„In einem Jahr müssen Sie wieder ausziehen – ich oder meine Tochter braucht dann die Wohnung.“ So oder ähnlich begründen viele Vermieter, wenn sie ein Mietverhältnis befristet abschließen wollen. Doch darf der Vermieter das einfach so? Und was passiert, wenn der Eigenbedarf gar nicht konkret nachgewiesen wird? Das Landgericht Frankenthal hat hierzu eine wichtige Entscheidung getroffen (Urt. v. 26.01.2022 – 2 S 86/21), die Mieter kennen sollten.
Im konkreten Fall hatte ein Vermieter mit seinem Mieter einen befristeten Mietvertrag abgeschlossen. Als Grund wurde angegeben, dass der Vermieter oder dessen Familienangehörige die Wohnung nach Ablauf der Mietzeit selbst nutzen möchten. Mehr stand dazu nicht im Vertrag. Weder wurde konkret benannt, wer genau die Wohnung nutzen soll, noch wurden weitere Umstände erläutert.
Das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße und später das Landgericht Frankenthal hielten die Befristung für unwirksam. Die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts („Eigenbedarf durch Vermieter oder Familienangehörige“) reiche nicht aus, um einen sogenannten qualifizierten Zeitmietvertrag zu begründen. Entscheidend sei, dass ein konkreter Lebenssachverhalt beschrieben wird: Wer soll die Wohnung nutzen, in welcher Situation, aus welchem Anlass? Diese Angaben müssen dem Mieter klar machen, weshalb das Mietverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt enden soll. Nur so kann der Mieter abwägen, ob er sich auf diese Befristung einlassen will.
Im Gesetz ist das in § 575 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB geregelt: Danach darf ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit geschlossen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Zeit die Räume für sich, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts nutzen will. Die Begründung muss dem Mieter schriftlich mitgeteilt werden – und zwar konkret, nicht bloß formelhaft (§ 575 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB). Eine spätere Ergänzung oder Erklärung reicht meist nicht.
Das Gericht betonte, dass auch keine ergänzende Vertragsauslegung – also etwa ein stillschweigender Kündigungsverzicht – in Betracht komme. Denn ein beiderseitiger Wille, sich langfristig an das Mietverhältnis zu binden, sei nicht erkennbar gewesen. In solchen Fällen gilt der Vertrag rechtlich als unbefristet (§ 575 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das bedeutet: Beide Parteien können unter Einhaltung der gesetzlichen Frist ordentlich kündigen – auch vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zeit.
Im vorliegenden Fall hätte der Vermieter also deutlicher darlegen müssen, wer konkret (z. B. seine Tochter oder sein Bruder) die Wohnung beziehen soll und weshalb das gerade zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderlich ist. Zwar muss der Name der Person nicht zwingend genannt werden, aber sie muss so genau beschrieben sein, dass der Mieter nachvollziehen kann, ob es sich um eine zum Eigenbedarf berechtigte Person handelt. Dazu gehören z. B. Kinder, Eltern oder Ehepartner – nicht aber entfernte Verwandte oder Freunde.
Was können Mieter aus diesem Urteil lernen? Wichtig ist: Eine Befristung muss immer gut begründet sein. Wenn im Vertrag nur pauschal „Eigenbedarf“ steht, ohne konkrete Angaben, ist Vorsicht geboten. Solche Klauseln sind oft unwirksam – und das Mietverhältnis läuft dann automatisch unbefristet weiter. Mieter sollten den Vertrag vor Unterzeichnung genau prüfen (lassen) und bei Zweifeln rechtlichen Rat einholen.
In der Praxis hilft Mietern dieser Fall auch in anderer Hinsicht: Wenn sich Vermieter auf eine angebliche Befristung berufen, lohnt es sich oft, genau hinzuschauen. Wurde der Grund konkret benannt? Gibt es einen nachvollziehbaren Anlass für die Eigenbedarfslage? Wenn nicht, kann das Vertragsende angezweifelt werden.
Mieter müssen sich also nicht vorschnell unter Druck setzen lassen – weder beim Einzug noch bei drohendem Auszug. Wer frühzeitig Klarheit schafft und seine Rechte kennt, kann viel Ärger vermeiden.
Fazit: Eine wirksame Befristung wegen Eigenbedarfs setzt eine konkrete und nachvollziehbare Begründung im Mietvertrag voraus. Fehlt diese, gilt das Mietverhältnis als unbefristet – mit allen Rechten und Schutzmechanismen für den Mieter. Mieter sollten Zeitverträge stets kritisch prüfen und sich bei Unsicherheiten beraten lassen, um sich vor überraschenden Kündigungen zu schützen.