Defekte Produkte sind im Handel längst keine Seltenheit – vom Smartphone mit spontanem Totalausfall über die Küchenmaschine, die nach wenigen Monaten den Dienst quittiert, bis hin zum höhenverstellbaren Schreibtisch, dessen Motor nicht mehr reagiert. Besonders im E-Commerce wird schnell unklar, welche Rechte greifen und an wen sich Betroffene wenden können. Denn in vielen Fällen stellt sich die Frage: Handelt es sich um einen Fall für die gesetzliche Gewährleistung oder um eine Garantie – und wer ist wann mein Ansprechpartner als Kund:in?
Beide Begriffe werden häufig synonym verwendet, stehen aber für ganz unterschiedliche Anspruchsgrundlagen. Denn während die Gewährleistung eine gesetzliche Pflicht des Verkäufers oder der Verkäuferin darstellt, handelt es sich bei der Garantie um ein freiwilliges Versprechen – entweder des Herstellers oder seitens des Handels. Die Unterschiede wirken sich direkt auf Dauer, Umfang und Vorgehensweise bei der Reklamation aus.
Gesetzliche Gewährleistung: Zwei Jahre Anspruch auf mangelfreie Ware
Eigentlich ist die Sache sehr einfach: Kund:innen haben bei Neuware für zwei Jahre Anspruch auf fehlerfreie Funktion. Denn die Gewährleistung ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie verpflichtet Händler:innen, für Sachmängel einzustehen, die bereits bei Übergabe der Ware vorlagen oder deren Ursache zumindest damals bestanden hat. Diese Gewährleistungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre ab Lieferung oder Übergabe. Sie kann allerdings bei gebrauchter und ggf. überarbeiteter Ware auf ein Jahr verkürzt werden, sofern die Handelskette oder das Versandunternehmen die explizit vereinbart. Anders sieht das bei Privatverkäufen aus, hier kann der oder die Verkäufer:in die Gewährleistung vertraglich unterbinden, was man aber auch explizit tun muss. In der Praxis geschieht das oft durch den in Anzeigenplattformen gängigen Satz von wegen „der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung.“.
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Doch schon bei der Ausübung der Rechte rund um die Gewährleistung wird’s komplizierter: Innerhalb der ersten zwölf Monate wird gesetzlich vermutet, dass ein Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war. Erst nach Ablauf dieses Zeitraums dreht sich die Beweislast, sodass dann nachgewiesen werden muss, dass der Defekt auf einen ursprünglichen Mangel zurückzuführen ist. Das ist auch der Grund, warum Kund:innen im zweiten Jahr (früher bereits ab dem siebten Monat) schwerer haben, ihr Recht durchzusetzen.
Der Anspruch auf Gewährleistung bedeutet zunächst nicht automatisch eine Rückerstattung des Kaufpreises. Vorrangig besteht ein Recht auf Nacherfüllung – also auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung. Erst wenn diese Maßnahmen fehlschlagen, unzumutbar sind oder verweigert werden, kommen Minderung oder Rücktritt vom Vertrag in Betracht. In vielen Fällen wird der oder die Händler:in aber ohnehin eine neue Ware schicken, die dann aber ebenfalls bereits gebraucht sein kann, aber fehlerfrei sein muss (refurbished).
Ein häufiger Streitpunkt ist dabei, auf was sich Gewährleistung bezieht, also beispielsweise inwieweit Akkus oder ähnliche dem Verschleiß unterliegende Dinge davon ausgeschlossen werden können. Auch um Software und deren Funktionstüchtigkeit sowie um Firmware-Updates wird hierbei fleißig gestritten. Generell gilt, dass Händler:innen auch für die im Vorfeld erteilte generelle Funktionstüchtigkeit der zugesicherten Produkte haften, wenn seitens des Herstellers ein Update verfügbar gemacht wird. Doch wenn beispielsweise der Drucker auf einmal keinen Fremdtoner mehr verarbeitet, weil der Hersteller das per Firmware-Update unterbunden hat, ist das natürlich kein Fall für die Gewährleistung.
Im E-Commerce ist zusätzlich das Widerrufsrecht im Zusammenhang mit dem Fernabsatz zu berücksichtigen: Bei Verträgen, die ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, kann ein Kauf in den ersten 14 Tagen nach Lieferung ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Dieses Widerrufsrecht ersetzt jedoch nicht die Gewährleistung, sondern ergänzt sie lediglich in der Anfangsphase des Kaufs.
Darüber hinaus können die Händler:innen diese Rücksenderegeln auch noch liberaler gestalten, etwa auf 30 oder gar 100 Tage erweitern. Das ermöglicht den Kund:innen auch bei fehlerhafter Ware eine bessere Rückgabemöglichkeit, hat aber prinzipiell erst einmal nichts mit den damit verbundenen Rechten bei nicht ordnungsgemäßer Ware zu tun. In der Praxis hast du es dann aber oftmals leichter.
Garantie: Freiwilliges Versprechen mit eigenen Bedingungen
Eine Garantie ist eine darüber hinaus gehende, freiwillige Leistung des Herstellers oder Handelsunternehmens. Sie kann inhaltlich weit über die gesetzliche Gewährleistung hinausgehen – etwa durch längere Laufzeiten oder Kulanzregelungen. Allerdings ist sie an individuelle Bedingungen gebunden, die den Käufer:innen transparent vorliegen müssen.
