Wann hast du dich zum letzten Mal mit deinen Finanzen beschäftigt? Viele schieben dieses Thema gerne beiseite – zu abstrakt, zu komplex, zu weit weg. Dabei ist es sinnvoll, dich rechtzeitig mit der – vermeintlich – trockenen Finanz-Materie auseinanderzusetzen. Denn eine frühzeitige finanzielle Weichenstellung ist der Schlüssel zu mehr Freiheit, weniger Sorgen und erreichbaren Zielen in deiner Zukunft.
Finanzieller Status quo
Aber wie fängst du am besten an? Zunächst hilft dir ein Überblick über deine finanzielle Situation dabei, dein Einkommen und deine Ausgaben zu kontrollieren und zu optimieren. Das erste finanzielle Ziel dabei: mehr einnehmen als ausgeben. Die Bestandsaufnahme kannst du klassisch per Haushaltsbuch oder Excel-Tabelle erstellen, oder du nutzt eine Vermögenstracking-App. Um dir einen Überblick zu verschaffen, kannst du so vorgehen:
- Liste alle monatlichen Einnahmen auf
- Erfasse alle regelmäßigen Ausgaben nach Kategorien
- Dokumentiere alle Vermögenswerte (etwa Geld auf dem Konto, Investments)
- Denke auch an etwaige Schulden (etwa Kredite, Kreditkartenschulden)
Dank dieser Übersicht kannst du erkennen, wie viel Geld du aktuell zur Verfügung hast. Unter Umständen lassen sich deine Ausgaben auch noch optimieren, sodass du mehr Geld sparen kannst: ungenutzte Abos, überflüssige Versicherungen oder andere unnötig hohe Ausgaben – dank eines klaren Überblicks lassen sich Sparpotenziale leichter identifizieren. Außerdem kannst du dir Budgets für bestimmte Ausgaben setzen, etwa für Restaurantbesuche, Freizeit oder Lebensmittel.
Empfehlungen der Redaktion
Wenn deine Einnahmen größer sind als deine Ausgaben, erzielst du einen monatlichen Überschuss, mit dem du einen Notgroschen aufbauen kannst – das zweite finanzielle Ziel. Der Notgroschen dient dir als Reserve für ungeplante Ausgaben, damit du nicht in den Dispo oder an deine Ersparnisse musst. Auch falls du mal deinen Job verlierst, kann der Notgroschen die fehlenden Einnahmen für wenige Monate kompensieren. Üblich sind etwa drei bis vier Monatsgehälter als Rücklage, ja nach individueller Situation und Sicherheitsbedürfnis kann der Notgroschen aber auch höher oder niedriger ausfallen.
Finanzielle Ziele festlegen
Nach der nüchternen Ist-Analyse wird es im nächsten Schritt Zeit für Träume und Wünsche: Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre und Jahrzehnte? Eine Familie gründen, ein Haus bauen, auswandern, ein neues Auto kaufen, deine Arbeitszeit reduzieren, ein Sabbatical einlegen, dich selbstständig machen, deine Rentenlücke schließen (dazu später mehr), früher in Rente gehen – die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt.
Um zumindest eine grobe Orientierung für deine finanziellen Ziele zu bekommen, hilft die Unterteilung nach kurz-, mittel- und langfristigen Plänen. Ein Beispiel für ein langfristiges Ziel ist das Erreichen der finanziellen Freiheit ab einem bestimmten Alter. Ein mittelfristiger Wunsch könnte der Bau einer Immobilie in zehn Jahren oder der Kauf eines Autos in fünf Jahren sein. Zu den kurzfristigen Zielen zählen Wünsche wie der Backpacking-Trip durch Südostasien im nächsten Jahr, der langersehnte Festivalbesuch im Sommer oder die Anschaffung eines teuren Möbelstücks.
So viel musst du zurücklegen
Als Nächstes solltest du bestimmen, wie viel du für deine jeweiligen Ziele ansparen musst. Der Geldbedarf für vier Wochen Backpacken lässt sich konkreter vorstellen und bestimmen als die Mittel, die du benötigst, um für dein Alter vorzusorgen.
