Kann ich als Unternehmer jegliche Haftung für Sachmängel ausschließen?
Von RA und Notar Krau
Die Frage, ob Sie als Unternehmer jegliche Haftung für Sachmängel ausschließen können, ist nicht pauschal mit Ja oder Nein zu beantworten.
Es kommt auf verschiedene Faktoren an, insbesondere auf die Art des Vertrages und die Vertragspartei.
Grundsätzlich gilt:
Ein vollständiger Haftungsausschluss für Sachmängel ist in vielen Fällen nicht möglich oder zumindest rechtlich problematisch.
1. Unterschiedliche Vertragstypen
Zunächst ist zu unterscheiden, um welche Art von Vertrag es sich handelt.
Die Regelungen zum Sachmängelrecht finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und sind je nach Vertragstyp unterschiedlich ausgestaltet:
- Kaufvertrag (§ 433 BGB): Hierbei handelt es sich um den klassischen Vertragstyp, bei dem eine Sache gegen Geld übereignet wird. Das Sachmängelrecht ist hier besonders stark ausgeprägt.
- Werkvertrag (§ 631 BGB): Hier schuldet der Unternehmer die Herstellung eines Werkes, z.B. der Bau eines Hauses. Auch hier gibt es ein Sachmängelrecht, das aber in einigen Punkten vom Kaufrecht abweicht.
- Mietvertrag (§ 535 BGB): Bei einem Mietvertrag wird die Sache nicht übereignet, sondern nur zum Gebrauch überlassen. Auch hier gibt es ein Sachmängelrecht, das aber weniger weitreichend ist als beim Kaufvertrag.
- Dienstvertrag (§ 611 BGB): Hier schuldet der Unternehmer eine Dienstleistung, z.B. eine Beratung oder eine Reparatur. Ein Sachmängelrecht im eigentlichen Sinne gibt es hier nicht, aber es können sich ähnliche Haftungsansprüche ergeben.
2. Unterschiedliche Vertragspartner
Weiterhin ist zu unterscheiden, wer Ihr Vertragspartner ist:
- Verbraucher (§ 13 BGB): Ein Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
- Unternehmer (§ 14 BGB): Ein Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
3. Haftungsausschluss im B2B-Geschäft
Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern (B2B) ist ein Haftungsausschluss für Sachmängel grundsätzlich möglich.
Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen:
- Individualvereinbarungen: Die Parteien können im Vertrag die Haftung für Sachmängel ausschließen oder beschränken. Allerdings sind solche Klauseln im Einzelfall auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. So dürfen sie beispielsweise nicht unangemessen benachteiligend sein (§ 307 BGB).
- Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB): Verwendet ein Unternehmer AGB, sind die Anforderungen an einen Haftungsausschluss noch strenger. So müssen die Klauseln klar und verständlich formuliert sein und dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (§ 305 ff. BGB).
- Arglistiges Verschweigen von Mängeln: Ein Haftungsausschluss ist unwirksam, wenn der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB).
- Beschaffensheitsgarantie: Hat der Unternehmer eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen, kann er sich nicht auf einen Haftungsausschluss berufen.
4. Haftungsausschluss im B2C-Geschäft
Im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (B2C) ist ein vollständiger Haftungsausschluss für Sachmängel in der Regel nicht möglich.
Das Gesetz sieht hier einen besonderen Schutz für Verbraucher vor.
- Gewährleistungsrechte: Verbraucher haben gesetzliche Gewährleistungsrechte, die der Unternehmer nicht ausschließen kann (§ 437 BGB). Der Verbraucher kann bei einem Sachmangel Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung), Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz verlangen.
- AGB-Kontrolle: Verwendet der Unternehmer AGB gegenüber Verbrauchern, unterliegen diese einer strengen Kontrolle. Klauseln, die die Rechte des Verbrauchers unangemessen einschränken, sind unwirksam (§ 307 BGB).
5. Besondere Fälle
In einigen besonderen Fällen kann ein Haftungsausschluss auch im B2C-Geschäft möglich sein:
- Gebrauchtwaren: Bei Gebrauchtwaren kann die Haftung für Sachmängel auf ein Jahr verkürzt werden (§ 475 Abs. 2 BGB).
- Versteigerungen: Bei Versteigerungen ist ein Haftungsausschluss grundsätzlich möglich (§ 474 BGB).
- Verkauf unter Ausschluss der Sachmängelhaftung: In Ausnahmefällen kann ein Verkauf „unter Ausschluss der Sachmängelhaftung“ erfolgen, z.B. bei einem Bastlerfahrzeug. Der Käufer muss sich in diesem Fall aber ausdrücklich damit einverstanden erklären.
Fazit:
Ein vollständiger Haftungsausschluss für Sachmängel ist in vielen Fällen nicht möglich oder zumindest rechtlich problematisch.
Insbesondere im B2C-Geschäft sind die Möglichkeiten des Unternehmers stark eingeschränkt.
Im B2B-Geschäft ist ein Haftungsausschluss zwar grundsätzlich möglich, aber auch hier gibt es Grenzen.
Es ist daher ratsam, sich bei der Gestaltung von Verträgen und AGB von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass die Klauseln wirksam sind.
Zusätzliche Hinweise:
Es ist wichtig, die gesetzlichen Bestimmungen und die aktuelle Rechtsprechung zu beachten.
Die vorstehenden Ausführungen stellen lediglich eine allgemeine Übersicht dar und können eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen.
Die Regelungen zum Sachmängelrecht können je nach Vertragstyp und Branche abweichen.
Kann ich als Unternehmer jegliche Haftung für Sachmängel ausschließen?