Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung: Menschen wechseln heute häufiger denn je ihre Stelle. Was dabei oft übersehen wird, ist eine scheinbar harmlose, aber rechtlich heikle Praxis: Darf der neue Arbeitgeber eigentlich beim alten anrufen, um sich nach dem neuen Mitarbeiter zu erkundigen? Die Antwort darauf ist komplexer, als viele denken – und kann unter Umständen sogar teuer werden.
Recherchen im Hintergrund – rechtlich erlaubt?
Ein kurzer Anruf beim vorherigen Arbeitgeber, um sich ein Bild vom neuen Mitarbeiter zu machen: In der Personalpraxis kommt das häufiger vor, als viele zugeben würden. Doch rechtlich bewegt man sich hier auf dünnem Eis. Der Datenschutz setzt enge Grenzen. Laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist die Weitergabe oder das Einholen personenbezogener Daten nur dann erlaubt, wenn es eine rechtliche Grundlage gibt – und die fehlt in der Regel.
„Ohne ausdrückliche Einwilligung des Arbeitnehmers ist eine solche Kontaktaufnahme unzulässig“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Anna Möller, spezialisiert auf Arbeitsrecht. „Das verletzt das Persönlichkeitsrecht und kann ernste Folgen haben.“
Nur mit Zustimmung – und die muss freiwillig sein
Will ein Unternehmen auf Nummer sicher gehen, muss es sich die Zustimmung des Bewerbers holen – und zwar freiwillig, konkret und dokumentiert. Eine Klausel in der Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch reicht in vielen Fällen aus, wenn sie eindeutig formuliert ist. Doch auch dann ist Vorsicht geboten.
„Der Bewerber darf nicht das Gefühl haben, zustimmen zu müssen, um den Job zu bekommen“, so Möller weiter. Andernfalls könnte die Einwilligung unwirksam sein – und der Arbeitgeber riskiert ein datenschutzrechtliches Verfahren.
Zweifel am Arbeitszeugnis – ein Sonderfall
Was aber, wenn Zweifel an der Echtheit eines Arbeitszeugnisses bestehen? In solchen Fällen kann ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen, die Angaben zu überprüfen. „Doch auch hier gilt: Nur der notwendige Umfang ist erlaubt, und es muss verhältnismäßig sein“, betont die Juristin. Eine kurze Rückfrage, ob das Zeugnis tatsächlich von der Firma stammt, ist unter Umständen zulässig – aber nicht mehr.
Risiken für Arbeitgeber – Bußgelder und Imageschäden
Wer gegen die DSGVO verstößt, muss mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. Betroffene Mitarbeiter können Schadenersatz einklagen oder sich an die Datenschutzbehörde wenden. Zudem droht ein Imageschaden – gerade in sensiblen Branchen, in denen Vertraulichkeit großgeschrieben wird.
Empfehlung für die Praxis
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Arbeitgeber sollten ihre Personalabteilungen klar anweisen, ohne Einwilligung keine Kontakte aufzunehmen.
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Eine standardisierte Einwilligungserklärung kann helfen, rechtliche Risiken zu minimieren.
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Zweifel an Bewerbungsunterlagen sollten bevorzugt im Gespräch mit dem Bewerber selbst geklärt werden.
Diskretion ist Pflicht
Die Neugier des neuen Arbeitgebers auf den bisherigen beruflichen Werdegang mag menschlich sein – juristisch ist sie jedoch streng reguliert. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Bewerbers ist eine Kontaktaufnahme mit dem alten Arbeitgeber tabu. Wer sich daran hält, schützt nicht nur sich selbst, sondern wahrt auch das Vertrauen potenzieller neuer Mitarbeiter – ein nicht zu unterschätzender Faktor im „War for Talents“.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.
Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321