Die Änderungen am Lieferkettengesetz haben die nächste Hürde genommen: Das EU-Parlament in Straßburg gab grünes Licht. Die Vorgaben sollen künftig nur noch für wenige große Unternehmen gelten und kommen später als geplant.
Die EU-Abgeordneten in Straßburg haben Änderungen am Lieferkettengesetz beschlossen. Das Gesetz soll Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen in der Produktion in die Pflicht nehmen. Firmen müssen dafür Angaben zu ihren Lieferanten an die Behörden melden – beispielsweise zu den Arbeitsbedingungen in einer Näherei in Bangladesch, einer Kakaoplantage in Brasilien oder einer Rohstoffmine in der Demokratischen Republik Kongo. Die Verordnung tritt nun jedoch voraussichtlich in abgeschwächter Form und später als geplant in Kraft.
Das Lieferkettengesetz war ursprünglich im Frühjahr 2024 beschlossen worden, greift aber noch nicht und wurde schon einmal verschoben. Nun einigten sich die Verhandler auf einen weiteren Aufschub: Die Mitgliedsstaaten sollen die EU-Vorgaben bis zum 26. Juli 2028 in nationales Recht umsetzen. Ein Jahr später sollen sich die betroffenen Unternehmen daran halten müssen.
Wirtschaftsverbände übten Druck aus
Wirtschaftsverbände halten die Belastung durch das Lieferkettengesetz seit langem für zu hoch. Auf ihren Druck hin wurden zahlreiche Firmen von den Vorschriften ausgenommen. Das Gesetz soll nun für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten. Bisher war eine Schwelle bei 1.000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Umsatz vorgesehen.
Die betroffenen Firmen sollen zudem nicht mehr pauschal ihre gesamte Lieferkette überwachen müssen, sondern vor allem dort nachforschen, wo sie selbst ein hohes Risiko für Verstöße vermuten. Außerdem sollen sie sich auf Informationen verlassen, die bei ihren Lieferanten „annehmbarerweise verfügbar“ sind, also keine tiefere Recherche verlangen. Die Reform streicht zudem eine EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel sogar eine komplette Abschaffung der Richtlinie gefordert.
Mehrheit der Mitgliedsstaaten begrüßt Änderungen
Entschädigungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung hängen nun künftig von den Gerichten in den unterschiedlichen EU-Staaten ab. Bußgelder für Verstöße sollen maximal drei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens betragen. Der Rat der EU-Staaten muss den neuen Vorgaben noch zustimmen. Dies gilt aber als Formsache, nachdem eine Mehrheit der 27 Länder die Änderungen bereits grundsätzlich begrüßt hatte.
Die Initiative Lieferkettengesetz kritisierte den Beschluss aufs Schärfste. Mit dem Votum werde „das EU-Lieferkettengesetz, ein Meilenstein zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima, in wesentlichen Elementen entkernt, bevor es überhaupt in einem einzigen EU-Mitgliedsland umgesetzt werden konnte“. Es werde nur noch für einen Bruchteil der Großunternehmen gelten.
