Sie dachten, bei einem Unternehmenskauf oder Unternehmensverkauf geht’s nur um Zahlen, Bilanzen und vielleicht noch den Fuhrpark?
Weit gefehlt.
Spätestens wenn die Frage aufkommt, ob Frau Müller ihre 3-Tage-Woche bei Vollzeitbezahlung behalten kann, während Herr Schmitt mit unbegrenztem Erholungsurlaub z.B. den Jakobsweg zur inneren Erleuchtung pilgert – wissen Sie: Im arbeitsrechtlichen Teil könnte sich der wahre Preis des Deals verstecken.
Arbeitsrecht als Deal-Komponente
Bei Unternehmenskäufen oder der Veräußerung von Unternehmensteilen spielt das Arbeitsrecht eine tragende Rolle. In allen Phasen eines M&A-Prozesses stellen sich unterschiedliche arbeitsrechtliche Fragen, deren frühzeitige Klärung maßgeblich zum Erfolg der Transaktion beitragen kann. Die arbeitsrechtliche Due Diligence hat sich dabei als unverzichtbares Werkzeug etabliert.
Arbeitsrecht als Dealbreaker? Unterschätzt und nicht selten entscheidend.
Bei M&A-Transaktionen wird oft über steuerliche Vorteile und strategische Synergien gesprochen, aber mitunter (zu) selten über die rechtlichen Folgen für die Belegschaft.
Dabei können fehlerhafte Analysen hier richtig teuer werden. Die arbeitsrechtliche Due Diligence liefert die Fakten, bevor aus einem smarten Deal ein arbeitsrechtliches Minenfeld wird. Ziel dieser Prüfung ist es, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit dem Target – also dem zu übernehmenden Unternehmen oder Unternehmensteil – frühzeitig zu identifizieren.
Diese Informationen sind nicht nur für die Entscheidung über die Transaktion relevant, sondern auch für die Vertragsgestaltung und Integration nach dem Closing.
Als Verkäufer besser vorab selbst aktiv werden
Nicht nur Käufer, auch Verkäufer tun gut daran, ihre arbeitsrechtliche Lage vorab zu durchleuchten. Der „Vendor Due Diligence“-Bericht schafft Transparenz und erspart unangenehme Überraschungen – zum Beispiel, dass ein Bonusprogramm aus dem Jahr 2004 noch aktiv ist (Spoiler: Das ist häufiger der Fall, als man denkt).
Virtueller Datenraum und Q&A-Prozesse
Potenzielle Käufer informieren sich im Rahmen der Due Diligence häufig über einen sog. virtuellen Datenraum. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind dort unter anderem folgende Informationen von Bedeutung, deren Bewertung später in den Due Diligence Report einfließen:
- Liste von Mitarbeitern nach Unternehmen mit individuellen Angaben (u.a. zur Vergütung oder zu besonderem Kündigungsschutz)
- Muster-Arbeitsverträge und Arbeitsverträge von Mitarbeitern mit besonders hohem Einkommen
- Angaben zum Einsatz von Freelancern und Leiharbeitnehmern
- Beschreibung von Vergütungsbestandteilen und Vergütungssystemen
- Angaben zu Interessenvertretungen (Betriebsräte, Wirtschaftsausschuss, Gewerkschaften)
- Anwendbare Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen (insbes. Interessenausgleiche und Sozialpläne)
- Informationen über arbeitsrechtliche Streitigkeiten
- Angaben zu betrieblicher Altersversorgung (z. B. Durchführungswege, Versorgungsordnungen, aktuarische Gutachten)
Ein sorgfältiger Blick lohnt sich und erspart im Zweifel (sehr) viele graue Haare.
Vertiefende Fragen im Rahmen eines strukturierten Q&A-Prozesses ergänzen diese Datenbasis und ermöglichen eine fundierte Risikoanalyse.
Fazit: Der unterschätzte Schlüssel zum M&A-Erfolg
Die arbeitsrechtliche Due Diligence ist ein unverzichtbares Instrument, um unerwünschte Überraschungen zu vermeiden und rechtzeitig auf potenzielle Risiken hinzuweisen. Oft wird sie als weniger spektakulär angesehen als die finanziellen und strategischen Aspekte eines Deals, doch die arbeitsrechtliche Due Diligence ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die den Erfolg und die Integrität der Transaktion langfristig sichert.
Die richtigen Informationen zur Belegschaft, zu bestehenden Arbeitsverträgen und möglichen Verpflichtungen sind entscheidend, um teure Rechtsstreitigkeiten oder unerwartete Haftungen nach dem Closing zu vermeiden. Eine frühzeitige arbeitsrechtliche Prüfung ist daher nicht nur eine Absicherung, sondern auch eine strategische Entscheidung, die den Wert des Deals erheblich steigern kann.
Daher sollten sich sowohl Käufer als auch Verkäufer von Arbeitsrechtlern beraten lassen, die nicht nur die rechtlichen Aspekte verstehen, sondern auch wissen, wie man rechtssicher und pragmatisch zwischen Paragrafen, Betriebsräten und dem Closing-Date navigiert.
Wer sich frühzeitig um diese Themen kümmert, geht nicht nur auf Nummer sicher, sondern ist gestärkt für den weiteren Verlauf der Transaktion.