Ausschlagung Erbschaft aufgrund Vermutungen berechtigt nicht zur Irrtumsanfechtung – OLG Düsseldorf 31/1/2011 – I 3 Wx 21/11
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Das OLG Düsseldorf entschied am 31. Januar 2011 im Fall I-3 Wx 21/11, dass ein Erbe, der auf Grundlage ungenauer Informationen die Erbschaft ausschlägt, weil er fälschlicherweise annimmt, der Nachlass sei überschuldet, diese Ausschlagungserklärung nicht wegen Irrtums anfechten kann, wenn sich später die Werthaltigkeit des Nachlasses herausstellt.
Tenor:
Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 75.663 Euro.
I. Sachverhalt
Der Vater der Beteiligten zu 3 verstarb am 23. Juli 1969 und hinterließ mit der Erblasserin einen Erbvertrag vom 30. Dezember 1957, der die Ehegatten zu gegenseitigen Alleinerben bestimmte und die Beteiligte zu 3 als Erbin des Überlebenden einsetzte.
Die Erblasserin hinterließ ein privatschriftliches Testament, wonach sie die Beteiligte zu 4 zu 1/2 und die Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/4 beerben sollten.
Am 17. Juni 2008 schlugen die Beteiligte zu 3 und ihre beiden Kinder die Erbschaft nach der Erblasserin aus, da sie den Nachlass für überschuldet hielten.
Später, am 25. Juni 2009, focht die Beteiligte zu 3 ihre Ausschlagung an, nachdem sie eine Gerichtskostenrechnung über einen Nachlasswert von 75.663 Euro erhalten hatte und nun von einem Irrtum hinsichtlich der Überschuldung des Nachlasses ausging.
Das Nachlassgericht wies den Antrag der Beteiligten zu 3 auf Erteilung eines Erbscheins zurück und erklärte, die Ausschlagung sei wirksam und die Anfechtung nicht gerechtfertigt.
II. Rechtliche Würdigung
Das OLG Düsseldorf bestätigt die Entscheidung des Nachlassgerichts.
Die wesentlichen Gründe umfassen:
Ausschlagung der Erbschaft
Die Ausschlagung der Erbschaft durch die Beteiligte zu 3 am 17. Juni 2008 war wirksam.
Die Beteiligte begründete ihre Ausschlagung mit der Befürchtung, der Nachlass sei überschuldet, gestützt auf zeitlich entfernte
und ungenaue Informationen über den Gesundheitszustand und die finanzielle Lage ihres Vaters und ihrer Stiefmutter.
Anfechtung der Ausschlagung
Die Anfechtung der Ausschlagungserklärung gemäß §§ 1954, 1955, 1945 BGB war form- und fristgerecht, jedoch nicht aufgrund eines zur Anfechtung berechtigenden Irrtums im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
Ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses kann die Anfechtung nur dann rechtfertigen, wenn er auf falschen Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses beruht.
Die Beteiligte zu 3 leitete ihre Befürchtung der Überschuldung aus unspezifischen und nicht überprüften Informationen ab, was einen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum ausschließt.
Fehlen objektiv erheblicher Fehlvorstellungen
Die Beteiligte zu 3 hat ihre Entscheidung zur Ausschlagung der Erbschaft auf spekulativen Annahmen getroffen und nicht auf der Grundlage konkreter, überprüfter Tatsachen.
Ihr Argument, sie habe befürchtet, der Nachlass sei überschuldet, reicht nicht aus, um einen Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB zu begründen.
Feststellungslast
Die Beteiligte zu 3 trägt die Feststellungslast für den behaupteten Irrtum.
Da sie ihre Entscheidung auf spekulative Annahmen gestützt hat und keine objektiven Fakten überprüfte, konnte der Senat keinen erheblichen Irrtum feststellen, der eine Anfechtung rechtfertigen würde.
III. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung basiert auf § 84 FamFG.
Die Beteiligte zu 3 trägt die Kosten des Verfahrens, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte.
Zusammenfassung:
Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde der Beteiligten zu 3 zurück, da ihre Ausschlagungserklärung nicht wegen Irrtums anfechtbar war.
Sie hatte die Erbschaft auf Grundlage ungenauer und nicht überprüfter Informationen ausgeschlagen und konnte später keine objektiv erheblichen Fehlvorstellungen nachweisen, die eine Anfechtung rechtfertigen würden.
Ausschlagung Erbschaft wg. Vermutungen berechtigt nicht zur Irrtumsanfechtung –OLG Düsseldorf 31/1/2011 – I 3 Wx 21/11