Die Dauer einer Garantie variiert erheblich. Einige Hersteller bieten standardmäßig ein Jahr Garantie, andere gewähren freiwillig zwei Jahre oder länger. Elektronikkonzerne wie Apple etwa koppeln verlängerte Garantien an kostenpflichtige Zusatzpakete. So deckt beispielsweise Apple Care Plus für iPhones in Deutschland bis zu zwei Jahre ab Kauf ab (oder länger, wenn verlängert wird) und enthält weitere Leistungen wie vergünstigte Reparaturen bei selbstverschuldeten Schäden. Solche Zusatzgarantien erweitern die Ansprüche über die gesetzliche Pflicht hinaus, ersetzen diese jedoch nicht.
Solche Garantieleistungen können unter anderem die Verlängerung der Anspruchsdauer auf mehrere Jahre bedeuten, auch bestimmte Verschleißschäden abdecken, aber sich auch auf die Art der Reparatur (vor Ort oder Pick-up) oder das Gewähren eines Ersatzgerätes für die Ausfallzeit beziehen. Häufig sind solche Garantien allerdings bei unsachgemäßem Gebrauch oder Manipulation ausgeschlossen (worunter etwa auch das Aufspielen einer nicht dokumentierten Firmware bei Mobilgeräten zählen kann).
In Deutschland nicht verboten, aber mit hohen Hürden behaftet übrigens die lebenslange Garantie. Händler:innen können sehr wohl eine lebenslange Garantie anbieten, müssen aber genau erklären, was darunter zu verstehen ist, also ob sich das lebenslang auf das Produkt oder den oder die Erstbesitzer:in bezieht. Fehlen eindeutige Regeln, kann das als unlautere Werbung beanstandet werden.
Wer eine Garantie in Anspruch nehmen möchte, muss allerdings die jeweils vereinbarten Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören oft eine Produktregistrierung innerhalb einer bestimmten Frist, die Vorlage des Kaufbelegs und die Einhaltung spezieller Vorgehensweisen bei der Reklamation. Oft bezieht sich eine Garantie nur auf den oder die Erstbesitzer:in, sodass man bei Gebrauchtgeräten selbst innerhalb der Garantiefrist schlechter gestellt wäre.
Wichtig auch die Frage, an wen man sich hierfür wenden müsste: Im Gewährleistungsfall bleibt der Händler stets der primäre Ansprechpartner. Eine Garantie kann jedoch parallel geltend gemacht werden, wenn sie günstigere oder unkompliziertere Leistungen verspricht.
Garantie schränkt nicht Gewährleistung ein
Viele Onlineshops werben offensiv mit Garantien und Servicepaketen. Diese freiwilligen Angebote dürfen jedoch nicht den Eindruck erwecken, dass gesetzliche Rechte davon abhängig wären oder dadurch eingeschränkt würden. So ist es etwa unzulässig, Gewährleistungsrechte nur gegen den Abschluss einer Zusatzgarantie einzuräumen oder die gesetzliche Haftung zu verschweigen.
Etwas komplizierter ist die Handhabung bei Plattformen wie dem Marketplace von Amazon oder auch bei den chinesischen Plattformen wie Temu. Hier solltest du beachten, dass der oder die eigentliche Händler:in dein Ansprechpartner bleibt, was aber natürlich auch Amazon im Falle, dass die Ware von Amazon selbst kommt, in die Pflicht nimmt (aber eben nur dann). Bei Temu und anderen im Ausland ansässigen Plattformen wird das Durchsetzen von Rechten gegenüber den Händler:innen ohnehin sehr schwierig bis unmöglich. Ob man also beispielsweise ein hochwertiges IT-Gerät dort erwerben will, muss jede:r selbst überlegen und anhand des Risikos abwägen.
Egal, woher die Ware kommt: Händler:innen sind verpflichtet, vor Vertragsabschluss transparent über die Rechte aus Gewährleistung und über etwaige Garantien zu informieren. Die Garantiebedingungen müssen klar zugänglich sein und dürfen Verbraucher nicht unangemessen benachteiligen. Trifft das nicht zu, kann ein Kauf rückabgewickelt werden, was aber ebenfalls in Deutschland einfacher geht, als wenn der Handelspartner irgendwo im Ausland ansässig ist.
Über die Gewährleistung hinaus denken
Garantie und Gewährleistung verfolgen unterschiedliche Zwecke. Während die gesetzliche Gewährleistung den Mindestschutz für die Verbraucher:innen sicherstellt und den Verkaufenden in die Pflicht nimmt, handelt es sich bei der Garantie um eine freiwillige Zusatzabsicherung mit eigenen Regeln. In der Praxis sollten Verbraucher stets prüfen, ob eine Garantie besteht, wie lange sie gilt und welche Bedingungen einzuhalten sind. Zugleich darf die Gewährleistung als gesetzlicher Anspruch nicht vernachlässigt werden – insbesondere wenn die freiwillige Garantie abgelaufen ist oder nur eingeschränkten Schutz bietet. Eine sorgfältige Dokumentation von Kaufdatum, Mangelbeschreibung und Kommunikation mit Händler oder Hersteller kann helfen, Rechte zügig durchzusetzen.
Das Abschließen einer zusätzlichen Garantie über einen Vertrag, wie sie oftmals beim Kauf mit angeboten wird, lohnt sich hingegen in vielen Fällen nicht – oder nur dann, wenn du wie bei einem beruflich genutzten IT-Gegenstand dringend darauf angewiesen bist und im Schadensfall eine Ausweichlösung brauchst. Dann solltest du allerdings im Vorfeld den Vertrag genau prüfen, ob und in welchen Fällen er nützlich ist – eine Aufgabe, die „mal eben schnell im Laden“ meist nicht umzusetzen ist.