Fallstricke, rechtliche Grenzen und klare Empfehlungen aus der Praxis
von Nina Ettl, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht in Würzburg
Das sogenannte Stammkapital bildet die finanzielle Basis einer GmbH und wirft gerade bei Gründerinnen und Gründern viele Fragen auf: Wie flexibel darf man darüber verfügen? Welche Verwendungen sind zulässig – und welche rechtlich heikel? Und wie verhält es sich mit Darlehen innerhalb der Unternehmensstruktur?
In diesem Beitrag zeige ich, worauf Geschäftsführer Gesellschafter bei der Verwendung des Stammkapitals achten sollten.
1. Nutzung des Stammkapitals – was ist zulässig?
Grundsätzlich darf das Stammkapital für betriebliche Zwecke eingesetzt werden. Es handelt sich nicht um einen unantastbaren „Sicherheitsfonds“, der dauerhaft auf dem Geschäftskonto verbleiben muss. Vielmehr kann die GmbH mit den Mitteln ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen – etwa Investitionen tätigen oder laufende Kosten begleichen.
Wichtig:
Unzulässig ist die Rückzahlung des Kapitals an Gesellschafter, sofern keine rechtlich wirksame Gegenleistung oder ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch besteht. Solche Auszahlungen verstoßen gegen die Kapitalerhaltungspflicht (§ 30 GmbHG) – mit gravierenden Folgen, insbesondere bei Insolvenz.
2. Gesetzliche Grundlage: Kapitalerhalt in der GmbH
Die Kapitalerhaltung ist gesetzlich streng geregelt. § 30 Abs. 1 GmbHG bestimmt:
„Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen darf an Gesellschafter nicht ausgezahlt werden.“
Diese Regel schützt Gläubigerinteressen und dient der finanziellen Stabilität der Gesellschaft. Werden unzulässige Auszahlungen vorgenommen oder das Kapital unrechtmäßig abgeschmolzen, drohen Haftungsrisiken – sowohl für die Geschäftsleitung als auch für die Gesellschafter, deren Einlage als nicht vollständig geleistet gelten kann.
3. Achtung bei Sachgeschäften mit Gesellschaftern
Ein häufig unterschätztes Risiko besteht dann, wenn das Stammkapital für den Ankauf von Vermögensgegenständen durch die GmbH von einem Gesellschafter verwendet wird – etwa Maschinen, Fahrzeuge oder sonstige Leistungen. Erfolgt diese Transaktion zeitnah zur Gründung, kann sie als verdeckte Sacheinlage gewertet werden.
In solchen Fällen unterstellt die Rechtsprechung, dass der eingebrachte Gegenstand von Anfang an als Sachwert zur Kapitalaufbringung gedacht war – jedoch formal nicht als solcher deklariert wurde. Die Folge: Die Bareinlage gilt als nicht erbracht und muss nachträglich ausgeglichen werden – oft mit erheblichen finanziellen Konsequenzen.
Ähnlich kritisch sind Verrechnungen mit bestehenden Forderungen des Gesellschafters gegenüber der GmbH. Auch hier kann der Einlagezweck unterlaufen werden.
4. Interne Darlehen: kritisch bei Gesellschaftern und verbundenen Gesellschaften
Die Weitergabe des Stammkapitals als Darlehen – sei es an einen Gesellschafter oder eine verbundene GmbH & Co. KG – ist mit besonderer Vorsicht zu betrachten.
➤ Darlehen an Gesellschafter
Zahlungen an Gesellschafter in Form eines Darlehens sind nur unter strengen Bedingungen zulässig. Entscheidend ist:
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Das Darlehen muss jederzeit rückforderbar sein.
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Der Gesellschafter muss bonitätsstark und zur Rückzahlung fähig sein.
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Es darf kein Zusammenhang mit der Einlagezahlung bestehen – andernfalls droht die Annahme einer Einlagenrückgewähr oder verdeckten Sacheinlage.
Die Gerichte bewerten solche Gestaltungen äußerst kritisch. Bereits eine zeitliche Nähe zur Einlageleistung kann zur Folge haben, dass die Einzahlung als nicht erbracht gewertet wird – mit der Konsequenz, dass sie nachgeholt werden muss.
➤ Darlehen an eine GmbH & Co. KG
Wird das Stammkapital an eine GmbH & Co. KG weitergeleitet, an der die GmbH-Gesellschafter ebenfalls beteiligt sind, sind die Hürden nochmals höher. Laut Rechtsprechung (u. a. OLG Schleswig) ist eine solche Gestaltung nur zulässig, wenn:
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die Mittelverwendung offen gegenüber dem Handelsregister deklariert wurde,
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die Rückzahlung jederzeit möglich und gesichert ist,
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der Rückzahlungsanspruch wirtschaftlich werthaltig ist.
In der Praxis ist das selten realisierbar – gerade bei neugegründeten Gesellschaften fehlt es oft an Bonität und Rückzahlungsfähigkeit. Im Ernstfall haften die Beteiligten persönlich.
5. Rechtliche Einschätzung & Handlungsempfehlung
Obwohl das Stammkapital durchaus für betriebliche Zwecke eingesetzt werden darf, ist bei Zahlungen an Gesellschafter oder verbundene Gesellschaften äußerste Vorsicht geboten. Wer hier Fehler macht – ob bewusst oder aus Unwissenheit – riskiert nicht nur die Anerkennung der Einlage, sondern auch persönliche Haftung.
Unser Rat aus anwaltlicher Sicht:
Lassen Sie geplante Darlehen oder sonstige Transaktionen mit Gesellschaftern frühzeitig rechtlich prüfen. So vermeiden Sie spätere Auseinandersetzungen mit dem Registergericht, der Finanzverwaltung oder – im schlimmsten Fall – dem Insolvenzverwalter.
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