Viele Arbeitnehmer haben während der Corona-Pandemie die Arbeit im Homeoffice schätzen gelernt – sei es wegen des Wegfalls langer Arbeitswege, besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder schlichtweg ruhigerer Arbeitsbedingungen. Doch nun stellen sich viele die Frage: Kann mein Arbeitgeber mich einfach zurück ins Büro holen – auch wenn die Arbeit von zu Hause aus gut funktioniert?
Grundsatz: Kein generelles Recht auf Homeoffice
Zunächst ist klarzustellen: Es gibt kein gesetzlich verbrieftes Recht auf Homeoffice. Arbeitnehmer können also nicht verlangen, dauerhaft im Homeoffice zu arbeiten – es sei denn, dies ist ausdrücklich im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder durch eine individuelle Absprache geregelt. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Der Arbeitgeber kann nicht einseitig dauerhaftes Homeoffice anordnen, wenn dies nicht vertraglich geregelt ist.
Widerruf der Homeoffice-Regelung – was ist zulässig?
Hat der Arbeitgeber dem Homeoffice nur vorübergehend oder widerruflich zugestimmt – etwa im Rahmen einer internen Regelung oder während der Pandemie – kann er grundsätzlich verlangen, dass die Arbeit wieder im Betrieb aufgenommen wird. Aber: Auch Arbeitgeber sind an das sogenannte billige Ermessen (§ 106 GewO) gebunden. Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss die Interessen des Arbeitnehmers bei seiner Entscheidung berücksichtigen.
Hat sich z. B. die familiäre Situation des Arbeitnehmers durch das Homeoffice stark verbessert oder ist ein Umzug erfolgt, weil eine dauerhafte Homeoffice-Tätigkeit zugesagt wurde, muss der Arbeitgeber diese Umstände abwägen. Auch gesundheitliche Aspekte oder lange Anfahrtswege können relevant sein. In solchen Fällen kann eine Rückkehr ins Büro nicht einfach per Anordnung durchgesetzt werden – jedenfalls nicht ohne weiteres.
Vertragliche Regelungen sind entscheidend
Ob der Arbeitgeber die Rückkehr ins Büro verlangen kann, hängt also maßgeblich von den getroffenen Regelungen ab:
Ist Homeoffice im Arbeitsvertrag fest vereinbart, darf davon nicht ohne Einvernehmen abgewichen werden.
Ist das Homeoffice nur auf Basis einer freiwilligen, widerruflichen Entscheidung des Arbeitgebers gewährt worden, besteht grundsätzlich kein dauerhafter Anspruch.
Gibt es eine Betriebsvereinbarung, kann diese bindende Regelungen zur Homeoffice-Nutzung enthalten, die auch einseitige Rückholaktionen beschränken.
Fazit: Keine pauschale Rückkehrpflicht
Der Arbeitgeber kann nicht beliebig anordnen, dass Mitarbeiter von heute auf morgen wieder im Büro arbeiten – vor allem dann nicht, wenn es anderslautende Vereinbarungen gibt oder der Arbeitnehmer auf die bisherige Praxis vertrauen durfte. Es ist stets eine Einzelfallprüfung notwendig, bei der auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.
Tipp vom Anwalt:
Lassen Sie prüfen, ob Ihre Homeoffice-Tätigkeit vertraglich abgesichert ist oder ob Ihr Arbeitgeber berechtigt ist, Sie zurückzubeordern. In vielen Fällen bestehen gute Argumente gegen eine Rückkehr – vor allem, wenn die Arbeit von zu Hause reibungslos funktioniert hat.
Diplom-Betriebswirt Ulli H. Boldt
Rechtsanwalt