Grundstückswert der Teileigentumseinheit für Erbschaftsteuer – BFH Beschluss vom 09/09/2009 – II B 69/09
Zusammenfassung
RA und Notar Krau
Tatbestand
Die Klägerin, bestehend aus den beiden Miterben der im Jahr 2005 verstorbenen X, erbte eine Teileigentumseinheit.
Diese Einheit umfasst einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück und das Sondereigentum an vier Ladenlokalen im Erdgeschoss eines Wohn- und Geschäftshauses, das 1995/96 fertiggestellt wurde.
Von den vier Ladenlokalen waren das größte an einen Lebensmitteldiscounter und zwei kleinere an einen Bäcker bzw. einen Metzger vermietet.
Der Mieter des vierten Ladenlokals hatte das Mietverhältnis bereits vor dem Erbfall gekündigt, sodass es seitdem leer stand.
Auch die anderen Mieter erlitten Umsatzrückgänge und konnten bis Mitte 2006 die ursprünglich vereinbarten Mieten reduzieren.
Das Finanzamt (FA) bewertete den Grundstückswert der Teileigentumseinheit beim Tod der X auf 894.000 EUR und teilte diesen Wert den beiden Miterben zu gleichen Teilen zu.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und versuchte nach § 146 Abs. 7 des Bewertungsgesetzes (BewG) einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
Sie legte zwei Gutachten vor: Gutachten I kam zu einem Verkehrswert von 410.000 EUR, während Gutachten II einen Verkehrswert von 737.000 EUR ermittelte.
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Gutachten lag in der Restnutzungsdauer der Immobilie und den angesetzten Bewirtschaftungskosten und Liegenschaftszinssätzen.
Das FA wies beide Gutachten als fehlerhaft zurück und lehnte den Einspruch ab. Die Klägerin erhob daraufhin Klage mit dem Ziel, den Grundstückswert auf 737.000 EUR zu senken.
Das Finanzgericht (FG) stellte den Wert jedoch auf 755.000 EUR fest, indem es verschiedene Ansätze aus den beiden Gutachten kombinierte und selbst eine Restnutzungsdauer von 31 Jahren ermittelte.
Gründe
Das FA legte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein und argumentierte, dass eine einheitliche Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gesichert werden müsse.
Das FG sei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, indem es die Gutachten teilweise verwendet und eigene Ansätze hinzugefügt habe, statt neue Sachverständigengutachten einzuholen.
Der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Er stellte fest, dass das FG keinen von der BFH-Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt habe, sondern höchstens einen materiellen Rechtsfehler begangen habe.
Der BFH betonte, dass es zulässig sei, aus mehreren Gutachten diejenigen Ansätze zu übernehmen, die gemäß der Wertermittlungsverordnung (WertV) ermittelt und plausibel seien,
und diese Ansätze zu einem Ganzen zusammenzuführen, sofern dies ohne weitere Sachverständige im üblichen Rahmen der Beweiswürdigung möglich sei.
Eine fehlerhafte Anwendung dieser Prinzipien durch das FG stelle keinen neuen Rechtssatz dar und beschädige nicht zwangsläufig das Vertrauen in die Rechtsprechung, es sei denn, es liege Willkür vor.
Das FG habe keine Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen, da eine fehlerhafte Rechtsauffassung allein nicht ausreiche, um einen Verfahrensfehler zu begründen.
Zusammenfassung
Der BFH-Beschluss vom 09.09.2009 beschäftigt sich mit der Bewertung eines Grundstücks im Nachlassfall.
Die Klägerin, die die Bewertung des Finanzamts (894.000 EUR) für zu hoch hielt, legte zwei Gutachten vor, die zu unterschiedlichen Werten kamen.
Das Finanzgericht kombinierte diese Gutachten und ermittelte einen neuen Wert von 755.000 EUR.
Das Finanzamt legte Beschwerde ein, da es eine einheitliche Rechtsprechung gefährdet sah.
Der BFH wies die Beschwerde zurück und stellte klar, dass das FG im Rahmen seiner Möglichkeiten handelte und keinen neuen Rechtssatz aufgestellt habe.
Fehlerhafte Rechtsanwendungen allein beschädigten nicht das Vertrauen in die Rechtsprechung.
Grundstückswert der Teileigentumseinheit für Erbschaftsteuer – BFH Beschluss vom 09/09/2009 – II B 69/09