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Trump steigt mit seiner Firma ins Kernenergiegeschäft ein. Das steigert sein Vermögen um 500 Millionen Dollar – und lässt die Grenzen zwischen Amt und persönlichen Interessen weiter verschwimmen.
Kritikerinnen und Kritiker werfen Donald Trump häufig vor, er vermische seine finanziellen Interessen als Geschäftsmann mit seinen Aufgaben als US-Präsident. Sie dürften sich durch das neueste Geschäft des selbst ernannten „Deal-Makers“ nun bestärkt sehen.
Kernenergie für die Künstliche Intelligenz
Denn die Trump Media and Technology Group (TMTG) hat am Donnerstag eine mehr als sechs Milliarden Dollar schwere Fusion mit dem Energieunternehmen TAE Technologies angekündigt – eines von weltweit mehreren Dutzend Unternehmen, welche die Technologie der Kernfusion zur Stromproduktion nutzen wollen.
Das 1998 gegründete Unternehmen ist laut Wall Street Journal eines der ältesten privaten Unternehmen der Welt, das sich auf Kernfusion spezialisiert hat. TAE wird von Google und dem Energiekonzern Chevron unterstützt und hat über 1,3 Milliarden Dollar an privatem Kapital eingesammelt, unter anderem von Goldman Sachs.
TMTG und TAE haben ehrgeizige Pläne, wollen sie doch bereits im kommenden Jahr mit dem Bau des „weltweit ersten Kernfusionskraftwerks im industriellen Maßstab“ beginnen. TMTG-Chef Devin Nunes verspricht sich davon, die Strompreise in den USA senken und den Energiebedarf von Künstlicher Intelligenz (KI) besser abdecken zu können.
Kernspaltung oder Kernfusion?
Kernspaltung und Kernfusion sind zwei unterschiedliche Wege, aus Atomkernen Energie zu gewinnen: Bei der Kernspaltung werden schwere Atomkerne, etwa Uran, gespalten und setzen Energie frei. Diese Technik wird heute in Kernkraftwerken genutzt, erzeugt aber langlebigen radioaktiven Abfall.
Bei der Kernfusion verschmelzen leichte Atomkerne, zum Beispiel Wasserstoff, miteinander. Dieser Prozess liefert noch mehr Energie, produziert deutlich weniger langlebigen radioaktiven Abfall und gilt als sehr sicher. Die Technologie ist bislang aber noch nicht marktreif.
Massive Kursreaktion der Trump-Aktie
An der US-Technologiebörse Nasdaq machte die TMTG-Aktie daraufhin einen gewaltigen Satz nach oben – am Ende stand ein Plus von 42 Prozent auf 14,86 Dollar. Das Nettovermögen von Donald Trump erhöhte sich damit laut Forbes auf einen Schlag um mehr als 500 Millionen Dollar – er ist nun 6,8 Milliarden Dollar reich.
Heute könnten noch ein paar Millionen hinzukommen, denn im vorbörslichen US-Handel geht für die TMTG-Aktie weiter nach oben. In den Wochen zuvor waren die Titel unter Druck geraten, seit Oktober hatten sie mehr als 40 Prozent eingebüßt.
Wer hat die Kontrolle über Trump Media?
Trump hatte TMTG im Februar 2021 gegründet, nachdem er bei Twitter infolge des Sturms seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 gesperrt worden war. Kernprojekt von TMTG war bislang die Social-Media-App „Truth Social“, das Online-Verlautbarungsorgan des US-Präsidenten Trump.
Nach der erneuten Wahl ins Weiße Haus hat Trump – anders als seine Vorgänger – seine Vermögenswerte nicht in einen unabhängigen Treuhandfonds, einen „Blind Trust“, übertragen. Stattdessen verwaltet sein Sohn Donald Trump Jr. das Vermögen des Vaters. Allerdings bleibt Donald Trump der alleinige Geber und Begünstigte – und kann weiterhin Einkünfte aus seinen Unternehmen erzielen. Eine scharfe Trennlinie zwischen privaten Geschäften und öffentlichem Amt sieht anders aus.
Was ist ein Blind Trust?
Ein „Qualified Blind Trust“, wie ihn der „Ethics in Government Act“ von 1978 verlangt, ist eine Treuhandgesellschaft, bei der der Eigentümer („Trustor“) keine Kontrolle, kein Wissen und keinen Einfluss auf die Verwaltung und Auswahl der einzelnen Vermögenswerte hat. Er erhält lediglich quartalsweise einen Bericht über Wertänderungen, ohne Details zu Transaktionen oder Beteiligungen zu erfahren.
So hat etwa Jimmy Carter seine Erdnussfarm an einen „Blind Trust“ übertragen. Auch Lyndon B. Johnson, Ronald Reagan, Bill Clinton, George Bush und sein Sohn George W. Bush nutzten Blind Trusts während ihrer Präsidentschaft.
Trump setzt sich für KI ein
Und auch bei diesem Deal mit TAE könnten sich die finanziellen Interessen des Geschäftsmannes Trump mit seinem Amt als US-Präsident vermischen. Denn Trump setzt als US-Präsident massiv auf Künstliche Intelligenz – und treibt damit perspektivisch auch den Energieverbrauch im eigenen Land in die Höhe.
Erst im November rief der Republikaner die KI-Initiative „Genesis Mission“ ins Leben. Am Donnerstag teilte die US-Regierung nun mit, sich dafür die Unterstützung von Technologiekonzernen wie Microsoft, Google und Nvidia gesichert zu haben.
Wie sich Trump angreifbar macht
Ziel von „Genesis Mission“ ist es, mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) die wissenschaftliche Forschung zu beschleunigen – und die Energieversorgung sowie die nationale Sicherheit der USA zu stärken. Trump hat den Sieg im KI-Wettrennen gegen China zu einer Priorität erklärt.
Missbraucht Trump also sein Amt in beispielloser Weise, um sich persönlich zu bereichern, wie es ihm Kritiker vorwerfen? Mit seinem jüngsten Kernenergie-Deal, seiner KI-Initiative „Genesis Mission“ und dem gleichzeitigen Verzicht auf einen „Blind Trust“ macht sich Trump in jedem Fall angreifbar.

