Vorbemerkung
Das Betriebsrentengesetz enthält für Arbeitgeber keine allgemeinen Hinweis- oder Informationspflichten zur betrieblichen Altersvorsorge gegenüber ihren Arbeitnehmern, wie das Bundesarbeitsgericht klargestellt hat (zuletzt BAG, Urteil vom 18.02.2020 – 3 AZR 206/18). Es ergeben sich allerdings aus anderen Rechtsvorschriften Auskunfts- und Informationspflichten, zum Teil allerdings nur auf Nachfrage der Begünstigten.
1 Pflicht zur (ungefragten) Information über die betriebliche Altersversorgung des Unternehmens
Aus dem Nachweisgesetz ergibt sich eine gesetzliche Verpflichtung für alle Arbeitgeber in Deutschland, den Arbeitnehmern die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und bei Beginn eines Arbeitsverhältnisses den unterzeichneten Nachweis auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG). Hierzu gehört „die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich … anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts“ (§ 2 Abs. 1 S. 7 Nr. 7 NachwG), worunter nach allgemeiner Auffassung auch die Versorgungsregelungen des Arbeitgebers fallen. Wird die Altersversorgungüber eine Unterstützungskasse durchgeführt, so ist der ArbG verpflichtet, den Namen und die Anschrift dieses Versorgungsträgers anzugeben; bei der Durchführung mittels eines Versicherers, einer Pensionskasse oder eines Pensionsfonds besteht keine Nachweispflicht, da hier diese Versorgungsträger zur Information verpflichtet sind (vgl. § 2 Abs. 1 S. 7 Nr. 13 NachwG).
Der Nachweis hat in Schriftform zu erfolgen. Eine elektronische Bereitstellung oder eine Bereitstellung in Textform reicht nicht aus.
Eine Informationspflicht besteht auch zu für das Unternehmen geltenden Versorgungswerken der Unternehmensgruppe oder Branche.
Zu den Vertragsbedingungen, zu denen eine schriftliche Information ausgehändigt werden muss, gehört neben einer arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung auch unternehmensspezifische Regelungen zur Entgeltumwandlung (anders, m.E. abwegig das BMAS in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2022). Sofern Arbeitnehmer nur den gesetzlichen Anspruch haben und es keine unternehmensspezifische Regelung (Auswahl von Versicherern, Regelungen zum Zuschuss etc.) gibt, muss keine Information gegeben werden. Die gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung enthalten keine Hinweispflichten des Arbeitgebers (vgl. § 1a BetrAVG; so auch BAG, Urteil vom 21.01.2014 – 3 AZR 807/11). Über gesetzliche Rechte müssen sich Arbeitnehmer selbst informieren.
Ergeben sich Versorgungsrechte aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen, reicht es, wenn der Arbeitgeber auf diese verweist (§ 2 Abs. 4 S. 1 NachwG).
Nicht klar gesetzlich geregelt ist, welchen Detaillierungsgrad die Information zur betrieblichen Altersversorgung haben muss. Bei einer reinen Leistungszusage reicht die Angabe der erreichbaren Leistung. Bei einer beitragsorientierten Leistungszusage dürften Arbeitnehmer nur dann ausreichend informiert sein, wenn ihnen neben der Höhe und Fälligkeit der Versorgungsbeiträge auch die Höhe (und ggf. Berechnungsweise) der Versorgungsleistungen mitgeteilt wird.
Da nach § 1 Abs. 1 Satz 7 Nr. 7 NachwG ein Nachweis über „die Art der Auszahlung“ gefordert ist, sind bei der betrieblichen Altersversorgung m.E. auch die für die Versorgungsleistungen bestehenden Auszahlungsmodalitäten (lebenslange Rente, Raten oder Einmalbetrag) im Nachweis mitzuteilen.
2 Verpflichtung zur Information über die Aufrechterhaltung von Versorgungsanwartschaften beim vorzeitigen Ausscheiden
2.1 Während des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer – ohne oder mit anstehendem Ausscheiden – ohne besonderen Anlass jederzeit Auskunft verlangen,
- ob und wie eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben wird,
- wie hoch der Anspruch auf betriebliche Altersversorgung aus der bisher erworbenen Anwartschaft ist und bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze voraussichtlich sein wird,
- wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft auswirkt und
- wie sich die Anwartschaft nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entwickeln wird.
Die entsprechenden Auskünfte sind nur dann geschuldet, wenn sie beim Arbeitgeber bzw. hilfsweise einem von diesem beauftragten externen Versorgungsträger explizit angefordert wurden, um über das Versorgungsrechte voll informiert zu sein. Versorgungsträger im Sinne des Betriebsrentengesetzes sind die in § 1b Abs. 1 bis 4 BetrAVG genannten Versorgungsträger, nicht dagegen externe Stellen (Versicherer bei einer Rückdeckungsversicherung / Treuhand bzw. CTA), derer sich ein Arbeitgeber oder eine Unterstützungskasse zur Rückdeckung der eigenen Versorgungsverpflichtung bedient.