Letztlich geht es darum, die Sparrate zu bestimmen, mit der du durch regelmäßiges Ansparen über einen bestimmten Zeitraum die Summe ansammeln kannst, die du zur Finanzierung deines Ziels benötigst. Dafür musst du den nötigen Betrag, die Dauer der Ansparphase sowie die Rendite der gewählten Geldanlage kennen.
Mit den drei Parametern Betrag, Zeit und Rendite kannst du anhand eines Rechners für finanzielle Ziele die nötige monatliche Sparrate herausfinden. Dabei gelten – jeweils ceteris paribus – folgende Zusammenhänge:
- Je höher die Kosten deines Ziels, desto höher die nötige Sparrate
- Je kürzer die Ansparphase, desto mehr musst du monatlich zurücklegen
- Je niedriger der Zinssatz bzw. die Rendite der Geldanlage, desto größer sollte dein monatlicher Sparbetrag sein
So sorgst du fürs Alter vor
Kommen wir zu einem der wichtigsten langfristigen Finanzthemen: deiner Altersvorsorge und der sogenannten Rentenlücke. Sie beschreibt die Differenz zwischen deinem letzten Gehalt und der zu erwartenden gesetzlichen Rente – und diese Lücke ist erschreckend groß. Um ein Gefühl für die Höhe der Rentenlücke zu bekommen, nutze diese Faustregel: Die gesetzliche Rente wird langfristig maximal etwa 40 bis 45 Prozent deines Nettoeinkommens betragen. Verdienst du heute 3.000 Euro netto, könntest du im Alter mit rund 1.300 Euro monatlich rechnen. Die Rentenlücke beträgt in diesem Fall also etwa 1.700 Euro.
Um deine konkrete Rentenlücke auszurechnen, kannst du folgendermaßen vorgehen:
- Bestandsaufnahme: Fordere deine Renteninformation bei der Deutschen Rentenversicherung an. So erfährst du, wie hoch deine zu erwartende Rente ist.
- Bedarf ermitteln: Überlege, wie viel Geld du im Alter wirklich brauchst. Hierbei kannst du dich zum Beispiel an deinem heutigen Gehalt orientieren.
- Lücke berechnen: Die Differenz zwischen deinem Bedarf und der zu erwartenden gesetzlichen Rente ist deine persönliche Rentenlücke.
Da das Schließen der Rentenlücke zu den langfristigen Zielen gehört, eignen sich hier ebenfalls ETF-Sparpläne. Somit kannst du eine Rendite von circa fünf bis sieben Prozent pro Jahr annehmen. Je früher du mit dem Investieren anfängst, desto weniger musst du monatlich zurücklegen.
Rechnen wir etwa konservativ mit fünf Prozent Rendite und einem Ansparzeitraum von 40 Jahren, benötigst du eine monatliche Sparrate von etwa 140 Euro, um zwischen deinem 67. und 80. Lebensjahr eine Rentenlücke von 1.000 Euro per Kapitalverzehr zu schließen. Je höher du deine Lebenserwartung einschätzt, desto größer muss die Sparrate sein: Wenn du 90 wirst, wäre eine Sparrate von über 250 Euro nötig, um deine Rentenlücke bis zu deinem Lebensende auszugleichen.
Mit einer langfristig orientierten privaten Altersvorsorge kannst du schon heute daran arbeiten, deine Rentenlücke zu verringern, sodass du im Rentenalter mit weniger Einschränkungen bei deinem Lebensstandard rechnen musst. Aus deinen Ersparnissen kannst du dann im Rentenalter monatlich den fehlenden Betrag entnehmen und so das angesparte Depot per Kapitalverzehr wieder entsparen.
Welcher Euro gehört wohin?
