Internationale Erbfälle in der EU: Vermögen in Italien, letzter Wohnsitz in Deutschland – wer erbt was?
Europäische Erbrechtsverordnung – welches Recht gilt?
Bei grenzüberschreitenden Erbfällen innerhalb der EU gilt die Europäische Erbrechtsverordnung (EU 650/2012).
Diese bestimmt in Art. 21: Das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, ist maßgeblich.
📌 Das bedeutet z. B.:
War der letzte Wohnsitz des Erblassers in Deutschland, gilt deutsches Erbrecht – auch für Immobilien, Konten oder Vermögen im EU-Ausland, z. B. in Italien.
Was viele nicht wissen: Ehegüterrecht bleibt unberührt
Das Erbrecht (z. B. Erbquoten, Pflichtteilsrechte) richtet sich nach dem Wohnsitz des Verstorbenen.
Das Ehegüterrecht hingegen (also: Was gehört wem in der Ehe?) bleibt vom jeweiligen ursprünglichen Ehe-Güterstand abhängig.
In Italien gilt – wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde – der gesetzliche Güterstand der „Gütergemeinschaft“ (comunione legale dei beni).
➡️ Alles, was während der Ehe gemeinsam erworben wurde, gehört beiden Ehepartnern je zur Hälfte.
Beispiel: Immobilie oder Konto in Italien
Selbst wenn eine Immobilie in Italien nur auf den Namen eines Ehegatten eingetragen ist, kann sie automatisch zur Hälfte beiden Ehepartnern gehören, wenn sie während der Ehe angeschafft wurde.
➡️ Dieser 1⁄2-Anteil fällt nicht in den Nachlass, sondern bleibt Eigentum des überlebenden Ehegatten.
Das gilt auch für Konten, wenn sie aus gemeinsamem Einkommen gespeist wurden.
Auswirkungen auf den Nachlass
Wird z. B. deutsches Erbrecht angewendet (Wohnsitz in Deutschland), gelten folgende Quoten bei gesetzlicher Erbfolge (§§ 1924, 1931 BGB):
Erbin/Erbe | Anteil am Nachlass |
---|---|
Ehefrau | 1⁄4 |
Kind 1 | 3⁄8 |
Kind 2 | 3⁄8 |
Wichtig: Diese Quoten beziehen sich nur auf das tatsächliche Nachlassvermögen, d. h. nach Abzug des ehelichen Miteigentums.
Europäisches Nachlasszeugnis – was steht drin?
Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) wird vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt. Es enthält:
Aber:
❌ Keine Angaben zu konkreten Vermögenswerten (z. B. Bankguthaben, Immobilien)
❌ Keine Klärung von Eigentumsverhältnissen innerhalb der Ehe
➡️ Es liegt an den Beteiligten, das Gericht über solche Besonderheiten zu informieren.
Empfehlungen für Ehepartner und Erben
✅ Prüfen Sie, ob Vermögen (z. B. Immobilien, Konten) tatsächlich allein dem Verstorbenen gehörte
✅ Reichen Sie Nachweise ein, wenn Sie als Ehepartner Miteigentümer sind
✅ Lassen Sie im Ausland ggf. einen Notar feststellen, dass ein Vermögenswert bereits zu 1⁄2 Ihnen gehört
✅ Achten Sie auf die korrekte Erfassung der Kinderanzahl und Erbquoten im ENZ
✅ Legen Sie bei falschen Angaben im ENZ Widerspruch ein
Fazit: Nicht alles, was auf den Verstorbenen lief, gehört zum Nachlass
In binationalen Ehen (z. B. deutsch-italienisch) ist die Kombination aus deutschem Erbrecht und italienischem Güterrecht komplex, aber rechtlich geregelt:
Die Erbquote berechnet sich nach deutschem Recht – aber die Eigentumsverhältnisse hängen vom Güterstand ab.
➡️ Der überlebende Ehepartner kann dadurch zusätzliche Ansprüche haben, die über das Erbe hinausgehen.