Der Europäische Haftbefehl stellt ein vereinfachtes justizielles Verfahren zur grenzüberschreitenden Übergabe dar. Ziel ist die Durchführung eines Strafverfahrens oder die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel.
Ein von einer Justizbehörde eines EU-Mitgliedstaats ausgestellter Haftbefehl ist im gesamten Gebiet der Europäischen Union gültig. Die gerichtlichen Verfahren werden vereinfacht, um die Rückführung von Personen, die eine schwere Straftat begangen haben, aus einem anderen EU-Staat zu beschleunigen.
Zweck des Europäischen Haftbefehls:
Auf Grundlage des Europäischen Haftbefehls ist jede nationale Justizbehörde verpflichtet, Anträge anderer Justizbehörden aus EU-Mitgliedstaaten mit minimalem Formalismus und innerhalb einer bestimmten Frist anzuerkennen und umzusetzen. Der Haftbefehl zielt auf die Übergabe einer Person ab, damit diese strafrechtlich verfolgt oder in Haft genommen werden kann.
Der Europäische Haftbefehl gilt als effektives Instrument für die Auslieferung innerhalb der EU. Ziel ist es, dass sich Straftäter nicht innerhalb Europas verstecken können.
Fälle, in denen ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt wird:
Ein Europäischer Haftbefehl wird ausgestellt bei Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßnahme von mindestens einem Jahr bedroht sind. Ebenso kann er ergehen, wenn eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder Maßregel von mindestens vier Monaten vorliegt.
Was EU-Mitgliedstaaten bei der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls beachten müssen:
Der Europäische Haftbefehl ist ein Ersuchen einer Justizbehörde eines EU-Staates, eine Person in einem anderen Mitgliedstaat zu verhaften und zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder eines Haftbefehls auszuliefern.
Das System basiert auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und funktioniert in der gesamten EU durch direkten Kontakt zwischen den Justizbehörden.
Bei der Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls müssen die Mitgliedstaaten Faktoren wie die Schwere der Straftat, das zu erwartende Strafmaß und mögliche alternative, weniger einschneidende Maßnahmen berücksichtigen. Außerdem muss eine verhaftete Person über den Inhalt des Haftbefehls informiert werden.
Worauf die Behörden bei der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls achten müssen:
Bei der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls müssen die Behörden die Verfahrensrechte der verhafteten oder beschuldigten Person wahren, darunter das Recht auf Information, das Recht auf einen Anwalt und einen Dolmetscher sowie auf rechtlichen Beistand – gemäß den Gesetzen des Landes, in dem die Verhaftung erfolgt.
Garantien für Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl vorliegt:
Diese Rechte und Garantien sind in verschiedenen Rahmenrichtlinien und Resolutionen der EU sowie im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehen.
Beispiele dafür sind: das Recht auf Zugang zu einem Anwalt, das Recht auf kostenlose Rechtsberatung, das Recht auf Kommunikation mit Dritten und konsularischen Behörden, das Recht auf Information sowie auf Übersetzung und einen Dolmetscher.
Beispiel aus der Praxis:
Im Rahmen eines Falls beantragte der Wahlverteidiger der betroffenen Person, die ausstellende Justizbehörde um Übersendung einer Kopie des innerstaatlichen Haftbefehls zu ersuchen. Er argumentierte, dass eine Verpflichtung zur Übermittlung dieser Entscheidung bestehe, da die gesuchte Person zuvor keine offizielle Information über das Strafverfahren erhalten habe.
Der zuständige Haftrichter lehnte diesen Antrag jedoch zu Recht ab.
Die Begründung war, dass sich der zitierte Artikel der Rahmenentscheidung, wie auch Art. 103 Abs. 2 des Gesetzes 302/2004, auf ein Abwesenheitsurteil beziehe. Im konkreten Fall war der Europäische Haftbefehl jedoch aufgrund eines nationalen Untersuchungshaftbefehls und nicht auf Grundlage eines Verurteilungsurteils ausgestellt worden.
Der Europäische Haftbefehl wird auf der Grundlage gegenseitiger Anerkennung und des gegenseitigen Vertrauens vollstreckt.
Rechtsanwältin Cristina Neagu