Die Abmahnung ist ein zentrales Instrument im Arbeitsrecht – sie dient dazu, eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu rügen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, dass bei Wiederholung arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen können. Doch viele Arbeitgeber machen bei der Formulierung oder dem Vorgehen rund um die Abmahnung entscheidende Fehler – mit möglicherweise erheblichen rechtlichen Folgen:
1. Unklare oder pauschale Vorwürfe
Ein häufiger Fehler ist, dass die Abmahnung zu allgemein gehalten ist. Formulierungen wie „Sie haben sich mehrfach unpünktlich verhalten“ oder „Ihr Verhalten war nicht ordnungsgemäß“ reichen nicht aus. Eine wirksame Abmahnung muss den Verstoß konkret und nachvollziehbar benennen: Was genau ist passiert, wann, wo und in welcher Weise? Nur so kann der Arbeitnehmer sein Verhalten einschätzen und ggf. korrigieren.
2. Keine klare Androhung von Konsequenzen
Die Abmahnung ist nur dann wirksam, wenn sie nicht nur das Fehlverhalten rügt, sondern auch unmissverständlich klarstellt, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Schritte – insbesondere eine Kündigung – drohen. Fehlt diese Warnfunktion, handelt es sich eher um eine bloße Rüge, die keine kündigungsrechtliche Wirkung entfaltet.
3. Verzicht auf eine vorherige Anhörung
Zwar ist eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch einer Abmahnung gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, sie ist aber dringend zu empfehlen – gerade um Missverständnisse auszuräumen oder eine falsche Tatsachengrundlage zu vermeiden. Eine ungeprüfte Abmahnung kann im Streitfall schnell als unbegründet gelten.
4. Falsche oder veraltete Tatsachenbasis
Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass die Abmahnung auf einer fundierten und aktuellen Tatsachenbasis beruht. Wer einen Mitarbeiter auf Grundlage unvollständiger Informationen oder längst überholter Vorfälle abmahnt, riskiert nicht nur die Unwirksamkeit der Abmahnung – sondern beschädigt auch das Vertrauensverhältnis unnötig.
5. Zu langes Zuwarten
Auch wenn es keine gesetzliche Frist für Abmahnungen gibt, sollte diese zeitnah nach dem gerügten Verhalten erfolgen. Ein zu langes Zuwarten kann vom Arbeitnehmer als stillschweigende Duldung ausgelegt werden. Zudem sinkt die Beweiskraft mit zunehmendem zeitlichen Abstand.
6. Formfehler und mangelhafte Dokumentation
Auch wenn eine Abmahnung grundsätzlich formfrei ist (sie kann also auch mündlich erfolgen), sollte sie immer schriftlich erfolgen und ordentlich dokumentiert werden – auch zum Schutz des Arbeitgebers. Nur eine schriftliche Abmahnung mit konkreten Angaben lässt sich im Streitfall vor dem Arbeitsgericht belegen.
Fazit: Eine fehlerhafte Abmahnung kann im Ernstfall dazu führen, dass eine spätere Kündigung unwirksam ist. Arbeitgeber sollten deshalb sorgfältig vorgehen – idealerweise mit juristischer Unterstützung. Ich unterstütze Sie gerne bei der rechtssicheren Erstellung oder Prüfung von Abmahnungen und der strategischen Vorbereitung arbeitsrechtlicher Maßnahmen.
Ulli H. Boldt
Diplom-Betriebswirt
Rechtsanwalt