Neumünster. Der 14. Mai 2024 war ein schwarzer Tag für die Beschäftigten des Bahnwerks in Neumünster, auch für die gesamte Eisenbahnerstadt. Die Deutsche Bahn teilte mit, dass sie das Instandhaltungswerk nun doch nicht für 320 Millionen Euro ausbauen wolle. Seitdem geht unter den rund 600 Eisenbahnern im Werk die Angst um.
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Der nächste Schlag kam Ende 2024, als die Bahn die Reparatur und Wartung ihrer Reisezugwagen aus Neumünster abzog und in ein anderes der 15 Werke der DB Fahrzeuginstandhaltung verlegte. Seitdem geht den Beschäftigten nach und nach die Arbeit aus.
Der Betriebsrat macht sich Sorgen um das Werk Neumünster. „Wir haben Angst, dass wir beim Sanierungskurs der Deutschen Bahn hinten runterfallen“, sagt Uwe Lindholz, stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats in Neumünster.
Das Werk der Deutschen Bahn an der Kieler Straße in Neumünster.
Quelle: Thorsten Geil
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In Neumünster befindet sich das einzige Instandhaltungswerk der Bahn in Schleswig-Holstein (neben einem kleineren Betriebswerk in Husum). 2023 hatte die Bahn dort noch Freude ausgelöst: Sie kündigte an, das Werk in Neumünster auszubauen und dafür rund 320 Millionen Euro investieren zu wollen.
Der Ausbau des früheren „Ausbesserungswerks“ sei erforderlich, um künftig auch die neuen Züge vom Typ ICE L dort warten und reparieren zu können, hieß es damals. Dafür hatte Neumünster eine Bahn-interne Ausschreibung gewonnen.
Ein Jahr später jedoch hatte sich das alles erledigt. „Die DB wird das Werk Neumünster nicht mehr wie ursprünglich angekündigt ausbauen“, teilte die Bahn im Mai 2024 mit. Das sei das Ergebnis einer bundesweiten Überprüfung der Auslastung und geplanten Investitionen in die Werke für die schwere Fahrzeuginstandhaltung. Der Auftrag für den ICE L ging nach Cottbus.
Derzeit kümmert sich das bereits 1861 gegründete Werk Neumünster unter anderem um Reparatur und Wartung der bekannten Doppelstockzüge (die etwa zwischen Kiel und Hamburg fahren), mehrere Triebwagen und noch um die ICE-Wagen der ersten Klasse. „Dieser ICE-Auftrag läuft aber auch bald aus“, sagt Betriebsrat Lindholz. „Die Lokomotiven werden schon in Dessau gewartet, die Wagen der zweiten Klasse in Nürnberg.“
Das Werk Neumünster ist auch für Komponenten wie Kaffeeautomaten der Bord-Bistros und Vakuum-Toiletten zuständig. In diesem Segment sieht Lindholz Potenzial. „Warum sollen wir uns als Dienstleister nicht auch um diese Geräte von externen Kunden kümmern?“, fragt der Betriebsrat. „Jede Tankstelle und jeder Supermarkt hat heute solche Kaffeeautomaten.“
Beschäftigte der Deutschen Bahn aus Neumünster fahren zur Demo nach Berlin
Lindholz mobilisiert das Kollegium gerade für eine Fahrt nach Berlin. Am 27. Mai soll dort in der DB-Zentrale die Entscheidung über den künftigen Sanierungskurs fallen. Vor dem Bahn-Tower wollen Beschäftigte aus ganz Deutschland demonstrieren. Lindholz: „Dort wollen wir auch Flagge für die Arbeitsplätze in Neumünster zeigen. Leider spricht der Arbeitgeber nicht mit uns darüber, welche Zukunft unser Werk hat.“ Es gebe nur eine Bestandsgarantie bis zum Jahr 2030.
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Die alten Hasen bei der Bahn sagen Lindholz immer, sie hätten schon viele Abgesänge auf das Werk gehört. Es sei doch noch immer gutgegangen. „Ja, das stimmt“, sagt er. „Aber ich glaube, so ernst wie jetzt war es noch nie.“
Die Deutsche Bahn ließ am Freitag eine Anfrage der Kieler Nachrichten nach dem Stand der Planung unbeantwortet.
Um eine spezielle Personengruppe macht sich Lindholz besondere Sorgen, wenn das Werk Neumünster deutlich verkleinert oder gar zugemacht werden sollte: Bahn und Betriebsrat fahren dort seit mehr als 20 Jahren eine vorbildliche Beschäftigungspolitik für Menschen mit Behinderungen. Dafür wird das Werk Ende Mai in Kiel mit einem Inklusionspreis ausgezeichnet.
„Wir haben hier mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen mit Einschränkungen, um die wir uns als großes Team kümmern, zum Teil mit sehr großem persönlichen Engagement“, sagt Lindholz. „Ich fürchte, dass viele von ihnen auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum eine Chance haben werden.“
KN
