Wer Social Media aktiv nutzt, ist gut beraten, mit dem Betreiber der Plattform Absprachen darüber zu treffen, wer das Nutzerkonto nach dem Tod mit welchen Daten weiter uneingeschränkt betreiben darf. Dies vor allem dann, wenn die Nutzung des Social-Media-Accounts mit erheblichen wirtschaftlichen Interessen verbunden ist. Denn trotz des sogenannten Facebook-Urteils des Bundesgerichtshofs von 2018 (siehe hierzu mein Beitrag Erbrecht und digitales Zeitalter: Wie Sie sicherstellen, dass Ihr digitaler Nachlass in Ihrem Sinn behandelt wird) bereiten so manche Netzwerkbetreiber den Angehörigen bzw. den Erben verstorbener Nutzer nach wie vor große Schwierigkeiten, und zwar auch dann, wenn diese im Besitz der Zugangsdaten des Erblassers sind.
Der Sachverhalt
Der Erblasser genoss eine große mediale Aufmerksamkeit und als Instagram-Nutzer hatte er eine Menge Follower.
Nach seinem plötzlichen Tod wurde er von seiner Ehefrau beerbt. Zusammen mit den gemeinsamen Kindern hatte die Erbin den Account noch eine Weile aktiv betreiben können. Als Instagram von dem Tod des prominenten Nutzers erfahren hatte, wurde dessen Account allerdings in einen sogenannten „Gedenkzustand“ versetzt: Das Konto blieb zwar bestehen, es war aber nicht mehr möglich, sich mit den Zugangsdaten des Erblassers darin einzuloggen.
Die Ehefrau verklagte Instagram, ihr uneingeschränkten aktiven wie passiven Zugang zum dem Nutzerkonto des Erblassers zu gewähren. Das Verfahren zog sich durch zwei Instanzen; vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg bekam die Ehefrau schließlich uneingeschränkt Recht.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg
Das OLG stellte klar, dass die Ehefrau als alleinige Erben umfassend in die Rechtsposition des Erblassers eingetreten sei und damit einen Anspruch auf vollständigen Zugang zu dem Nutzerkonto habe. Es wies alle Einwände von Instagram hiergegen zurück:
Bei dem Vertragsverhältnis zwischen dem Erblasser und Instagram handele es sich nicht um ein solches, das auf den Erblasser persönlich zugeschnitten gewesen und daher unvererblich sei. Denn die Leistungen von Instagram seien nur technischer und nicht höchstpersönlicher Natur. Das gelte umso mehr, als Instagram dem Erblasser eine Vertretung bei der Eröffnung eines Accounts gestattet habe.
Es sei, so das OLG, auch nicht ersichtlich, dass die Leistungen oder Verpflichtungen der Ehefrau bei einer aktiven Nutzung des Accounts anders seien als die des Erblassers, selbst wenn die Ehefrau eine sehr viel geringere mediale Aufmerksamkeit genieße und als Kundin aus Sicht von Instagram daher weniger interessant sei als der Erblasser.
Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers sei durch die Nutzung seines Accounts durch die Ehefrau nicht verletzt, ebenso wenig wie das Fernmeldegeheimnis oder entgegenstehende Datenschutzinteressen Dritter: Die Gefahr, dass es für Kommunikationspartner möglicherweise nicht erkennbar sei, dass es einen Wechsel in der Person des Kontoinhabers gegeben habe, sei nicht gegeben angesichts der von der Ehefrau geposteten Inhalte und angesichts der Überschrift des Accounts “Remembering A.W./Mr. B., Honoring the memory of A.W.“
(OLG Oldenburg, Urteil v. 30.12.2024, Az. 13 U 116/23)
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