Die Dauer der Ansparphase ergibt sich daraus, wann du dein Ziel realisieren möchtest. Die Rendite wiederum hängt von der gewählten Geldanlage ab. Hierzu kannst du dich an folgenden Richtwerten orientieren:
- Tagesgeld: 0% – 2,5% pro Jahr (je nach Anbieter)
- Festgeld: bis zu 3% pro Jahr (je nach Anbieter und Laufzeit)
- ETFs: etwa 5 – 7% pro Jahr (je nach Entwicklung der Börse)
Verlockend wäre es natürlich, einfach alles in den Aktienmarkt zu investieren und auf eine Rendite von sieben Prozent pro Jahr zu hoffen. Aber: Rendite gibt es nie ohne Risiko. Aktien schwanken im Wert und nur im langfristigen Mittel zeigt sich ein Aufwärtstrend. Berücksichtige deshalb bei der Suche nach einer passenden Geldanlage für deine Sparrate unbedingt die Unterteilung nach kurz-, mittel- und langfristigen Zielen: Je kurzfristiger dein Anlagehorizont ist, desto risikoärmer muss dein Investment sein.
Wenn du zum Beispiel in einem Jahr eine große Reise planst, solltest du das dafür benötigte Geld auf einem sicheren Tagesgeldkonto parken – und es nicht etwa an der Börse investieren. Auch dein Notgroschen gehört auf dein Girokonto oder ein Tagesgeldkonto und nicht in schwankende Investments. Tagesgeld bietet zwar weniger Rendite, ist dafür aber täglich verfügbar, risikoarm und eignet sich somit für kurzfristige Ziele.
Hast du bereits heute einen Geldbetrag angespart, den du für ein bestimmtes Ziel in ein bis zehn Jahren benötigst, kann auch ein Festgeldkonto eine Option sein. Hierbei investierst du den gesamten Betrag für eine festgelegte Laufzeit zu einem fest vereinbarten Zinssatz. Erst nach Ablauf der Anlagedauer bekommst du das Geld und die Zinsen ausgezahlt. Mit Festgeld kannst du also vorausschauend planen und es für kurz- und mittelfristige Ziele nutzen, bei denen du genau weißt, wann du das Geld wieder benötigst.
Für besonders langfristige Ziele mit einem Zeithorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren eignen sich vornehmlich Aktien, am einfachsten in Form von weltweit diversifizierten ETFs. Dazu brauchst du lediglich ein Depot, bei dem du einen Sparplan einrichtest und damit auf deine langfristigen Ziele ansparst. So kannst du von dem über einen langen Zeitraum zu erwartenden Aufwärtstrend an den Börsen profitieren.
Die Rendite belohnt dabei insbesondere diejenigen, die früh mit dem Investieren beginnen: Wenn du mit 25 Jahren startest, hast du bei 100 Euro monatlicher Sparrate und durchschnittlich sieben Prozent jährlicher Rendite nach 40 Jahren gut 247.000 Euro im Depot. Startest du hingegen erst mit 35 Jahren, hast du mit 65 nur knapp 117.000 Euro angespart. Je früher du anfängst, desto besser – vor allem, wenn es um Ziele in ferner Zukunft geht, wie deine Rente.
Anfangen, Überblick behalten und flexibel bleiben
Zurück in die Gegenwart: Bei all der Planung und Zukunftsfantasie solltest du natürlich nicht den wichtigsten Schritt vergessen – dich überhaupt mit deinen Finanzen auseinanderzusetzen. Warte nicht auf den perfekten Plan oder den vermeintlich idealen Zeitpunkt – je früher du loslegst, desto besser.
Auf dem Reißbrett, in Exceltabellen und Rechnern lassen sich Träume und finanzielle Ziele natürlich leicht skizzieren. Doch das Leben hat oft andere Pläne: Plötzliche Veränderungen, etwa in Bezug auf Gesundheit, Familie oder Karriere, lenken den geplanten Lebensweg in eine andere Richtung oder lassen Träume ganz platzen. Halte deinen Plan deshalb flexibel und passe ihn regelmäßig an veränderte Lebensumstände an.
Führe außerdem einen jährlichen Finanz-Check durch, bei dem du deine Ziele prüfst und aktualisierst, um dann deine Sparraten anzupassen und so deine Investment-Strategie zu optimieren. Solange du dir überhaupt darüber Gedanken machst und anfängst, dich mit deinen Finanzen zu beschäftigen, wirst du für deine Zukunft und die Zufälle des Lebens auch finanziell gewappnet sein.
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5 Irrtümer über finanzielle Freiheit: