Die Commerzbank ist wieder erfolgreich – auch wenn das Filialgeschäft ein Sorgenkind bleibt. Die Übernahme-Absichten der UniCredit hängen wie eine Gewitterwolke über allem.
Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp tritt bei der Hauptversammlung der Bank in Wiesbaden ruhig und selbstbewusst auf. Vor fünf Jahren habe die Bank in der Krise einen Aktienkurs von weniger als sechs Euro gehabt – jetzt seien es fast 26 Euro. Man habe die Restrukturierung konsequent umgesetzt. Für die Aktionäre bedeutet das einen warmen Regen: Die Bank will die Dividende von zuletzt von 35 Cent auf 65 Cent je Aktie erhöhen.
Besonders gut gelaufen ist das Wertpapiergeschäft. Und die Bank profitierte von höheren Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB), zeitweise bekam sie rund vier Prozent für die Übernacht-Einlage.
Die Weltlage hat sich geändert – auch durch den wirtschaftspolitischen Kurs der USA. Das betonte auch Bettina Orlopp. Sie fordert von der neuen Bundesregierung die Wirtschaftswende. „Die überbordende Bürokratie muss endlich zurückgeschnitten werden, strukturelle Reformen müssen schnell angegangen werden“, so Orlopp.
UniCredit will die Commerzbank übernehmen
Alle warteten bei der Hauptversammlung gespannt, wie Orlopp auf die Avancen der italienischen UniCredit eingehen würde. Diese hatte im September Commerzbank-Aktien vom Bund gekauft und meldet inzwischen, über ein Aktienpaket von gut neun Prozent zu verfügen. Insgesamt habe sie in Summe Zugriff auf gut 28 Prozent. Würde die italienische Bank über die 30-Prozent-Schwelle kommen, müsste sie den anderen Aktionären ein Kaufangebot machen.
Der Chef der UniCredit Andrea Orcel hatte zuletzt keinen Zweifel daran gelassen, dass er nach der deutschen HypoVereinsbank auch gerne die Commerzbank übernehmen möchte. Deren Geschäftszahlen von vergangener Woche hatte er noch kritisiert. Er sei mit der Performance weniger zufrieden.
„Nein zur UniCredit“
In ihrer Rede ging Orlopp nicht direkt auf die Übernahmewünsche der Italiener ein. Priorität habe jetzt die zügige Umsetzung der eigenen Strategie. „Zumal wir fest überzeugt sind, dass die Commerzbank sehr gute Perspektiven hat“, so Orlopp.
Lautstark hingegen waren Commerzbank-Beschäftigte vor der Halle. „Nein zu UniCredit“ und „Allein sind wir besser dran“ steht auf Plakaten. „Wir wollen, dass die Aktionäre ihre Anteile behalten und nicht verkaufen an andere Investoren“, sagte ver.di-Gewerkschaftssekretär Kevin Voß am Rande der Protestaktion, zu der ver.di und Betriebsräte aufgerufen hatten.
Bank stand am Abgrund
In der Finanzkrise 2008 stand die Commerzbank noch am Abgrund. Experten auf den Finanzmärkten bezweifelten, dass die Bank, die gerade die Konkurrentin Dresdner Bank übernommen hatte, die Krise überleben würde. Damals stieg der Staat mit 18 Milliarden Euro bei der Bank ein, sicherte sie so ab. Die Bundesrepublik übernahm damit gut 16 Prozent der Aktien. Tausende Stellen fielen damals weg. Auch den DAX musste das Geldhaus verlassen.
Seitdem ist viel passiert. Die Commerzbank hat wieder Erfolg und hat in der vergangene Woche nach einem Rekordgewinn für 2024 starke Zahlen für das erste Quartal 2025 vorgelegt. Ein Nettogewinn von 834 Millionen Euro sei das beste Quartalsergebnis seit 2011, so die Bank.
Orlopp will das Unternehmen weiter auf Gewinn trimmen, die Kosten senken. Bis Ende 2027 will sie 3.900 Vollzeitstellen streichen, davon 3.300 in Deutschland. In Ländern, in denen die Lohnkosten niedriger sind – wie in Polen und in Asien – wird hingegen Personal aufgebaut.
Hohe Ausschüttung für Aktionäre geplant
Weiter die Kosten drücken, das ist für die klassischen Privatkunden mit einem Girokonto keine gute Nachricht. Das sogenannte Retail-Geschäft könnte nach Ansicht von Experten weiter standardisiert werden, eventuell sogar ausgelagert werden.
Für die Aktionäre gibt es für das nächste Jahre noch mehr freudige Aussichten: Das Institut will 100 Prozent seines Nettoergebnisses nach Abzug ihrer Restrukturierungskosten ausschütten. Das sieht der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) Klaus Nieding ambivalent, aber: „Grundsätzlich ist das positiv.“ Zumal ja auch noch „Fantasie im Kurs“ sei – die positive Wertentwicklung des Aktienkurses also vermutlich noch nicht zu Ende ist.
Der DSW fordert mindestens 50 Prozent des Gewinns für die Eigentümer, also die Aktionäre. „Aber es gibt in Deutschland auch rezessive Tendenzen. Auch die Finanzierung von Unternehmen ist ein risikobehaftetes Geschäft, schließlich muss die Bank faule Kredite abfedern können. Dafür muss der Vorstand sein Pulver trocken halten“, so Nieding. Er erwarte vom Vorstand, dass er vorsichtig und konservativ handele. Bis jetzt habe er aber gerade Bettina Orlopp als rational und bedacht handelnde Managerin erlebt.
Wie ist die Strategie der UniCredit?
Bleibt die Frage, was UniCredit-Chef Andrea Orcel machen wird. Heute blieb die Bank zumindest in der Deckung. Von ihr gab es kein Übernahmeangebot.
So glaubt auch Klaus Nieding, dass Orcel den Umweg über Berlin gehen werde und zuerst mit der neuen Bundesregierung reden werden will. Schließlich sei der Bundeskanzler Merz ja bekannt dafür, dass er Kapitalmarktlösungen befürwortet.
Das „Team Yellow“, wie sie sich selbst gerne nennen, wird seine Eigenständigkeit ausbauen. Dabei müsse Bettina Orlopp schauen, dass sie die Aktionäre bei der Stange halte, so Nieding. „Diese werden überlegen, was für sie besser ist: Eine Übernahme durch die UniCredit oder eine eigenständige Commerzbank. Wenn die allein gut dasteht, dann stellt sich für den Aktionär die Notwendigkeit einer Übernahme nicht.“
Außerdem gibt es ja neben den Einzelaktionären bei der Commerzbank auch institutionelle Anleger wie BlackRock, die vermutlich genau abwägen werden, was für sie lukrativer ist und sich dann auf eine Seite schlagen. Spannende Zeiten also bei Deutschlands zweitgrößter Geschäftsbank.