Die geltende Gesetzgebung, in Übereinstimmung mit dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ), legt drei materielle Voraussetzungen für die Patentierbarkeit einer Erfindung fest: Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit.
Neuheit bedeutet, dass eine Erfindung nicht zum Stand der Technik gehört, der am Anmeldetag der Patentanmeldung existierte. Dieser Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die der Öffentlichkeit bis zu diesem Zeitpunkt zugänglich gemacht wurden.
Die Voraussetzung der erfinderischen Tätigkeit ist erfüllt, wenn die Erfindung für einen Fachmann nicht naheliegend aus dem Stand der Technik hervorgeht.
Die gewerbliche Anwendbarkeit ist gegeben, wenn der Gegenstand der Erfindung in irgendeinem industriellen Bereich hergestellt oder verwendet werden kann.
Wird eine dieser drei Bedingungen nicht erfüllt, führt dies entweder zur Zurückweisung der Patentanmeldung oder, wenn das Patent bereits erteilt wurde, zur Zurücknahme durch das rumänische Patentamt (OSIM) oder zur Nichtigerklärung durch das Gericht.
Den gleichen Effekt – nämlich die Zurückweisung der Patentanmeldung bzw. deren Rücknahme oder Nichtigerklärung – hat die Feststellung, dass die Erfindung in der Patentanmeldung nicht so klar und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Diese Anforderung an die Patentanmeldung findet sich in Art. 17 des Gesetzes Nr. 84/1991 sowie in Art. 83 EPÜ und ist als „ausreichende Offenbarung“ der Erfindung bekannt.
Nach der Praxis des Europäischen Patentamts (EPA) muss zur Erfüllung der ausreichenden Offenbarung in der Patentanmeldung mindestens eine detaillierte Beschreibung einer Ausführungsform der Erfindung enthalten sein.
Ein Einwand wegen unzureichender Offenbarung setzt ernsthafte Zweifel voraus, dass ein Fachmann in der Lage ist, die Erfindung nachzuvollziehen und umzusetzen.
Wie die Beschwerdekammer des EPA in der Entscheidung T 0500/20 festgestellt hat, ist der Maßstab für die ausreichende Offenbarung im Allgemeinen niedrig angesetzt und kann durch die Angabe eines einzigen Beispiels, das in den Schutzbereich der Ansprüche fällt, erfüllt werden.
In den meisten Fällen bestehen keine ernsthaften, auf überprüfbare Tatsachen gestützten Zweifel daran, dass ein Fachmann die Erfindung umsetzen kann.
Allerdings gibt es bei bestimmten Erfindungen, insbesondere im pharmazeutischen Bereich, ein erhöhtes Maß an Zweifel.
Beispielsweise bestehen große Zweifel daran, dass eine neue chemische Verbindung eine bestimmte Krankheit heilt – einfach deshalb, weil allgemein bekannt ist, dass die meisten chemischen Verbindungen dies nicht tun.
In solchen Fällen sind zusätzliche Nachweise erforderlich, um die Wahrscheinlichkeit zu belegen, dass die neue Verbindung die betreffende Krankheit heilt.
In diesem Zusammenhang hat sich in der EPA-Praxis das Konzept der „Plausibilität“ herausgebildet.
Plausibilität wird jedoch nicht nur bei der Prüfung der ausreichenden Offenbarung verwendet, sondern spielt auch in bestimmten Fällen eine Rolle bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, was mitunter zu Verwirrung führen kann.
Jedenfalls ist zu beachten, dass die Anwendung dieses Konzepts in der EPA-Praxis dem Zweck dient, auf ein höheres Maß an Zweifel bei bestimmten Erfindungstypen oder behaupteten technischen Wirkungen hinzuweisen.
Plausibilität ist kein eigenständiges rechtliches Kriterium und stellt somit keine selbstständige Patentierungsvoraussetzung dar, die ausdrücklich im EPÜ oder im rumänischen Gesetz verankert ist.
Beide fordern lediglich eine ausreichende Offenbarung der Erfindung, erwähnen jedoch nicht ausdrücklich die „Plausibilität“ als deren Bestandteil.
Nichtsdestotrotz wird Plausibilität in der EPA-Praxis in zwei spezifischen Situationen verwendet, vor allem bei pharmazeutischen Erfindungen:
Einerseits bei der Prüfung der ausreichenden Offenbarung bei medizinischen Verwendungsansprüchen und andererseits bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bei neuen Stoff- oder Produktansprüchen.
Plausibilität ist daher kein formaler Zurückweisungsgrund für eine Patentanmeldung und auch kein formaler Grund für die Rücknahme oder Nichtigerklärung eines Patents.
Vielmehr dient das Konzept in der Praxis der Beurteilung, ob ein behaupteter technischer Effekt – z. B. die Behandlung einer bestimmten Krankheit – für den Fachmann auf Basis der Patentanmeldung und des allgemeinen Fachwissens glaubwürdig erscheint.
Plausibilität stellt somit den Ausdruck eines höheren Maßes an Zweifel in Bezug auf bestimmte Erfindungen dar.
Je größer diese Zweifel sind, desto mehr Nachweise und Informationen muss der Anmelder bereitstellen, um das Patent zu erhalten.
Plausibilität ist also keine neue oder zusätzliche Patentierungsvoraussetzung, sondern lediglich ein Ausdruck der technischen Herausforderungen und der Komplexität bestimmter Erfindungskategorien.
Rechtsanwältin Cristina Neagu