2.2 Im Fall des Ausscheidens gilt gleiches. Erstaunlicherweise enthält das Betriebsrentengesetz nämlich keine Verpflichtung des Arbeitgebers, ausscheidenden Arbeitnehmern unaufgefordert über etwaige Anwartschaften/Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu informieren. Nach § 4a Abs. 3 BetrAVG muss der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger hat dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer bzw. dessen Hinterbliebenen „auf dessen Verlangen“ mitteilen,
- wie hoch die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung ist und
- wie sich die Anwartschaft künftig entwickeln wird.
Steht die Übertragung der Altersversorgung auf einen neuen Arbeitgeber in Frage (Achtung: Zustimmung des alten und neuen Arbeitgebers erforderlich), so kann der frühere Mitarbeiter auch Auskunft beim alten Arbeitgeber zum Übertragungswert seiner unverfallbaren Anwartschaft verlangen und beim neuen Arbeitgeber, in welcher Höhe aus dem Übertragungswert bei ihm eine neue Anwartschaft entstehen würde (§ 4a Abs. 2 BetrAVG).
2.3 Die Auskünfte müssen nach § 4a Abs. 4 BetrAVG verständlich sein und mindestens in Textform (E-Mail reicht damit) sowie in angemessener Frist erfolgen. Welche Frist „angemessen“ ist, sagt das Gesetz nicht. Eine „angemessene Frist“ dürfte sich nach dem Aufwand richten, der zur Ermittlung und Bereitstellung der Information erforderlich ist. Aus meiner Sicht sollten im Regelfall diese Informationen innerhalb von 4 Wochen lieferbar sein.
3 Verpflichtung zur Information über Höhe und Berechnungsweise fälliger Versorgungsbezüge
Soweit ein Arbeitgeber gegenüber früheren Arbeitnehmern Versorgungsleistungen erbringt, ist er – neben der fristgerechten Zahlung – zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung in Textform verpflichtet (§ 108 GewO analog iVm § 1 EBV). Der Rentner muss daraus ersehen können, wie sich aus dem zugrunde gelegten Bruttobetrag der zur Auszahlung gelangte Nettobetrag ergibt und ob bzw. in welcher Höhe vom Arbeitgeber Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden.
4 Auskunftspflichten im Scheidungsverfahren
Im Scheidungsverfahren ist der Versorgungsträger (bei Direktzusagen der Arbeitgeber) Merkblatt zum Auskunftsersuchen an den Arbeitgeber verpflichtet, dem Gericht den Wert des Ehezeitanteils und einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswertes einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung sowie die für die Teilung maßgeblichen Regelungen mitzuteilen (§ 220 Abs. 4 FamFG).
Wegen Einzelheiten wird auf das im Justizportal des Bundes und der Länder abrufbaren „Merkblatt zum Auskunftsersuchen an den Arbeitgeber über Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung“ verwiesen.
5 Folgen fehlender, unvollständiger oder falscher Auskünfte
Fehlende Auskünfte bzw. Informationen können vom Arbeitnehmer bzw. Versorgungsberechtigten eingeklagt werden.
Ein Verstoß gegen die Nachweispflicht gemäß NachwG führt nach § 4 Abs. 2 NachwG zu einem Bußgeld von fünf bis zu zweitausend Euro. Für Mitarbeiter, denen gegenüber nicht der geforderte Nachweis zu ihrer betrieblichen Altersversorgung und deren wesentlichen Bestimmungen geführt wurde, kann sich im Einzelfall auch ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1 und 2 i. V. m. 286 BGB ergeben (vgl. BAG, Urteil vom 22.09.2022 – 8 AZR 4/21). Neben einer Verletzung der Nachweispflicht gem. § 2 Abs. 1 NachwG muss hierfür allerdings ein adäquat-kausaler Schaden nachwiesen werden.
Auskünfte nach § 4a BetrAVG bzw. Informationen müssen vollständig und richtig sein. Ist das nicht der Fall oder erfolgt keine geschuldete Auskunft, so kann sich auch daraus ein Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber bzw. Versorgungsträger wegen schuldhafter (Fahrlässigkeit reicht) Verletzung einer schuldrechtlichen Nebenpflicht ergeben. Als adäquat-kausaler Schaden aus einer solchen Pflichtverletzung kommen insbesondere Anwalts- und Gerichtskosten für die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs in Betracht.
Bei falschen, für den Versorgungsberechtigten vorteilhaften Auskünften ist es dagegen in aller Regel nicht möglich auf Erfüllung zu klagen. Auskünfte zur betrieblichen Altersversorgung sind nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Zweifel nur Wissens- und nicht Willenserklärungen (BAG, Urteil vom 404.08.2015 – 3 AZR 137/13).