Die zunehmende Digitalisierung prägt nahezu alle Bereiche unseres Lebens und macht auch vor der Arbeitswelt nicht Halt. In einer Zeit, in der E-Mails, Messenger-Dienste und andere digitale Kommunikationsmittel den Alltag dominieren, stellt sich die Frage, ob eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses digital rechtlich wirksam erklärt werden kann.
Klare Antwort ist dabei: nein!
Nach §§ 623 i.V.m. 125 BGB ist für die Wirksamkeit einer Kündigung zwingend die Schriftform erforderlich, was eine eigenhändige Unterschrift des zur Kündigung Berechtigten auf einem physischen Dokument voraussetzt. Das Schriftformerfordernis gilt sowohl für eine Kündigung des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers.
Demnach ist eine Kündigung unwirksam, die per E-Mail, per Messenger-Dienste (WhatsApp, Telegram, SMS etc.), mittels DocuSign (elektronische Unterschrift) oder per Fax erfolgt ist. Ebenso bleibt eine Kündigung unwirksam, selbst wenn sie zunächst den Anforderungen des § 623 BGB entspricht – also schriftlich auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift erfolgt –, jedoch anschließend eingescannt oder fotografiert auf einem der vorhin genannten digitalen Wege an den Empfänger übermittelt wird. Auch eine mündliche Kündigung erfüllt nicht das Schriftformerfordernis des §§ 623 i.V.m. 125 BGB und ist damit unwirksam.
Zu beachten ist dabei, dass das Schriftformerfordernis des § 623 BGB im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung entscheidend ist. Sind beide Parteien anwesend und übergibt der Arbeitgeber die schriftliche Kündigung dem Arbeitnehmer, so ist die Kündigung in dem Moment dem Arbeitnehmer i.S.d. § 130 BGB zugegangen und ist somit wirksam. Da die Kündigung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist, ist es für die Wirksamkeit unerheblich, ob der Arbeitnehmer die Kündigung nicht unterschreibt oder sonst nicht akzeptiert und diese liegen lässt. Wenn der Arbeitgeber die (liegengelassene bzw. nicht akzeptierte) Kündigung einscannt oder abfotografiert und dem Arbeitnehmer zuschickt, so bleibt die Kündigung weiterhin wirksam.
Rechtsfolgen
Die Rechtsfolgen einer (form)unwirksamen Kündigung sind das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses und der Annahmeverzug des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kommt in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt. Aufgrund des Annahmeverzugs hat der Arbeitnehmer – wenn sämtliche Voraussetzungen für den Annahmeverzugslohn vorliegen –, einen Anspruch auf Arbeitsentgelt auch ohne geleistete Arbeit. Ob alle Voraussetzungen für den Annahmeverzugslohn i.S.d. § 615 BGB vorliegen, muss im Einzellfall geprüft werden.
Bei einer formunwirksamen Kündigung muss zudem die strenge dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG nicht beachtet werden, da diese gemäß § 623 BGB erst mit dem Zugang einer schriftlichen Kündigung zu laufen beginnt. Beruft sich der Arbeitnehmer auf die mangelnde Schriftform, so kann er auch nach Ablauf von drei Wochen noch die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
Ausnahmen
Dennoch sollte man sich bei mangelnder Schriftform nicht allzu viel Zeit mit der Klage lassen, da das Recht, eine Klage zu erheben unter bestimmten Umständen auch verwirken kann. Nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg unterliegen der Verwirkung alle Rechtspositionen, mithin auch das Klagerecht. Voraussetzung für die Verwirkung ist nach herrschender Auffassung das Vorliegen eines Zeitmomentes und eines Umstandsmomentes (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2010 – 25 Ta 1628/10).
In dem vom LAG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall erhob der Arbeitnehmer erst 7 Monate nach der mündlichen Kündigung seine Klage. Zuvor hat der Arbeitnehmer wiederholt die Herausgabe seiner Arbeitspapiere verlangt. Nach der Entscheidung des Gerichts sei das Recht zur Klageerhebung verwirkt, da der Zeitraum von 7 Monaten zwischen der Kündigung und der Klageerhebung zu lang sei (Zeitmoment). Zudem habe der Arbeitnehmer durch sein Verhalten das Ende des Arbeitsverhältnisses hingenommen, indem er die Arbeitspapiere mehrmals herausverlangte (Umstandsmoment).
Das Landesarbeitsgerichts Köln hat den für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoment bei einem Zeitraum von 8,5 Monaten zwischen der Kündigung und der Klageerhebung angenommen. Aufgrund der Rückgabe sämtlicher Arbeitsmaterialien bestand nach Auffassung des Gerichts zudem das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment (LAG Köln, Urteil vom 26.04.2018 – 7 Sa 677/17).
Eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis kann auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer selbst mehrmals und ernsthaft mündlich das Arbeitsverhältnis kündigt und von dem Arbeitgeber sodann eine fristlose Kündigung erhält. Auch in einem solchen Fall kann sich der Arbeitnehmer nicht auf sein Klagerecht berufen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2012 – 8 Sa 318/11). Bei dieser Sachlage war es dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen eines wichtigen Kündigungsgrundes der fristlosen Kündigung sowie auf die Nichteinhaltung der Schriftform zu berufen. Insoweit greift nämlich der Grundsatz des sog. „venire contra factum proprium“ (widersprüchliches Verhalten), wonach die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer eigenen Willenserklärung dann als rechtsmissbräuchlich angesehen wird, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Ein Arbeitnehmer, der – wie im vorliegenden Fall – eine fristlose Kündigung mehrmals – und zwar entgegen den Vorhaltungen der anderen Seite – ernsthaft und nicht nur einmalig spontan ausgesprochen hat, sich sodann nachträglich jedoch auf die Unwirksamkeit der eigenen Erklärung beruft, verhält sich treuwidrig.
Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer:
Den Arbeitnehmern ist dringend zu raten, auch bei formunwirksamen Kündigungen des Arbeitgebers die Klage am besten innerhalb von 3 Wochen zu erheben. Zudem sollten die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Kündigung mündlich nicht aussprechen. Zwar ist eine solche Kündigung grds. formunwirksam, dennoch besteht angesichts der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz die Gefahr, dass auch andere Gerichte der Argumentation folgen.
Für Arbeitgeber:
Anhand der oben dargestellten Grundsätze ist den Arbeitgebern dringend zu raten, das Schriftformerfordernis zu beachten. Dabei soll die Kündigung vom Berechtigten persönlich unterschrieben und am besten unter Zeugen dem Arbeitnehmer übergeben werden. Denn bestreitet der Arbeitnehmer in einem späteren Prozess den Zugang eines formgerechten Kündigungsschreibens, muss der Arbeitgeber vor Gericht nachweisen, dass der Arbeitnehmer die Kündigung formgerecht erhalten hat.