Werden Nutzer:innen des kostenlosen Girokontos bei der Postbank zu gläsernen Kund:innen? Ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) legt diesen Verdacht nahe. In den „Sonderbedingungen“ sichert sich die Bank umfassende Rechte zur Datenverarbeitung. Zudem plant sie, das kostenlose Konto durch intensive Werbung zu finanzieren – nicht nur für eigene Produkte, sondern auch für Partnerunternehmen.
Umfangreiche Datennutzung und Werbeflut
Laut den AGB greift die Postbank auf die Transaktionsdaten der letzten 36 Monate zu und nutzt die Daten, um ihre Werbung zu optimieren. Ausgewertet werden neben Kontoumsätzen insbesondere Verwendungszwecke oder Angaben zum Zahlungsempfänger. Die Leistung sei “ein Vertragsbestandteil und daher nicht innerhalb des Kontomodells abwählbar”, heißt es in den Geschäftsbedingungen. Kund:innen können sich dieser Analyse also nur entziehen, wenn sie auf ein (nicht kostenfreies) Kontomodell wechseln oder zu einer anderen Bank gehen.
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Die Postbank kategorisiert die Transaktionsdaten und richtet ihre Werbung danach aus. „Ergibt sich aus der Analyse, dass eine Kategorie bei Ihnen zutrifft (z. B. „Eingang Kindergeld“), empfiehlt die Bank passende Produkte der Bank und ihrer Partner“, heißt es in den AGB. Auch das Surfverhalten wird analysiert und als Grundlage für Angebote genutzt.
Dass die Postbank die Daten zu durchaus umfangreichen Werbekampagnen nutzen will, ergibt sich ebenfalls aus den Geschäftsbedingungen. Sie behält sich das Recht auf „maximal 20 Anrufversuche“ im Monat vor. Auch per Brief, Mail oder Newsletter darf die Bank für sich oder „Kooperations– sowie Drittpartner“ werben – „ohne Anlass“ und bis zu dreimal täglich. Ob Nutzer die Mails erhalten und lesen, wird ebenfalls ausgewertet. Abmelden kann man sich von der Werbeflut nicht. Über die umfangreichen Datennutzungs- und Werberechte hatte der Blog “Finanz-Szene” als Erster berichtet.
Verbraucherschützer prüfen rechtliche Schritte
Angesichts dieser weitreichender Klauseln drängt sich die Frage auf: Dürfen die das? Vieles spricht dafür, dass eine differenziertere Umgang mit den Daten nötig ist. Zumal die Postbank auch Informationen von Zahlungsempfängern verarbeitet – ohne deren ausdrückliche Einwilligung.
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden–Württemberg sieht das Angebot jedenfalls kritisch: „Bei diesem Kontomodell stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es überhaupt in Einklang zu bringen ist mit den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen“, sagt der Verbraucherschützer.
Zahlungsauslösedienste dürfen Daten nämlich nur dafür nutzen, speichern oder darauf zugreifen, um genau den Zahlungsauftrag auszuführen, den der Nutzer ausdrücklich gewünscht hat – und nicht für andere Zwecke. „Außerdem stellt sich die Frage, ob für eine derart weitreichende Datennutzung nicht eine gesonderte ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers erforderlich ist“, sagt Nauhauser. Die Verbraucherzentrale prüft daher gerade rechtliche Schritte gegen die Postbank.
Kostenlos – nur unter Bedingungen
Das kostenlose Kontomodell „Postbank Giro pur“ hat die Postbank erst im Februar eingeführt. Sie will damit vor allem neue junge Kunden gewinnen, die ihre Bankgeschäfte online erledigen. Das Konto kann ausschließlich online eröffnet und verwaltet werden.
Gratis ist es allerdings nur, wenn monatlich mindestens 900 Euro eingehen. Fällt der Geldeingang unter diese Marke, zahlen Kund:innen eine Gebühr von 5,90 Euro im Monat. Außerdem müssen die alltäglichen Bankgeschäfte, also etwa Überweisungen, online erfolgen. Umbuchungen innerhalb der Deutschen-Bank-Gruppe werden dabei laut Vebraucherschützer Nauhauser nicht als ”Geldeingang” gewertet.
Das neue Kontomodell ist Teil der Digitalisierungsinitiative des Postbank, während die Zahl der Filialen von 550 auf 320 schrumpft. So soll das Privatkundengeschäft unterm Strich profitabler werden.
Bereits die Werbung für das Konto als „kostenlos“ könnte möglicherweise irreführend sein, meint Verbraucherschützer Nauhauser – schließlich zahlt man hier mit seinen Daten.