Anfang April 2025 veröffentlichte das russische Justizministerium einen Jahresbericht 2025 über Tätigkeit des Rates für Vervollkommnung der Schiedsgerichtsbarkeit [Sowjet po sowerschenstwowaniju tretejskogo rasbiratel’stwa; „Schiedsrat“].
Vgl. https://minjust.gov.ru/ru/pages/otchety-o-deyatelnosti-soveta-po-sovershenstvovaniyu-tretejskogo-razbiratelstva/
Der Schiedsrat wurde infolge der russischen Schiedsreform 2015 als eine besondere Abteilung des Justizministeriums gegründet. Er ist für Empfehlungen von Lizenzerteilung – betreffend Ausübung von Funktionen einer ständigen Schiedsinstitution [russ. – PDAU] – in Russland zuständig.
Derzeit sind 7 lokale ständige Schiedsinstitutionen in Russland tätig:
1. das Internationale Handelsschiedsgericht bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation [russ. – MKAS], einschließlich 27 regionale Abteilungen;
2. die Seeschiedskommission bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation [MKA];
3. das Russische Schiedszentrum beim Russischen Institut für moderne Schiedsgerichtsbarkeit [RAZ];
4. das Schiedszentrum bei der Russischen Union der Industriellen und Unternehmer [AZ pri RSPP];
5. die Schiedsinstitution bei der Union von Maschinenbauern Russlands;
6. das Schiedszentrum beim Russischen Institut für Entwicklung von Schiedsgerichtsbarkeit im Brennstoff- und Energiekomplex; und
7. das Nationale Zentrum für Sportschiedsgerichtsbarkeit bei der Sportsschiedskammer.
Im Vergleich mit dem Vorjahr 2023 (2.249 Sachen) erhöhte sich die Gesamtanzahl der angenommenen Schiedssachen um 29% bis auf 2.905 Sachen.
Die Anzahl von internationalen Streitigkeiten ist im Jahre 2024 von 284 bis auf 303 Schiedsklagen gestiegen.
Mit 215 internationalen Schiedssachen – oder 80% – begibt MKAS den ersten Platz und das erst 2016 gegründete RAZ mit 37 internationalen Schiedssachen den zweiten Platz.
Ungeachtet der Sanktionen bleiben die Anteile von Sachen mit Beteiligung von Parteien aus den GUS-Ländern – 30,4% – und Europa – 29,6% – relativ gleich.
Mit 12 Sachen begeben die Parteien aus Deutschland die am stärksten vertretene europäische Nation und den siebten Platz nach Türkei (28 Sachen), China (26), Vereinigten Arabischen Emiraten (17), Usbekistan (15) und Kasachstan (14). Den deutschen Parteien folgen die Parteien aus Italien (11 Sachen).
Am häufigsten wurden die Schiedsverfahren mit einem minimalen Streitwert i.H.v. bis USD 200.000 – 56,8% – verhandelt. Ihnen folgen 21,8% Streitigkeiten mit Streitwert von USD 200.000 bis 1 Mln., 15,2% mit Streitwert von USD 1 bis 10 Mln. und 6,2% – über USD 10 Mln.
Wie in den Vorjahren bleibt die Anzahl von Sportschiedssachen (24 Klagen) und gesellschaftsrechtlichen Schiedssachen (2 Klagen) niedrig.
Interessanterweise dienten Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGeS), die die Deutsche Schiedsinstitution für Schiedsgerichtsbarkeit am 15.9.2009 bestätigte, als Modellwerk für den zwingenden Art. 45(8) des russischen Schiedsgesetzes vom 29.12.2015. Im Vergleich zu Deutschland besteht somit noch keine innerhalb Russlands etablierte Praxis des Schiedsrechts im Bereich des Gesellschaftsrechts.
Ausländische Schiedsrichter wurden nicht nur für Verfahren vor dem MKAS, sondern auch vor dem RAZ bestellt.
Die Schiedsinstitution bei der Union von Maschinenbauern Russlands wird mit 1.022 Sachen am häufigsten für Beilegung von internen russischen Schiedsstreitigkeiten bestellt.
Im Vergleich zu westeuropäischen Schiedssprüchen aus den sog. „nicht freundschaftlichen Jurisdiktionen“, deren Vollstreckung in den letzten 3 Jahren in Russland oft mit Verweis auf Verstoss gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) versagt wird, werden Schiedssprüche russischer Schiedsinstitutionen – auch zugunsten europäischer Gläubiger – relativ leicht und nahezu in 100% Fällen in Russland als vollstreckbar erklärt.
Dessen ungeachtet folgen die russischen Parteien mit 23 Sachen irgendwie wie vorher unmittelbar den Parteien aus Schweden (280 Sachen) – so die schwedische SCC-Statistik für 2024 https://sccarbitrationinstitute.se/en/statistics-2024/.