Das Urteil des OLG Oldenburg vom 20.12.2023 (Az. 3 U 8/23) und der Beschluss des OLG München vom 05.04.2022 (Az. 33 U 1473/21) zeigen, wie entscheidend präzise Formulierungen in Testamenten sind und welche immensen Folgen unklare Formulierungen bei der Auseinandersetzung des Nachlasses haben können.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Bargeld“? Handelt es sich hierbei nur um Münzen und Geldscheine? Ist hiervon auch das Guthaben auf Girokonten umfasst, welches sofort per EC-Karte aus einem Geldautomaten in Geldscheinen, also „in bar“ abgehoben werden kann? Oder beinhaltet der Begriff „Bargeld“ sogar das gesamte Kapitalvermögen, mithin auch Wertpapiere und Aktien, die “von barem Geld“ gekauft wurden?
Genau mit dieser Fragestellung befassten sich die beiden Oberlandesgerichte Oldenburg und München. Die Formulierung „Bargeld“ ist missverständlich und es bedarf daher der Auslegung, was wohl vom Erblasser gemeint gewesen sein könnte. Was war der konkrete, individuelle Wille des Erblassers. Das Problem ist: Der Erblasser kann nicht mehr gefragt werden. Und was er wohl gemeint haben könnte, das sehen die unterschiedlichen Beteiligten (die Erben und Vermächtnisnehmer) üblicherweise unterschiedlich. Und darüber kommt es dann erfahrungsgemäß sehr häufig zum Streit.
„Zwei Juristen, drei Meinungen…“ sagt der Volksmund. Und da ist schon was Wahres dran.
Das OLG Oldenburg kam im konkreten Fall zu dem Schluss, dass unter dem Begriff „Bargeld“ im Testament sowohl das physisch vorhandene Geld in Form von Münzen und Geldscheinen, aber auch das sofort verfügbare Geld auf Bankkonten zu verstehen ist. Begründet wurde dies damit, dass in der heutigen Zeit vermehrt mit EC-Karten und weniger mit Geldscheinen und Münzen gezahlt werde, wie dies früher noch der Fall war. Der Begriff „bar“ habe sich gewandelt. (Unsere Anmerkung:Hat sich der Begriff „bar“ auch für jeden Erblasser ungeachtet seines Alters und seiner Lebensgewohnheiten gewandelt? Wie verstehen Sie oder Ihre Eltern den Begriff „Bargeld“ oder „liquide Mittel?“)
Nach anderer Ansicht des OLG München umfasst der Begriff des „Bargelds“ auch in der heutigen Zeit lediglich physisch vorhandenes Geld in Form von Münzen und Geldscheinen. Guthaben auf Girokonten seien demnach nicht unter den Begriff des „Bargelds“ zu fassen. Argumentiert wurde dies damit, dass der Bevölkerung die Unterscheidung zwischen Bargeld und Buchgeld geläufig sei und demnach das Guthaben auf Girokonten nicht unter den Begriff des „Bargelds“ falle.
Wie Sie sehen, ist die Definition des Begriffs „Bargelds“ absolut nicht eindeutig, wie sie vielen Menschen zunächst scheint. Auch unsere Mandanten haben hierzu aber auch zu einer Unzahl anderer Begriffe ein komplett unterschiedliches Verständnis.
Das Erfordernis einer präzisen Formulierung betrifft daher eine Vielzahl von Begrifflichkeiten und Regelungen in Ihrem Testament, um ungewünschte Folgen und Streit unter den Erben zu vermeiden.
Die tägliche Beratungspraxis zeigt uns, dass gerade juristische Laien in diesem hochkomplexen Rechtsgebiet bei der Formulierung ihres Testamentes unbewusst entscheidende Fehler machen und damit ungewollt Angriffspunkte schaffen. Seit vielen Jahren legen uns Mandanten die von Ihnen selbst oder von den Eltern selbst formulierten Testamente vor und sind sich zunächst ganz sicher, dass die gewählten Regelungen klar und eindeutig sind. Die meisten juristischen Laien bemerken es gar nicht, dass Regelungen, die für sie selbst eindeutig erscheinen, nach anderem Verständnis keineswegs eindeutig sind. Das bringen unsere Nachfragen innerhalb kürzester Zeit zu Tage und dann kann man nur hoffen, dass es noch nicht zu spät ist und dass die Testamente noch rechtzeitig geändert werden können.
Um solche Situationen zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen dringend sich hierzu in jedem Fall anwaltlichen Rat einzuholen. Die Weichen werden bei der Testamentsgestaltung gestellt, nicht erst im Erbfall! Häufig genügt ein einstündiges Beratungsgespräch, um die Probleme zu erkennen und um Lösungen aufzuzeigen.
Gerne beraten wir Sie kompetent und individuell. Zur Vereinbarung eines Termins rufen Sie uns an oder schreiben uns eine E-Mail unter kanzlei@braun-kollegen.de
Und nutzen Sie die Möglichkeit sich im Detail zu informieren, indem Sie an einem unserer kostenlosen Vorträge teilnehmen. Die Termine finden Sie auf unserer Website unter folgendem Link: https://www.braun-kollegen.de/webinare/