enorm verändern. Wer sich rechtzeitig damit beschäftigt, sich weiterbildet oder gar in dem Bereich studiert, kann seine Chancen verbessern. Ein Überblick darüber, welche Optionen Arbeitnehmer haben.
Sei es beim Googeln oder inzwischen sogar bei WhatsApp: Wer sein Handy intensiv nutzt oder schlicht viel im Internet unterwegs ist, der kommt um künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr herum. Und wenn KI-Lösungen schon im Alltag immer präsenter werden, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die intelligenten Systeme auch die eigene Arbeit umwälzen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) gab 2024 an, dass künstliche Intelligenz weltweit gut 40 Prozent der Arbeitsplätze betreffen werde, einige würden ersetzt, andere ergänzt.
In weiterentwickelten Ländern, wie Deutschland, dürften dem IWF zufolge gar 60 Prozent der Arbeitsplätze betroffen sein. Bis zu welchem Jahr das konkret der Fall sein soll, hat der Fonds aber nicht angegeben.
Das ist vielleicht kein Grund, direkt in Panik zu verfallen, ignorieren sollte man den Trend aber auch nicht. „Wir überschätzen den kurzfristigen KI-Hype, sind dann ernüchtert, wenn sich im eigenen Berufsalltag doch nicht unmittelbar so viel ändert. Zugleich unterschätzen wir komplett die langfristigen Auswirkungen“, mahnt Martin Manhembué, Professor an der privaten Wirtschaftshochschule Digital Business University of Applied Sciences (DBU) in Berlin.
Wer also nicht enden möchte wie die Handweber im 19. Jahrhundert, die vom mechanischen Webstuhl und damit dem Start der Industrialisierung verdrängt wurden, der sollte sich darauf vorbereiten. Und einige Anlaufstellen gibt es zumindest jetzt schon.
Was man zumindest sagen kann, ist, wo KI sehr wahrscheinlich Einzug halten wird – und wo sehr wahrscheinlich nicht: „Für eine künstliche Intelligenz ist besonders der Umgang mit Menschen schwer zu erlernen“, sagt Manhembué. Wer etwa in der Pflege arbeitet, müsse sich weniger Sorgen um KI machen. „Das ist für uns Menschen ein relativ einfach erlernbarer Beruf, man braucht keinen hohen Bildungsgrad und wir als Gesellschaft zahlen auch leider nicht viel dafür“, so Manhembué.
Welche Jobs KI am ehesten beeinflussen wird
Für eine KI oder einen Roboter sei die gleiche Arbeit verhältnismäßig schwerer. „Einen Menschen vorsichtig zu bewegen, ist zum Beispiel unfassbar komplex“, erläutert der Experte. Dass Pflegekräfte ohnehin wenig Geld verdienen, führt zudem dazu, dass sich durch eine KI gar nicht so viele Kosten reduzieren lassen würden, zieht man die Entwicklungskosten des Programms auch noch ab. „Und natürlich kommt auch die Frage hinzu, ob die Gesellschaft Pflegeroboter und Co. überhaupt will“, ergänzt Manhembué.
Die Faustformel, dass eine KI nur die vermeintlich einfachen Jobs wegnehmen wird, stimmt also nicht. „Auch die Gebäudereinigung ist für eine KI hochgradig komplex“, sagt Manhembué. Klar, es gebe bereits Haushaltsroboter wie zum Beispiel Staubsaugroboter. Aber selbst die kämen nicht in alle Ecken, scheiterten an einem Stuhlbein und könnten keine Türen öffnen. Ein Mensch wird so etwas mittelfristig effizienter und besser hinbekommen.
Im Gegenzug gibt es laut Manhembué aber Bereiche, bei denen intelligente Algorithmen bereits enorm leistungsfähig sind. Zum Beispiel innerhalb der Medizin: „Das gilt zum Beispiel für bildgebende Verfahren, wo es etwa darum geht, einen Tumor oder Wasser in der Lunge zu erkennen.“
Wann immer es also um soziale Berufe geht, komplexe Umwelten, in denen direkter Kundenkontakt dazugehört, wird es für eine KI schwer. Listen im Internet, wie stark welches Berufsfeld betroffen sein wird, gibt es einige. Als gefährdete Jobs und Berufsgruppen gelten etwa Buchhalter, Mathematiker, Programmierer, Menschen mit einfachen Büro- und Administrationsaufgaben, Bus- und Bahnfahrer, Paketzusteller und auch die Lebensmittelproduktion.
Weiterbildungsangebote oder gar Studiengänge gibt es inzwischen viele. Sei es an einer privaten Hochschule, einer Universität oder durch einige Industrie- und Handelskammern (IHK) und Verbände. Zum Start kann man die entsprechenden Anwendungen am besten einfach mal ausprobieren und die Seite einer generativen KI wie ChatGPT oder PerplexityAI öffnen. Dort mit Fragen oder Aufträgen an die KI herumzuspielen (das sogenannte „Prompten“), ist ein guter erster Schritt sein, um sich mit der Technik vertraut zu machen.
Es kostet nichts und wer gut prompten kann, der kann sich schon jetzt die Arbeit erleichtern. Denn schon heute können diese Tools einiges: ChatGPT gibt zudem selbst einige Beispiele, wenn man es fragt, wie es einem Arbeit abnehmen kann.
