Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal deutlich stärker gewachsen als zunächst geschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 0,4 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Zunächst hatte die Behörde ein Plus von 0,2 Prozent errechnet.
Grund für das gegenüber der ersten Schätzung leicht höhere Wachstum war die überraschend gute konjunkturelle Entwicklung im März, wie Destatis-Chefin Ruth Brand weiter mitteilte. Vor allem die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe sowie die Exporte entwickelten sich demnach besser als zunächst angenommen. Besonders die Exporte, etwa von Autos und Arzneien, stützten im ersten Quartal die Wirtschaft. „Vorzieheffekte im schwelenden Handelskonflikt mit den USA dürften daher zu der positiven Entwicklung beigetragen haben“, schrieben die Statistiker.
Der Handel mit dem Ausland nahm bereinigt kräftig zu: 3,2 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen wurden im Vergleich zum verhaltenen Schlussquartal 2024 exportiert. Auch die privaten Konsumausgaben zogen stärker an als noch in den Vorquartalen (+0,5 Prozent).
Stärker gewachsen als im ersten Quartal war das BIP zuletzt im dritten Quartal 2022: Damals gab es ein Plus von 0,6 Prozent.
Zuletzt hatten sich die positiven Nachrichten zur deutschen Wirtschaft gemehrt. In der Industrie sorgen steigende Auftragszahlen für etwas mehr Zuversicht und die Stimmung in der Wirtschaft hellt sich auf: Im Mai stieg der Ifo-Index den fünften Monat in Folge. Nach Einschätzung von Ifo-Präsident Clemens Fuest fasst die deutsche Wirtschaft langsam wieder Tritt.
Den zarten Aufschwung zu Jahresbeginn hatten viele Ökonomen erwartet. Doch auch wenn das Wachstum nun höher ausfiel als gedacht, stehen die Zeichen wohl noch nicht auf Aufschwung: Laut der Bundesbank wird die Wirtschaft als Folge der US-Zollpolitik im laufenden zweiten Quartal in etwa stagnieren. Die Wirtschaftsweisen rechnen damit, dass die Konjunktur auch im Gesamtjahr nicht in Gang kommt. Das Ifo-Institut ist etwas optimistischer und erwartet 2025 immerhin eine leicht positive Wachstumsrate.
Zwar hat Trump manche Aufschläge auf Importe in die USA vorerst ausgesetzt. Doch mit dem allgemeinen Basiszoll von zehn Prozent bleibt das Niveau hoch, zudem haben die USA Einfuhren etwa von Autos und Stahl verteuert.
Hoffnung auf Reformen und Lösung im Zollstreit
Eine Entspannung im Zollstreit mit den USA und Reformen könnte die Wirtschaft zudem in Schwung bringen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sah zuletzt nach Gesprächen im Kreis der sieben großen Industriestaaten (G 7) positive Signale im Zollstreit.
Die Wirtschaft setzt darüber hinaus auf Reformen der neuen Bundesregierung. Das Bundeskabinett wird nach Worten von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bis Mitte Juli ein erstes Entlastungspaket für Unternehmen auf den Weg bringen. Enthalten sein sollen demnach eine Senkung der Stromsteuer und erste Arbeitsmarktreformen.