Die deutschen Autobauer verdienen so wenig wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Experten sprechen von einem „perfekten Sturm“ für die deutsche Autoindustrie. Entspannung ist auch 2026 nicht in Sicht.
Die deutschen Autobauer standen zuletzt so stark unter Druck wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Zwar blieben Absatz und Umsatz von Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weitgehend stabil. Der operative Gewinn (Ebit) der Hersteller brach aber um knapp 76 Prozent ein auf insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro – und erreichte damit den niedrigsten Wert seit dem dritten Quartal 2009. Das geht aus einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervor.
Kein anderes großes Autoland schnitt demnach so schwach ab wie Deutschland. Zum Vergleich: Die japanischen Hersteller verzeichneten im gleichen Zeitraum ein Minus von gut 29 Prozent beim Ebit, die Hersteller in den USA und China büßten jeweils knapp 14 Prozent ein.
Experte: „Perfekter Sturm“ für die deutsche Autoindustrie
„Die weltweite Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise – allerdings sind es zurzeit die deutschen Autokonzerne, die besonders stark leiden“, kommentierte EY-Autoexperte Constantin Gall die Zahlen.
Gründe seien die schwache Nachfrage nach teuren Premiumautos, US-Zölle sowie ungünstige Wechselkurse – dazu hohe Kosten für den Umbau der Konzerne und Investitionen in Elektroautos. „All das sorgt aktuell für einen perfekten Sturm, gerade für die deutschen Autobauer“.
Stellenabbau für mehr Wettbewerbsfähigkeit?
In der deutschen Autoindustrie hat zuletzt eine ganze Reihe von Unternehmen Jobabbauprogramme angekündigt, die noch über eine längere Zeit laufen. Dazu gehören Branchengrößen wie Bosch, ZF Friedrichshafen, Mercedes-Benz und der Volkswagen-Konzern mit seinen verschiedenen Marken. Die Zulieferer waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts zuletzt stärker vom Abbau von Stellen betroffen als die Autohersteller.
„Der aktuelle Personalabbau vor allem am Standort Deutschland ist mit hohen Einmalkosten verbunden, dürfte aber auf mittlere Sicht die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen“, ist EY-Experte Gall überzeugt.
Zerstörte E-Auto-Hoffnungen
Auch die strategische Neuausrichtung, also das längere Festhalten an der Verbrenner-Technologie, koste zwar zunächst sehr viel Geld – dürfte sich aber auszahlen, betont Gall. Denn die Hoffnungen auf einen schnellen Hochlauf der Elektromobilität hätten sich nicht annähernd erfüllt, die ganz große Mehrheit der Autokäufer greife weiterhin zum Verbrenner – zumeist mit Hybrid-Technologie.
Große Probleme haben die deutschen Autokonzerne auf dem weltgrößten Automarkt China. Die Verkäufe der Hersteller aus der Bundesrepublik gingen dort im dritten Quartal um neun Prozent zurück. Vor allem bei Stromern hatten einheimische Marken die Nase vorn – und Marken westlicher Autokonzerne das Nachsehen.
Dudenhöffer: Deutsche Autoindustrie vor weiterem Stellenabbau
Eine Besserung scheint nicht in Sicht. Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer wird die deutsche Autoproduktion auch im kommenden Jahr schrumpfen. Die Zahl der Beschäftigten in den deutschen Autofabriken könnte von derzeit rund 720.000 Menschen auf deutlich weniger als 700.000 zurückgehen, so der Direktor des privaten Centers Automotive Research (CAR) in Bochum. Für 2027 gehe er von 650.000 Beschäftigten aus.
Im internationalen Vergleich spielten die Deutschen und mit ihnen ganz Europa eine immer kleinere Rolle. „Das Wachstum findet in Asien statt und die asiatischen Autobauer – Japan, Korea und China – dominieren immer stärker das Autogeschäft.“
