Viele Mandanten sind überrascht, dass es in Deutschland effektive Möglichkeiten gibt, ein Strafverfahren ohne Schuldspruch und ohne Eintrag ins Führungszeugnis zu beenden. Die §§ 153 und 153a Strafprozessordnung (StPO) regeln die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit oder unter Auflagen und Weisungen.
Für Beschuldigte kann dies ein entscheidender Ausweg sein – vor allem dann, wenn die Beweislage unklar oder der Tatvorwurf weniger gravierend ist.
Dieser Beitrag erklärt verständlich:
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Wann eine Einstellung möglich ist
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Welche Voraussetzungen gelten
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Welche Vorteile und Risiken bestehen
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Wie Sie vorgehen sollten, um Ihre Chancen zu verbessern
Was bedeutet „Einstellung des Strafverfahrens“ überhaupt?
Wird ein Ermittlungsverfahren eingestellt, bedeutet das, dass die Staatsanwaltschaft von einer Anklage oder das Gericht von einem Schuldspruch absieht. Sie werden also nicht verurteilt – das Verfahren endet ohne Strafe und ohne Eintragung im Bundeszentralregister.
Bei einer Einstellung nach § 153a StPO müssen Sie bestimmte Auflagen oder Weisungen erfüllen – zum Beispiel Geld zahlen oder an einem Kurs teilnehmen. Erfüllen Sie diese, ist die Sache erledigt.
Einstellung nach § 153 StPO: Geringfügigkeit
Voraussetzungen:
- Der Tatvorwurf ist nur ein Vergehen (kein Verbrechen).
- Die Schuld ist als gering anzusehen.
- Es besteht kein öffentliches Interesse an der Verfolgung.
Beispiele:
Ablauf:
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Vor der Anklage kann die Staatsanwaltschaft einstellen.
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Nach Anklageerhebung entscheidet das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
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Sie brauchen dafür in der Regel keinen eigenen Antrag – ein erfahrener Strafverteidiger kann aber aktiv darauf hinwirken.
Vorteil:
Keine Strafe, kein Eintrag ins Führungszeugnis, schnelle Beendigung.
Nachteil:
Im Zivilrecht kann der Vorwurf weiterverfolgt werden (z. B. Schadensersatzansprüche).
Einstellung nach § 153a StPO: Auflagen und Weisungen
Wenn die Schuld nicht mehr als gering anzusehen ist, aber immer noch kein dringendes öffentliches Interesse besteht, kommt § 153a StPO in Betracht.
Hierbei wird das Verfahren vorläufig eingestellt – unter der Bedingung, dass Sie bestimmte Auflagen erfüllen.
Voraussetzungen:
- Vergehen (kein Verbrechen)
- Zustimmung des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und des Beschuldigten
- Auflagen sind geeignet, das öffentliche Interesse zu beseitigen
- Schwere der Schuld steht nicht entgegen
Typische Auflagen nach § 153a StPO:
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Zahlung einer Geldauflage an gemeinnützige Einrichtungen oder die Staatskasse
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Schadenswiedergutmachung
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Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs oder einer Therapie
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Unterhaltspflichten erfüllen
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Teilnahme am Täter-Opfer-Ausgleich
Wichtiger Hinweis:
Die Geldauflage wird nicht als Strafe gewertet – das Verfahren wird nach Erfüllung endgültig eingestellt.
Vorteile einer Einstellung nach § 153a StPO
- Kein Urteil, keine Verurteilung im klassischen Sinne
- Nach erfolgreichem Abschluss kein Eintrag im Führungszeugnis
- Keine öffentlichen weiteren Gerichtsverhandlungen
Häufige Fallkonstellationen
1. Ladendiebstahl Ersttäter:
Ein junger Mandant wird beim Diebstahl einer Kleinigkeit erwischt. Die Staatsanwaltschaft stellt nach Zahlung einer Geldauflage von 300 € ein.
2. Körperverletzung nach Streit:
Im Rahmen einer Auseinandersetzung kommt es zu einer leichten Körperverletzung. Nach Entschuldigung und Schadenswiedergutmachung Einstellung nach § 153a StPO.
3. Betrug bei Sozialleistungen:
Ein Betroffener gibt falsche Angaben beim Jobcenter an. Nach Zahlung einer höheren Geldauflage wird das Verfahren eingestellt.
Wie läuft der Ablauf konkret?
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Ermittlungsverfahren: Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen den Tatvorwurf.
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Verteidigung: Ein erfahrener Strafverteidiger kann frühzeitig mit der Staatsanwaltschaft in Kontakt treten.
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Antrag auf Einstellung: Der Verteidiger regt eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO an.
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Zustimmung: Staatsanwaltschaft und ggf. Gericht stimmen zu.
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Erfüllung der Auflagen (§ 153a): Zahlung oder andere Auflagen werden umgesetzt.
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Endgültige Einstellung: Keine weitere Strafverfolgung, Verfahren abgeschlossen.
Welche Rolle spielt der Verteidiger?
Ein spezialisierter Strafverteidiger kann entscheidend dazu beitragen, dass Sie von dieser Möglichkeit profitieren:
- Prüfung, ob Voraussetzungen vorliegen
- Aktive Verhandlung mit Staatsanwaltschaft
- Milderung der Auflagenhöhe
- Klärung, ob § 153 oder § 153a die bessere Option ist
- Absicherung, dass keine negativen Folgen drohen