#Interview
Die Geschichte von VitrofluidiX beginnt in der „klassischen Startup-Garage“. „Entsprechend meines unorthodoxen Werdegangs war es oft schwer Leute zu überzeugen, dass man mit Anfang 20 bereits ein Laborgerät entwickelt haben kann“, sagt Gründer David Günter.

Das Kölner Startup VitrofluidiX, von David Günter und Carlotta Altringer gegründet, bietet ein Organ-on-a-Chip-Gerät. „Dabei verwendet man menschliche Zellen, die in eine Umgebung gebracht werden, wie sie im menschlichen Körper herrscht, mit Blutfluss, Atmung und Körpertemperatur. Diese Umgebung bietet der VitroFlow, sodass die Zellen sich verhalten wie in dem Gewebe aus dem sie stammen“, erklärt Gründer Günter das Konzept hinter VitrofluidiX.
Im Interview mit deutsche-startups.de stellt der VitrofluidiX-Macher sein Unternehmen einmal ganz genau vor.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Dein Startup erklären?
Stell dir vor, Medikamente könnten ohne Tierversuche entwickelt werden und die Medikamente die dir verschrieben werden sind speziell auf dich getestet. Das ermöglicht VitrofluidiX mit Organ-on-a-Chip (kurz OoC). Dabei verwendet man menschliche Zellen, die in eine Umgebung gebracht werden, wie sie im menschlichen Körper herrscht, mit Blutfluss, Atmung und Körpertemperatur. Diese Umgebung bietet der VitroFlow, sodass die Zellen sich verhalten wie in dem Gewebe aus dem sie stammen. Da die Daten, die Organ-on-a-Chip liefert, näher an den Menschen kommen als Tierversuche, überarbeiten Zulassungsbehörden wie die FDA gerade ihre Richtlinien, sodass OoC bald Tiere ersetzen kann und es teilweise sogar schon tut. Auch kann man mit der Technologie bspw. einer:m Patient:in eine Biopsie entnehmen, diese als OoC kultivieren und daran, im Schnellverfahren, testen, welches Medikament die beste Wirkung mit den geringsten Nebenwirkungen zeigt. So beschleunigt VitrofluidiX die Forschung, Medikamentenentwicklung und Patientenversorgung mit weniger Tierversuchen, schnelleren Experimenten, genaueren Ergebnissen und das alles bei geringeren Kosten.
Wie genau funktioniert Euer Geschäftsmodell?
VitrofluidiX erzeugt ein Ökosystem für Organ-on-a-Chip Experimente, mit dem VitroFlow als Kern, Partnerschaften aus Wissenschaft und Industrie in denen wir kundenspeziefische Lösungen wie bspw. neue Chips & Sensoren entwickeln, sowie ein breites Portfolio an Consumables für verschiedenste Anwendungen unserer Technologie. So ist VitrofluidiX der erste OoC One-Stop-Shop, der es den Nutzer:innen offen lässt, welche Anwendung sie konkret realisieren wollen. So bieten wir eine größtmögliche Adaptivität mit Blick auf Organ-Modell, Chip-Modell, Readout und Durchsatz der Anwender:innen.
Wie ist die Idee zu Vitrofluidix entstanden?
Mein Werdegang ist etwas unorthodox: Mit 14 habe ich im Rahmen des Projekts „Schüler-an-der-Uni“ angefangen Chemie an der Uni Köln zu studieren, mit 15 habe ich in die Biologie gewechselt, wo ich mit 16 Jahren ein Forschungsprojekt in der Ökologie bei Prof. em. Dr. Hartmut Arndt hatte. Hierbei habe ich meinen ersten mikrofluidischen Chip für ein Ecosystem-on-a-Chip entwickelt. Dabei ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass es sehr viele solcher mikrofluidischen Chips „von der Stange“ erhältlich gibt, aber kein einheitliches System um diese zu steuern. So entstand um 2018/2019 die Idee den VitroFlow zu entwickeln. Die ersten Prototypen entstanden damals in meiner Hobby-Werkstatt – also die klassische Startup-Garage. Carlotta und Peter waren dabei von der Idee ab Tag 1 begeistert und haben mich in der Entwicklung sehr unterstützt – Carlotta in den Bereichen Biologie und Businessdevelopment und Peter in den Bereichen Elektronik und Mechanik. So ist VitrofluidiX über die letzten Jahre zu einem sehr harmonischen Team von sechs Personen gewachsen, und deckt die Expertisen Biologie, Ingenieurswissenschaften und Betriebswirtschaft ab.
Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Entsprechend meines unorthodoxen Werdegangs war es zu Anfang oft schwer Leute zu überzeugen – weniger die Wissenschaftler:innen eher die Investor:innen -, dass man mit Anfang 20 bereits ein Laborgerät entwickelt haben kann. So wurde die anfängliche Finanzierung zu einer unerwarteten Herausforderung, da wir im Gegensatz zu vielen Startups in dem Bereich, bereits zur Pre-Seed einen funktionalen Prototypen hatten. Hier kam uns sozusagen die hiesige Haltung ungelegen, die eine Erfindung wie den VitroFlow erst nach dem PhD und mit ersten grauen Haaren für möglich hält. Dennoch haben wir uns davon nicht beirren lassen und konnten tolle Investoren für uns gewinnen, die sich von unserer tatsächlichen Expertise, unabhängig von Titeln und Anschlüssen, überzeugen ließen.
Welches Projekt steht demnächst ganz oben auf Eurer Agenda?
CE ist ein Siegel, dass zwar trivial wirkt, da es auf allem steht, was wir alltäglich benutzen, doch ist es mit einem extrem großen administrativen und technischen Aufwand verbunden, den kein Startup unterschätzen sollte. Entsprechend der Notwendigkeit der CE-Zertifizierung für unseren offiziellen Market-Launch, ist diese unser momentanes Projekt mit Prio 1 auf Seiten der Technik. Seitens der Biologie haben wir mehrere sehr spannende Projekte und Anträge am laufen, die uns neben den spannenden Ergebnissen auch immer wieder sehr darin bestätigen, dass der VitroFlow ein echter Game-Changer in der biomedizinischen Forschung ist. Ein weiterer Punkt, der bei uns sehr hohe Priorität hat, ist unsere Seed-Finanzierung, die wir bis Mai 2026 abschließen wollen. Hier sind wir sehr zuversichtlich, da uns von den gesuchten 2,3 Millionen Euro bereits rund 1 Million zugesagt wurden, aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Wo steht VitrofluidiX in einem Jahr?
Bis dahin ist unser Markteintritt für den VitroFlow.Bio längst realisiert, sodass wir mit der Entwicklung des VitroFlow.Expert – für höheren Durchsatz und auch prä-klinische Anwendungen – beginnen. Hierfür stellen wir einige neue Kolleg:innen ein und vertiefen unsere bestehenden Partnerschaften. So werden wir uns noch stärker im OoC-Markt etablieren. Das gesamte VitrofluidiX-Team sprudelt an Innovationen und Erfindungen auf Papier – In einem Jahr werden wir „endlich“ die nötige Finanzierung – aus Seed und Sales – und Wo:man-Power haben um diese zu realisieren.
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