Trotz Gaslieferstopp und Energiekrise setzte der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck den Atomausstieg durch – unterstützt von seinem Büroleiter Sygusch. Der bekommt einen neuen Job unter Katherina Reiche – in einer besonderen Abteilung.
Das Bundeswirtschaftsministerium von Katherina Reiche (CDU) hat eine überraschende Personalentscheidung für das neu geschaffene Referat „Kerntechnologien“ getroffen. Referatsleiter wird Micha Sygusch, der frühere Büroleiter des damaligen Wirtschaftsministers Robert Habeck. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums bestätigte WELT AM SONNTAG die Personalie.
Warum Sygusch den Leitungsposten im neuen Referat bekommen hat, wollte das Ministerium nicht beantworten. „Zu internen Personalfragen äußern wir uns grundsätzlich nicht“, teilte die Sprecherin mit. „Herr Sygusch steht derzeit nicht für ein Interview zur Verfügung.“ Auch Fragen zum Ablauf des Auswahlprozesses und ob Ministerin Reiche persönlich daran beteiligt war, beantwortet die Sprecherin nicht.
Andreas Lenz (CSU), wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, kommentiert die Entscheidung gegenüber WELT AM SONNTAG zurückhaltend: „Die Personalie wirkt zunächst überraschend“, sagte er. „Aber ich halte es trotzdem für glaubhaft, dass sich das Wirtschaftsministerium und Ministerin Katherina Reiche für neue Entwicklungen im Bereich der Kerntechnologie öffnen wollen.“
Sygusch ist laut seines LinkedIn-Profils Jurist und bereits seit 2012 im Wirtschaftsministerium tätig. In seinem Profil beim Kurznachrichtendienst X gibt er an, bei den Grünen zu sein. Habeck setzte in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister trotz der Energiekrise durch den Gas-Lieferstopp Russlands den Atomausstieg durch und verlängerte die Laufzeiten der letzten drei Atomkraftwerke nur einmalig um wenige Monate.
Sygusch verbreitete während der Energiekrise 2022 den Beitrag eines anderen X-Nutzers weiter, in dem ein Video von Habeck zu sehen war, in dem er begründete, warum er längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke ablehnt.
„Verlängerung der #Atomkraft? Dazu 5 Min. Fakten und Hintergründe von Robert #Habeck. Antwort: Nein“, schrieb der Nutzer in dem Beitrag, den Sygusch repostete.
Nach Veröffentlichung dieses Berichts in WELT AM SONNTAG bat das Wirtschaftsministerium um eine „Ergänzung“ seiner früheren Antwort auf Fragen zu dem Vorgang. „Im Zuge der Umorganisation des Referats Kerntechnologien ist noch keine endgültige Besetzung des Referates erfolgt“, sagte die Sprecherin nun am Samstagvormittag. „Die Geschäfte werden derzeit vorübergehend wahrgenommen, da die Bearbeitung von Fachfragen keinen Aufschub duldet. Die übliche Ausschreibung des Referats ist zeitnah geplant.“ Von einer Interimslösung war zuvor keine Rede gewesen.
Philipp Vetter ist Teamleiter im Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“.
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