Die Gründer von Pick’em wollen Zahnstocher zum Lifestyle-Produkt machen und dürften die Löwen vor allem mit ihrem ausgefallenen Marketing überzeugt haben.

Ihr Produkt seine „eine der ältesten Erfindungen der Menschheit, komplett neu gedacht“, sagt Co-Gründer Niklas Terrahe in die Kamera, bevor er und seine Mitgründer vor die Löwen treten. Die rätseln derweil, was sich hinter dem Slogan „Holz für die große Klappe“ wohl verbergen mag. Gerechnet haben sie mit dem, was ihnen wenige Minuten später bei „Die Höhle der Löwen“ präsentiert werden wird, wohl nicht. Denn tatsächlich hat das Startup der vier Anfang-20-jährigen Gründer ein – auf den ersten Blick – durchaus skurriles Produkt mitgebracht: Pick’em – Zahnstocher mit Geschmack.
Wozu, weshalb und warum, davon dürfen sich die Löwen dann auch selbst überzeugen, als Mitgründer Folkert Bowler als Stück Holz mit Spitzhut verkleidet hinter dem Bühnenbild hervorspringt und Zahnstocher mit Minz-Flavour unter den potenziellen Investoren verteilt. Fun Fact: Weil Bowler als Engländer kein Deutsch spricht, sei sein Auftritt bei DHDL nur möglich gewesen, weil das Team ihn als Requisite angemeldet hatte, erzählt CEO Niklas Terrahe im Gespräch mit Gründerszene. In der Sendung wird er den Zuschauern also als „Social-Media-Gesicht“ vorgestellt – ist eigentlich aber ein vollwertiges Mitglied des Gründer-Teams.
Löwen sind von Zahnstochern und Gründern begeistert
Besonders Judith Williams freut sich auf ihren Zahnstocher – sie habe nämlich tatsächlich etwas zwischen den Zähnen. Wie praktisch! Dafür sei der Zahnstocher aber gar nicht da, korrigiert sie Bowler. Vielmehr sei er zum drauf Herumkauen, Lutschen und als Geschmackserlebnis gedacht. Pick’em sei ein Lifestyle-Produkt, ergänzt sein Mitgründer Terrahe.
Und während sich der Zuschauer immer noch wundert, strahlen die Löwen. „Wirklich unglaublich“, sei dieser Zahnstocher, sagt der häufig begeisterte Ralf Dümmel. „Really good!“, erklärt Judith Williams, „really fresh“, findet Dagmar Wöhrl.
Am Ende werden sie alle investieren wollen – sogar Tech-Investor Carsten Maschmeyer. Überzeugt haben dürften die jungen Gründer die Löwen aber vor allem mit ihrem Verkaufstalent. Gleich zu Beginn ihres Auftritts hatten sie den Löwen eine beeindruckende Zahl um die Ohren gehauen: mehr als 150 Millionen Views hätten sie inzwischen auf Tiktok mit ihrem Pick’em-Account. „Wow“, findet Carsten Maschmeyer. Im Anschluss präsentieren sie dann noch zwei ihrer erfolgreichsten Tiktok-Videos, in denen sie Persönlichkeiten wie den US-Rapper Mecklemore (mitten während einem seiner Konzerte wohlgemerkt) Zahnstocher ausprobieren ließen. Schnell machen sie so deutlich: Für uns ist alles möglich und nichts zu groß gedacht. Das dürfte den Löwen imponiert haben.
Und so entsteht eine Art Löwen-Duell: Dagmar Wöhrl und Ralf Dümmel bieten jeweils an, was vom Gründerteam gefordert wird: 200.000 Euro für 15 Prozent der Anteile. Und Williams, Maschmeyer und Nils Glagau schließen sich zusammen und bieten schließlich 50.000 Euro mehr, wollen dafür aber insgesamt 20 Prozent. Nach einigem Hin und Her – Maschmeyer wird schon langsam stinkig – treffen sich die Gründer und das Löwen-Trio bei 17,5 Prozent für 250.000 Euro.
Was passierte nach DHDL?
Von der Aufnahme der Sendung bis zur Ausstrahlung ist inzwischen knapp ein Jahr vergangen. Nach der Sendung habe sich das Gründer-Team, das sich an der Berliner-Gründer-Uni Code kennengelernt hatte, „für Team Judith entschieden“, wie Terrahe im Gespräch mit Gründerszene sagt. Letztendlich investiert hat also nur Williams. Sie habe auch „den ganzen Betrag übernommen“, sagt der Pick’em-CEO. Ziel sei es nun, den deutschen Markt zu erschließen. Dabei könne Williams und ihr Team optimal unterstützen.
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Bisher hatte sich Pick’em nämlich vor allem auf den US-amerikanischen und britischen Markt konzentriert – und das aus gutem Grund. Die Gründer wollen Zahnstocher zum neuen, coolen Accessoire von jungen Menschen machen. Und Lifestyle-Kultur entstehe eben eher in den USA, als in de Deutschland. „Wir wollen erst einen Hype kreieren“, sagt Terrahe, der vor Pick’em bereits zwei Climate-Tech-Startups gegründet und verkauft hatte.
Dabei waren sie im vergangenen Jahr offenbar recht erfolgreich. Inzwischen mache Pick’em in einem Monat mehrfach so viel Umsatz, wie zur Zeit der DHDL-Aufnahme in einem Jahr. Zudem habe das Startup weitere namhafte Investoren überzeugen können. Darunter More Nutrition-Gründer Christian Wolf und einen Ex-CMO von Tiktok.
Bleibt die Frage, warum um alles in der Welt, sich die Gründer ausgerechnet für Zahnstocher entschieden haben. Terrahe lacht: Sie hätten was im Consumer-Bereich gründen wollen, sagt er. Deshalb hätten sie gezielt nach Marken recherchiert, die es geschafft haben, aus einfachen, gewöhnlichen Dingen, etwas Cooles (andere würden sagen: aus Scheiße, Gold) zu machen. So seien sie erst auf Kaugummis gekommen – aber dieser Markt sei „ziemlich tot“ – und dann bei Zahnstochern gelandet. Und irgendwie ist das ja auch mal was Neues.