Mit solch einer generativen KI lassen sich unter anderem Texte erstellen, Webseiten für Suchmaschinen optimieren, PowerPoint-Präsentationen anfertigen, Finanzdaten – wie zum Beispiel Aktienkurse miteinander vergleichen – oder E-Mail-Vorlagen erstellen. Ein Chatbot für Kundenanfragen führt zum Beispiel dazu, dass Betreuer sich nur noch um die schwer zu lösenden Fälle kümmern können.
Und natürlich kann man diese Sprach-KIs auch dazu bewegen, einem den Umgang mit KI beizubringen. „Am besten ist es, man erzählt der KI dazu genau, was man vorhat“, erläutert Manhembué von der DBU. Zuerst sollte man seine Rolle beschreiben, etwa sagen, dass man Anfänger ist.
Im Anschluss kann man schreiben, was genau gebraucht wird, etwa ein Kurs mit dem Ziel, richtig Prompten zu lernen. Dann muss die KI noch den Umfang erfahren, vielleicht mit einer Lektion pro Tag, die sie vorbereiten soll. Je mehr Angaben die KI erhält, desto besser kann sie darauf reagieren.
Apropos gut prompten: Was auch hilft, ist, der KI einfach mal seinen Job und seine Tätigkeit zu beschreiben und fragen, wie sie einen unterstützen kann. Beim selbstständigen Einsatz von KI sollte man aber aufpassen, vor allem gilt das für Angestellte. Zum einen besteht immer die Gefahr, dass KI sich auch Antworten „ausdenkt“, die zwar schlüssig klingen, aber falsch sind.
Zum anderen dürfte es der Arbeitgeber nicht gerne sehen, wenn man der KI Geschäftsgeheimnisse preisgibt. Und dann sind Arbeitnehmer auch mitunter verpflichtet, ihre Arbeitsleistung eigenhändig zu erbringen, wie es etwa die Kanzlei Osborn Clarke betont.
Zwar werde KI häufig als Hilfsmittel angesehen, nicht als andere Person – und damit wäre ihr Einsatz in Ordnung. Es kommt aber auf das Ausmaß der Anwendung an. Es empfiehlt sich also auch, den Arbeitgeber zu fragen, ob man eine KI für eine bestimmte Tätigkeit einsetzen darf.
Wem das Ausprobieren bei ChatGPT und Co. ohnehin zu wenig ist, der sollte sich am besten nach einer Fortbildung umschauen. Einige Online-Lernprogramme gibt es auch kostenlos. Die Universität Helsinki hat etwa einen deutschsprachigen Kurs im Angebot. Er besteht aus sechs Modulen, für die es insgesamt zwischen 30 und 60 Stunden braucht.
Weiterbildungen, Lehrgänge und Studiengänge
Noch einen Schritt weiter gehen Weiterbildungen oder Lehrgänge, bei denen man am Ende auch ein Zertifikat erhalten kann. Das geht zum Beispiel über private Hochschulen wie der DBU, aber auch etwa die IHK Rhein-Neckar bietet ein solches Angebot an. Welche Weiterbildung da am sinnvollsten ist, hängt ganz vom eigenen Job ab.
Es geht natürlich auch noch mehr: Wer den Umgang mit KI gleich studieren möchte, der kann nach Bachelor- und Masterstudiengängen Ausschau halten, wo KI schon Teil der Bezeichnung ist. Die Technische Hochschule Ingolstadt etwa hat einen entsprechenden Bachelorstudiengang im Angebot.
Dort lernt man nach Angaben der Hochschule, wie sich maschinelles Lernen, neuronale Netze und weitere Technologien einsetzen lassen, um Daten zu analysieren, Vorhersagen zu treffen und intelligente, selbstlernende Systeme für unterschiedlichste Einsatzgebiete zu entwickeln und anzuwenden. Wichtige Studienschwerpunkte sind vor allem Mathematik, Statistik und Programmierung.
Wer die sieben Semester erfolgreich absolviert hat, habe hervorragende Karrierechancen in der Wirtschaft oder der Forschung. Ähnliche Angebote gibt es auch an anderen Hochschulen.
Diese Fähigkeiten sind für KI wichtig
Unabhängig von Studium, Weiterbildung oder selbst kreiertes Lernen via KI: Wer sich fragt, ob er gut auf das KI-Zeitalter vorbereitet ist, der sollte seine eigenen Fähigkeiten mal auf die Probe stellen. „Grundlegend ist ein technisches Grundverständnis“, sagt Denis Habig, der bei der IHK Rhein-Neckar für das Thema Weiterbildung zuständig ist.
Was ist KI, wie funktionieren große Sprachmodelle, wo liegen Chancen und Risiken? Diese Fragen sollte man sich beantworten können, so Habig. Und auch, wenn viele bei ihrer Arbeit noch keine Berührungspunkte mit KI hatten, werden sie kommen.
„Fachkräfte profitieren von Tools, die ihre Arbeit effizienter machen – etwa KI-gestützte Recherchen, Analysewerkzeuge oder Automatisierungslösungen“, sagt der IHK-Experte. „Führungskräfte wiederum sollten verstehen, wie KI die Organisation verändert und wie sie ihre Teams dazu befähigen, KI verantwortungsvoll zu nutzen.“
Sich entspannt zurücklehnen können wohl nur die wenigsten. „Ich kann mir nur sehr wenige Jobs vorstellen, in denen man sich nicht darauf vorbereiten sollte, was da kommt“, sagt Manhembué von DBU.