Sie sollen Ziele erreichen – aber über die Ziele will der Arbeitgeber gar nicht mit Ihnen sprechen? Stattdessen diktiert er einfach, was zu leisten ist – und zahlt am Ende womöglich gar keinen Bonus?
Das Bundesarbeitsgericht hat nun eine gängige Praxis gekippt. Beschäftigte haben gute Chancen auf Nachzahlung, wenn der Arbeitgeber sich nicht an vereinbarte Regeln zur Zielvereinbarung hält.
Der Fall: Arbeitgeber verweigert Gespräche und setzt Ziele einfach fest
Ein Mitarbeiter hatte im Arbeitsvertrag neben dem Festgehalt Anspruch auf einen jährlichen Bonus – abhängig von der Erreichung individuell zu vereinbarender Ziele. Doch als der Arbeitnehmer 2020 eine Zielvereinbarung verlangte, blockte der Arbeitgeber ab und legte stattdessen einseitig Ziele fest – gestützt auf eine entsprechende Klausel im Vertrag.
Der Bonus wurde nicht gezahlt. Der Mitarbeiter klagte – und bekam Recht.
Die Entscheidung des BAG: Einseitige Zielvorgaben sind nicht erlaubt
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 3.7.2024 – 10 AZR 171/23) entschied:
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Eine Vertragsklausel, die dem Arbeitgeber erlaubt, nach gescheiterten Verhandlungen einseitig die Ziele festzulegen, ist unwirksam (§ 307 BGB).
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Der Arbeitgeber hatte damit die Pflicht verletzt, ernsthaft eine Zielvereinbarung mit dem Arbeitnehmer zu treffen.
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Ergebnis: Der Arbeitnehmer hat Schadensersatz in Höhe des entgangenen Bonusanspruchs verdient.
Was heißt das für Arbeitnehmer?
✅ Zielvereinbarungen sind Verhandlungssache – nicht Diktat des Arbeitgebers
✅ Einseitige Festlegungen sind unwirksam, wenn der Vertrag eine Vereinbarung auf Augenhöhe vorsieht
✅ Kein Bonus trotz erreichter Leistung? → Anspruch auf Schadensersatz möglich!
Rechtslage einfach erklärt
Viele Arbeitsverträge enthalten sogenannte Bonus- oder Zielvereinbarungsklauseln. Häufig steht dort:
„Die Ziele sind einvernehmlich zu vereinbaren. Falls keine Einigung erfolgt, legt der Arbeitgeber die Ziele einseitig fest.“
Genau diese Regelung hat das BAG nun für unzulässig erklärt, weil sie den Arbeitnehmer unter Druck setzt, jede Vorgabe zu akzeptieren – aus Angst, sonst leer auszugehen.
Woran erkenne ich eine problematische Bonusregelung?
❗ Der Vertrag spricht von „Vereinbarung“, erlaubt dem Arbeitgeber aber später ein „einseitiges Festlegen der Ziele“
❗ Es gibt keine festen Regeln oder Fristen, wie eine Einigung erzielt werden soll
❗ Der Arbeitgeber setzt einfach Ziele fest, ohne wirklich zu verhandeln
In all diesen Fällen gilt: Der Bonus kann nicht einfach gestrichen werden. Beschäftigte haben gute Chancen, ihn nachträglich einzuklagen.
Praxistipps für Beschäftigte
🔍 Prüfen Sie Ihre Bonusklausel im Arbeitsvertrag – gern mit anwaltlicher Unterstützung
🗣️ Fordern Sie aktiv Zielvereinbarungsgespräche ein – schriftlich und mit Nachweis
📆 Dokumentieren Sie Fristen, Angebote und Reaktionen Ihres Arbeitgebers
✉️ Wird der Bonus verweigert, obwohl keine echte Zielvereinbarung zustande kam? → Schadensersatz einklagen!
Fazit: Wer nichts mitverhandeln darf, muss auch nicht auf seinen Bonus verzichten
Das BAG hat deutlich gemacht: Zielvereinbarung bedeutet echte Mitgestaltung – nicht das Diktat des Arbeitgebers. Beschäftigte müssen sich nicht einseitig vorgegebene Ziele aufzwingen lassen – erst recht nicht, wenn davon ein erheblicher Teil ihres Einkommens abhängt.
Tipp: Lassen Sie sich nicht vertrösten oder mit vagen Zielvorgaben abspeisen. Wer dokumentiert, sich bemüht hat, hat gute Karten für eine spätere Nachzahlung.