Warum Gesellschafterdarlehen ein Risiko bergen
M&A-Transaktionen erfordern eine sorgfältige Planung, insbesondere im Umgang mit Gesellschafterdarlehen an die Zielgesellschaft. Ein erhebliches Risiko für den Verkäufer ist die Insolvenzanfechtung gemäß § 135 InsO. Verkäufer können ggf. nach Abschluss der Transaktion vom Insolvenzverwalter der Zielgesellschaft in Anspruch genommen werden.
Was bedeutet Insolvenzanfechtung?
Sollte nach Vollzug der Transaktion ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zielgesellschaft eröffnet werden, prüft der Insolvenzverwalter mögliche Anfechtungstatbestande, d.h. hinsichtlich Gesellschafterdarlehen § 135 InsO.
Wurde das Darlehen (an den Käufer oder den Verkäufer) zurückgezahlt und macht der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch nach § 135 InsO geltend, besteht ein Risiko, dass der Verkäufer den Darlehensbetrag gem. § 143 InsO an die Zielgesellschaft zurückzahlen muss und sein Anspruch gegen die Insolvenzmasse wertlos ist, d.h. im Regelfall verliert er die Forderung.
Anfechtung von Gesellschafterdarlehen
Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen oder darlehensgleichen Forderungen anfechtbar, wenn sie im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder danach erfolgen. Hierbei sind drei Voraussetzungen zu prüfen:
- Sachlicher Anwendungsbereich: Die Handlung muss der Rückzahlung eines Darlehens oder einer gleichgestellten Forderung dienen.
- Persönlicher Anwendungsbereich: Der Gläubiger muss Gesellschafter oder gesellschaftergleich sein.
- Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Handlung muss innerhalb des letzten Jahres vor der Insolvenz oder danach stattfinden.
Typische Risikosachverhalte
Insbesondere in folgenden Konstellationen kann ein Risiko bestehen:
1. Gesellschafterdarlehen
Der Verkäufer gewährt ein Gesellschafterdarlehen an die Zielgesellschaft, das innerhalb von einem Jahr vor Insolvenzeröffnung zurückgezahlt wird.
2. Gestundete Forderungen
Der BGH betrachtet Forderungen, die länger als drei Monate gestundet wurden, als darlehensgleich.
3. Cash Pools
Befindet sich die Zielgesellschaft in einem Cash Pool, können die Auflösung des Cash Pools und der Ausgleich von offenen Salden ein Anfechtungsrisiko darstellen.
4. Eigenkapitalausschüttungen
Ein BGH-Urteil aus 2021 legt nahe, dass auch Ausschüttungen aus Gewinnvorträgen und aus aufgelösten Kapitalrücklagen anfechtbar sein können, sofern sie wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehen.
So minimieren Sie Anfechtungsrisiken
In der Praxis wird eine Vielzahl von Möglichkeiten diskutiert, das Anfechtungsrisiko des Verkäufers zu reduzieren, unter anderem:
1. Harte Patronatserklärung
Der Käufer oder ein verbundenes Unternehmen gibt eine harte Patronatserklärung zugunsten der Zielgesellschaft ab, diese stets mit allen notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten, um eine Insolvenz möglichst auszuschließen.
2. Freistellungsklausel
Eine gängige Strategie besteht in der vertraglichen Freistellung des Verkäufers durch den Käufer von etwaigen Anfechtungsrisiken. Sofern nötig, sollte der Freistellungsanspruch ausreichend abgesichert werden, etwa durch eine Garantie eines verbundenen Unternehmens oder eine Bankbürgschaft.
3. Verpflichtung zur Nichtrückzahlung
Der Käufer kann sich verpflichten, das Darlehen nicht innerhalb der Anfechtungsfrist zurückzuzahlen. Verstößt der Käufer hiergegen, hat der Verkäufer einen Schadensersatzanspruch gegen den Käufer, dessen Werthaltigkeit von der Bonität des Käufers abhängt.
4. Abtretung an die Zielgesellschaft
Die Abtretung der Darlehensforderung an die Zielgesellschaft und die Einbringung der Forderung in die Kapitalrücklage beseitigt das Gesellschafterdarlehen; diese Vorgehensweise birgt jedoch steuerliche Risiken.
Fazit: Prävention ist der Schlüssel
Gesellschafterdarlehen und ihre Rückzahlung bergen erhebliche Insolvenzanfechtungsrisiken für den Verkäufer in M&A-Transaktionen. Eine sorgfältige Planung unter Einbeziehung juristischer Expertise ist unverzichtbar, um diese Risiken zu minimieren und den wirtschaftlichen Erfolg der Transaktion zu sichern.
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